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Und es geht weiter bergab

Das wäre mir doch fast durchgerutscht, ein erneutes

Gesetz zur „Modernisierung“ des Strafverfahrens.

Dankenswerterweise hat sich der Kollege Burhoff des Themas angenommen. Seine Kommentare sind vernichtend, beispielsweise:

Also: Rechteabbau für Beschuldigte, was sich m.E. schon bei der Namensgebung für das neue Gesetzesvorhaben angekündigt hat. Denn m.E. geht es immer, wenn das BMJV das Wort “Modernisierung” in Zusammenhang mit Strafverfahren in den Mund nimmt, um “Vereinfachung und Beschleunigung”. Und auf dem Altar der Beschleunigung werden dann Beschuldigtenrechte geopfert.

Burhoff: Rechteabbau durch das “Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens”, oder: Sie haben es getan/vor

Das ist deswegen so beachtenswert, weil der Kollege ein Vorleben hat. Bevor er Rechtsanwalt wurde, war er Richter am OLG Hamm. Er kennt also auch die Perspektive eines Richters am Oberlandesgericht und u.a. deren Sicht auf die Strafverteidiger.

Der Kollege hat einige Änderungen kurz kommentiert. Lesenswert!

Mich hat die erneute Verlängerung der Unterbrechungsfristen des § 229 StPO besonders erbost. Keine wirkliche Dokumentation der Hauptverhandlung und dann Unterbrechungen bis zu zwei Monaten. Ob es wohl wirklich Richter gibt, die sich nach dieser Zeit noch an die durchgeführten Hauptverhandlungstage erinnern können? Modernisierung des Strafverfahrens?

Es wird künftig noch mehr am Verhandlungsgeschick der Strafverteidiger unserer Kanzlei liegen, daß sich die Richter an unsere Verhandlung erinnern können.

Wir hatten bisher kaum Veranlassung, Befangenheitsanträge zu stellen. Allein die Wortwahl

Die Möglichkeiten, Hauptverhandlungen durch – statistisch gesehen – in aller Regel unbegründete Befangenheitsanträge zu obstruieren, sollen verringert werden.

aus dem Eckpunktepapier läßt mich in Schnappatmung verfallen. So geht man mit Organen der Rechtspflege um?

„OBSTRUIEREN“?

Das heißt erschweren, hemmen, verhindern. Das ist der Ausgangspunkt des Ministeriums.

Können Sie sich vorstellen Nebenkläger zu sein und vor einem Richter zu sitzen, der sich vom Angeklagten ein Autogramm geben ließ? Sie meinen dieser Richter ist befangen? Sie meinen, der Rechtsanwalt, der einen Befangenheitsantrag einreicht, obstruiert die Hauptverhandlung? Wenn ja, ist Ihr Rechtsverständnis nicht das unsrige.

Als letztes Beispiel die Vereinfachung des Beweisantragsrechts.

Vereinfachung? Wie erreicht der Gesetzgeber das? Der Verteidiger muß nicht mehr komplizierte Regelungen für die Beweisanträge einhalten, die das Gesetz und die Rechtsprechung entwickelt haben? Klasse! Endlich eine Modernisierung des Strafverfahrens! Schauen wir uns das Eckpunktepapier diesbezüglich an:

4. Vereinfachung des Beweisantragsrechts
Um missbräuchlich gestellte Beweisanträge leichter ablehnen zu können, sollen die Voraussetzungen für die Annahme der Verschleppungsabsicht abgesenkt werden.

Sie können noch ruhig schlafen? Recht haben Sie! Es trifft nur die Schuldigen. Die, die vom Gericht verurteilt wurden. Die am Stammtisch trifft es bekanntlich zuletzt.

Stillstand der Rechtspflege beim LG Berlin

Stillstand? Wir haben am 31.07.2019 eine Klage beim Landgericht Berlin, Dienststelle Tegeler Weg eingereicht.

Am 20.08.2019 erhalten wir auf Nachfrage die Auskunft, daß die Erfassung der Klage noch nicht erfolgt sei und dies auch noch ca. 3 1/2 Wochen dauern werde. Die Eingangsregistratur sei nur mit zwei Personen besetzt und zur Zeit sei man mit den Eingängen vom 08.07.2019 beschäftigt.

Alle unsere Versuche die Erfassung zu beschleunigen, sind gescheitert.

Auf unsere Dienstaufsichtsbeschwerde an den Präsidenten des Landgerichtes läßt die Behörde sich entschuldigen und erklärt dies wie folgt:

  • Die Umstellung auf die Fachsoftware forumSTAR im November 2018 hat zu erheblichen Beeinträchtigungen geführt:
  • Eine routinierte Anwendung der Software, die eine ähnliche Verarbeitungsgeschwindigkeit wie zuvor gewährleistet, wird von den Mitarbeitenden aktuell nach und nach erreicht. Regelmäßig auftretende technische Schwierigkeiten, deren Behebung sich schwierig gestaltet, behindern diese Lernprozesse jedoch immer wieder.

  • Die Klageeingänge am Ende des letzten Jahres vervielfachten sich enorm [1].

Selbstverständlich weiß die Senatsverwaltung von diesen unhaltbaren Zuständen. Das Landgericht zitiert:

Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung zeigte sich zuversichtlich, dass „auch die personelle Verstärkung der Justiz in den kommenden zwei Jahren zu einer nachhaltigen Entlastung im Bereich des Servicepersonals führen wird, so dass die Klageverfahren am Landgericht Berlin wieder in angemessener Zeit erfasst werden.“

Weiter schreibt uns das Gericht:

Der Abbau der Bearbeitungsrückstände wird fortwährend vorangetrieben, gestaltet sich jedoch mühsam. Ein effektiver Personalzuwachs konnte bisher nicht verzeichnet werden. Enge Kontrollmechanismen sind eingeführt und selbstverständlich werden alle Möglichkeiten einer geänderten Organisation und Struktur geprüft und soweit möglich umgesetzt.

Diese Mißstände sind der Justiz und der Regierung seit Jahren bekannt. Schon vor Jahren haben wir auf diesen Stillstand der Rechtspflege verwiesen

Und die Kleine Anfrage von Cornelia Seibeld „Der 31.12. kommt für die Berliner Gerichte offenbar immer wieder überraschend“ wurde schon seinerzeit sehr zynisch beantwortet:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trifft die Partei bzw. ihren Prozessbevollmächtigten allerdings die Pflicht, binnen angemessener Frist wegen einer ausstehenden Vorschussanforderung nachzufragen (Urteil vom 29. Juni 1993 – X ZR 6/93: binnen drei Wochen).

Das dokumentiert das jahrelange Desinteresse der Politik an einem funktionierendem Gerichtsbetrieb. Vor 8 Jahren haben wir das als Rechtswegverweigerung bezeichnet.

  1. [1]das ist nun mal immer so am Ende eines Jahres und hat nicht unwesentlich mit dem Verjährungseintritt am Ende eines jeden Jahres zu tun
Photo Pistole der Marke Walther

Bar jeder Vernunft

Kuenast

Nicht einfach nur eine Politikerin. Sie ist Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie bekommen eine Paintball-Waffe und einen Abstand von 20 Metern zu mir. Ich bekomme ein Gummimesser und eine Gesichtsmaske. Sie werden aufgrund der Verletzungen durch das Gummimesser ein paar Wