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Ausgangsstoffgesetz

Gesetz zur Durchführung der EU-Verordnung über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe (Ausgangsstoffgesetz – AusgStG)

Es klingelt an der Tür und eigenartig bekleidete Beamte betreten das Haus. Es sind die Herren vom Entschärfungsdienst, die sicherheitshalber zur Ausführung des Durchsuchungsbefehls hinzugezogen wurden. Schließlich geht es um das Ausgangsstoffgesetz. Was für ein Gesetz? Auch mir war das Gesetz bislang völlig unbekannt. Rudi Ratlos auch und beauftragte den ratlosen Verteidiger, der zunächst Akteneinsicht nahm und nun schlauer ist.

Ausgangspunkt für den Beschluß ist die Verordnung (EU) 2019/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe.  Mit dieser Verordnung soll angesichts der sich weiterentwickelnden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit durch Terrorismus und andere schwere kriminelle Handlungen das System zur Verhinderung der unrechtmäßigen Herstellung von Explosivstoffen verschärft werden.

Ein nachvollziehbar und gut zu heißendes Ziel. Dumm nur, daß einige dieser Ausgangsstoffe auch für völlig harmlose Zwecke benötigt werden. Sie können jedoch auch für kriminelle Zwecke verwandt werden. In der Verordnung gibt es daher eine Meldepflicht innerhalb von 24 Stunden:

Für die Zwecke der Verhinderung und Aufdeckung einer unrechtmäßigen Herstellung von Explosivstoffen melden Wirtschaftsteilnehmer und Online-Marktplätze verdächtige Transaktionen. (Art. 9 Abs 1 Satz 1)

Bestellen Sie beispielsweise Aceton auf einem Online-Marktplatz und die Mitarbeiter hegen einen Verdacht, erfolgt die Meldung der verdächtigen Transaktion an die Kontaktstelle innerhalb von 24 Stunden.

Die Staatsanwaltschaft beantragt den Erlaß eines Durchsuchungsbefehls beim Ermittlungsrichter. Der hat nicht die Zeit, die Verordnung und das zu ihrer Umsetzung erlassene Durchführungsgesetz sorgfältig mit dem Sachverhalt abzugleichen.

Strafvorschrift

Das Ausgangsstoffgesetz enthält natürlich in § 13 eine Strafvorschrift:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 1; L 231 vom 6.9.2019, S. 30) einen beschränkten Ausgangsstoff für Explosivstoffe bereitstellt, verbringt, besitzt oder verwendet.

Die Verordnung unterscheidet zwischen „beschränkten Ausgangsstoffen“ oberhalb eines aufgeführten Konzentrationsgrenzwertes, die im Anhang I aufgeführt sind und deren Besitz für normale Menschen strafbar ist und meldepflichtigen Ausgangsstoffen für Explosivstoffe, die im Anhang II aufgeführt sind. Deren Besitz ist nicht strafbar.

Im Durchsuchungsbefehl liest sich das dann so:

Der Beschuldigte bestellte am TT/MM/JJJJ 250 g Magnesiumpulver, am TT/MM/JJJJ 1.000 g Schwefel und am TT/MM/JJJJ 2.500 g Kaliumnitrat über die Internetplattform www.amazon.de, die ihm in der Folge ausgeliefert wurden.

Dies ist strafbar als Verstoß gegen das Gesetz zur Durchführung der EU-Verordnung über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe

gemäß § 13 Abs. 1 AusgStG

Alle drei Substanzen stehen im Anhang II, nicht in der Liste der Stoffe des Anhangs I. Deren Besitz ist für Otto-Normalverbraucher strafbar. Also meldepflichtig aber nicht strafbewehrt.

Und für diejenigen unserer treuen Leser, die sich über die ungewöhnliche Formulierung des Durchsuchungsbefehls wundern: Das ist meine Formulierung für den Beschluß des Ermittlungsrichters, der „die Durchsuchung der Person, der Wohnung mit Nebenräu­men und der Fahrzeuge des Beschuldigten … anordnet„. Die Formulierung „Durchsuchungsbeschluß ist mir hier zu euphemistisch. Es spricht ja auch kaum einer vom Haftbeschluß.

Auch für die Verteidigung gegen derart exotische Strafvorschriften stehen Ihnen die beiden Strafverteidiger der Kanzlei, Rechtsanwälte Krähn und Jede gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns hier: Kontakt

Schiedsrichter zeigt die rote Karte

§ 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG

§ 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG – der Winnenden-Paragraph

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,

Gleich zu Beginn der Vorschrift § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG kommt man ins Straucheln. Verwiesen wird auf § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Also nicht auf Satz 2 oder weitere Sätze dieses Absatzes. Der aufmerksame Leser klickt auf den Link zu § 36 WaffG und wird feststellen, daß der Absatz 1 nur aus einem Satz besteht.

Anno dazumal beinhaltete Absatz 1 noch zwei Sätze; durch Artikel 1 G. v. 30.06.2017 BGBl. I S. 2133 ist Satz 2 mit Wirkung vom 06.07.2017 aufgehoben worden. Die uns hier interessierende Vorschrift § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG ist durch dasselbe Gesetz geschaffen worden. Im selben Atemzug hebt der Gesetzgeber eine Vorschrift auf und verweist zugleich auf die aufgehobene Vorschrift. Ein weiterer Beleg, daß der Gesetzgeber selbst den Überblick verloren hat.

Geschichte

Vor dem Jahr 2009 waren vorsätzliche und fahrlässige Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten nicht strafrechtlich sanktioniert, sondern stellten bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeiten dar. Der Amoklauf von Winnenden am 11.03.2009 führte dann sehr schnell zu einer Änderung durch das 4. ÄndGSprengG (BT-Drs 16/13423 S. 63), das § 52a WaffG einführte. Der Gesetzgeber wollte deutlich machen, daß Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten keine Kavaliersdelikte sind.

Mit der Änderung wurde ein konkretes Gefährdungsdelikt geschaffen, mit dem gerade solche Verstöße erfaßt sind, die dem Amokläufer von Winnenden erst den Zugriff auf die Tatwaffe ermöglicht haben (BT-Drs 16/13423 S. 72).

2017, mit dem 2. WaffRÄndG (s.o.),  wurde die Vorschrift des § 52a WaffG dann mit Änderungen in § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG überführt.

Tatbestand des § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG

Die Strafnorm bezieht sich darauf, daß jemand eine Vorkehrung für eine  Schußwaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig entsprechend § 13 AWaffV (auf den § 36 Abs 1 WaffG verweist) trifft und dadurch die konkrete Gefahr verursacht, daß eine Schußwaffe oder Munition abhanden kommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird.

Es handelt sich um eine konkretes Gefährdungsdelikt, die Gefahr muß in so bedrohliche Nähe gerückt sein, daß sich das Ausbleiben der Rechtsgutverletzung nur noch als Zufall darstellt. Es darf also nur noch vom Zufall abhängen, ob durch den Aufbewahrungsverstoß ein Zugriff eines unberechtigten Dritten erfolgen kann (BT-Drs 16/13423 S. 72).

Der Verstoß muß vorsätzlich, also wissentlich und willentlich erfolgen. Dies ergibt sich daraus, daß § 52 Abs 4 WaffG einen fahrlässigen Verstoß gegen § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG nicht unter Strafe stellt. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser liegt dann vor, wenn der Täter den jeweiligen Taterfolg zumindest für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt.  Der Vorsatz muß sich auch auf die konkrete Gefahr beziehen.

Drei Dinge müssen also gegeben sein:

  1. Die Schußwaffe muß nicht richtig verwahrt sein.
  2. Es muß eine konkrete Gefahr eingetreten sein.
  3. Beides muß vom Vorsatz des Täters umfaßt sein.

Wer beispielsweise versehentlich vergißt, den Waffenschrank zu verriegeln, ist fahrlässig und nicht vorsätzlich tätig und strafrechtlich draußen. Für das waffenrechtliche Verfahren gilt das leider nicht.

Wie immer gilt: Äußern Sie sich nicht zum Sachverhalt, wenn die Polizei vor Ort einen Verstoß feststellt. Die Polizei wird Ihre Äußerungen (zutreffend oder unzutreffend) aktenkundig machen und es gilt die Miranda-Warnung aus amerikanischen Krimiserien: „You have the right to remain silent. Anything you say can and will be used against you.“ Betonung liegt auf „Alles wird gegen Sie verwendet werden.“

Stattdessen sollten Sie einen Profi für sich arbeiten lassen. Uns erreichen Sie auf vielfältige Art und Weise: Kontakt

 

 

 

Maishäcksler

Mahd auf Rehwild

oJagd auf Rehwild mit dem Maishäcksler

Mahd auf Rehwild? Das Problem kennen die Jäger und Landwirte: In der Setzzeit des Rehwildes (Anfang Mai bis Ende Juni) drückt sich das Kitz bei Annäherung einer Gefahr fest und regungslos auf den Boden. Bei der Wiesenmahd verletzt der Kreiselmäher die Kitze dann in der Regel tödlich. Es ist gute Tradition, daß der Bauer die Jäger über die geplante Mahd informiert und dann die Wiesen abgesucht werden. Ganz modern vielerorts bereits mit Drohnenhilfe.

Wer keine Maßnahmen zur Kitzrettung trifft, riskiert, daß er wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz (§ 17 TierSchG) und wegen Wilderei strafrechtlich verfolgt wird.

Ab der dritten Lebenswoche wird dann der Drückinstinkt des Rehkitzes vom Fluchtinstinkt abgelöst, es flüchtet bei Annäherung von Gefahren.

Mahd auf Rehwild Ende Oktober?

Je weiter die Menschen von der Natur entfernt leben, beispielsweise in Städten, desto größer scheint ihre Tierliebe zu sein. Häufig völlig unbeschwert von jeglicher Kenntnis der Natur.

Beim Landwirt steht das SEK vor der Tür und überreicht einen Durchsuchungsbeschluß. Man glaubt es nicht:

Mehr zum Tatvorwurf ist dem Beschluß nicht zu entnehmen. Das zuständige Landgericht hat diesen Beschluß gehalten. Ein Jahr später soll der Maishäcksler auf Knochen, Blut-, Haar- und Fellreste untersucht werden.

Mein Jagdverstand reicht nicht aus, um mir das zu erklären. Wie führt man eine Maismahd in rechtswidriger Weise durch?

Wie geht eine rechtmäßige Mahd Ende Oktober vonstatten? Soll der Landwirt vor dem Maishäckseln den mannshohen Bestand durchstreifen und hoffen, nicht auf wehrhaftes Schwarzwild zu treffen? Ansonsten ist es eine rechtswidrige Mahd auf Rehwild?

Ich habe dem Herrn Oberstaatsanwalt nicht verklickern können, daß die Maisernte im Oktober keine Gefahren für das Rehwild birgt. Auch sollen Rehkitze zu Tode gekommen sein. Ende Oktober Rehkitze in Deutschland?

Liebe Kollegen Agrarrechtler: Kennen Sie einen Gutachter, der so jemandem in einfachen gesetzten Worten vermitteln kann, daß der Vorwurf Unsinn ist? Wir brauchen einen Gutachter, der einem Städter die Natur vermitteln kann.

Gerne per eMail oder telephonisch unter 030/329 00 4-0

 

 

 

 

 

Waffen aus Tschechien

Waffen aus Tschechien?

In anderen Ländern, darunter auch in den meisten EU-Staaten, gilt nicht so ein strenges Waffenrecht wie in Deutschland.  Manche osteuropäischen Länder haben ein ausgesprochen liberales Waffenrecht. Es gibt sogar Seiten, die dies ausdrücklich bewerben: Waffen legal kaufen in Tschechien – alle Tipps

Das hat schon so manchen dazu verleitet, dort frei verkäufliche Waffen zu kaufen, die in Deutschland nur mit waffenrechtlicher Erlaubnis erworben werden dürfen.

Obacht! Nicht nur der Erwerb bedarf der Erlaubnis, sondern auch die Einfuhr nach Deutschland! In Deutschland ist der Besitz meist verboten.

Während der Kauf nach deutschem Recht im Ausland nicht strafbar ist, wird es auch mit Waffen aus Tschechien bei der Einfuhr kriminell. Wer beispielsweise in der Slowakei eine dort frei verkäufliche Flobertwaffe erwirbt, darf diese nicht nach Deutschland einführen und hier besitzen.

Sie meinen, Sie werden gut durch die Kontrolle kommen?

Die Behörden haben mittlerweile ein viel effektiveres Verfahren entwickelt. Der Grenzübergang ist nur die erste Hürde. Treffen wird es Sie später.

Beim Kauf der Waffe müssen Sie sich meist mit Ihrem Ausweis ausweisen und Ihre Adressdaten angeben.

Schlapphüte sind natürlich auch dabei

Sie ahnen bereits etwas?

Der Verkäufer führt, wie die Waffenhändler in Deutschland, ein Waffenhandelsbuch. Einträge mit Namen deutscher Käufer werden von den dortigen Behörden kopiert und über Europol an das BKA weitergegeben, das die zuständigen Polizeibehörden für den Wohnsitz des Käufers ersucht, die weiteren Maßnahmen zu ergreifen.

Die erste weitere Maßnahme ist der Antrag auf Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses, der regelmäßig antragsgemäß ergeht. Sie wollen eine Durchsuchung live erleben?

Man glaubt es kaum: Der Bundesnachrichtendienst hat auch seine Finger im Spiel. In einem uns vorliegendem Fall stellte das BKA nicht nur Listen von Europol zur Verfügung, sondern auch vom BND kopierte Auszüge aus den Waffenhandelsbüchern. Man konnte effektiv abgleichen. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage der BND diese Daten zur Verfügung stellt, ist mir nicht bekannt. Das Trennungsgebot scheint nicht mehr zu existieren.

Fazit: Wenn Sie im Ausland eine Waffe erworben haben, die in Deutschland erlaubnispflichtig ist, sollten Sie sich mit uns in Verbindung setzen. Falls Sie es vorhaben, lassen Sie es lieber!

 

Wer was zu verschweigen hat ist wahrscheinlich ein Straftäter

Verwendung von Krypto-Handys und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

In einer Aufsehen erregenden Entscheidung hatte die 25. Große Strafkammer des Landgerichtes Berlin statuiert, daß aus der Überwachung des Kommunikationsdienstes EncroChat gewonnene Kommunikationsdaten einem Beweisverwertungsverbot unterliegen und dabei auch das Thema Anfangsverdacht thematisiert. LG Berlin vom 01.07.2021 – (525 KLs) 254 Js 592/20 (10/21).

Das Kammergericht hat diese Entscheidung aufgehoben und die Anklage zur Verhandlung vor einer anderen großen Strafkammer des Landgerichtes zugelassen (Ooups!) –  Beschl. v. 30.08.2021 – 2 Ws 79/21

Anfangsverdacht aufgrund Kommunikationsschutz

Wahrscheinlich interessiert das nur Strafverteidiger?

Mitnichten! Auch für den rechtstreuen Bürger ist wichtig zu wissen, wann ein Anfangsverdacht anzunehmen ist, der beispielsweise für Durchsuchungsmaßnahmen ausreichender Grund ist.

Das Landgericht hatte – für mich überzeugend – ausgeführt:

(a) Dass Straftäter häufig ein besonderes Interesse am Schutz ihrer Kommunikation gegen staatliche Zugriffe haben und deshalb schwer zu überwachende Kommunikationswege — etwa die VoIP-Telefonie über Messenger-Dienste oder den Tor-Browser — bevorzugen, ist allgemein bekannt. Ein genereller Schluss aus einem besonderen Sicherungsbedürfnis auf ein strafbares Verhalten wäre aber genauso unzulässig, wie etwa allein der Besitz von typischerweise bei Einbrüchen oder Fahrraddiebstählen genutzten Werkzeugen (Brechstangen, Bolzenschneider) nicht den für eine Durchsuchung nötigen Anfangsverdacht liefern kann.

(b) Verschlüsselungstechnologien sind auch deshalb für sich gesehen kein tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Tatverdacht, weil ihre Nutzung aus staatlicher Sicht nicht etwa unerwünscht ist, sondern im Gegenteil zum Schutz vertraulicher Daten vor den Zugriffen Dritter gestärkt werden soll. So heißt es in der Digitalen Agenda der Bundesregierung für 2014-2017 (S. 3), einfach zu nutzende Verschlüsselungsverfahren müssten gefördert werden, um „die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale des digitalen Wandels zu erschließen“.

Ich hatte diese Passagen bei der Lektüre nur überflogen, Selbstverständlichkeiten nimmt man kaum noch wahr.

Umso mehr habe ich mir die Augen gerieben über die Argumentation des 2. Strafsenats:

Schon die Nutzung der mit Verschlüsselungstechnik versehenen, hochpreisigen Endgeräte begründete im Übrigen jedenfalls vor dem Hintergrund der französischen Ermittlungsergebnisse in den Ausgangsverfahren wegen der Beteiligung am organisierten illegalen Betäubungsmittelhandel einen entsprechenden Anfangsverdacht gegen die Nutzer solcher — für eine konventionelle Kommunikation eher ungeeigneter — Geräte.

Über 32 tausend Nutzer in 121 Ländern sehen sich nun dem Anfangsverdacht ausgesetzt. Auch die Mitarbeiter besonders sicherheitsrelevanter Unternehmen, die hochpreisige Endgeräte für die unkonventionelle Kommunikation nutzen.

Tausende redliche Bürger unter Anfangsverdacht

Das Kammergericht weist darauf hin, daß nach Einschätzung der französischen Behörden 60 % der Teilnehmer das verschlüsselte Kommunikationssystem zu kriminellen Zwecken nutzten. Fast 13 tausend Teilnehmer nutzten das System dann wohl zu nicht kriminellen Zwecken – vom Kammergericht mit dem Makel des Anfangsverdachtes belegt und beispielsweise einen Durchsuchungsbeschluß rechtfertigend. Aber der ist ja heutzutage bei vielen Amtsgerichten leicht zu erlangen: Sie wollen eine Durchsuchung live erleben?

Wo mag der Senat wohl die Preisgrenze sehen, was ist der Schutzbereich einer konventionellen Kommunikation?

Sicherlich wird sich der BGH und voraussichtlich auch das BVerfG damit beschäftigen.

Mich jedenfalls, gruselt es gewaltig.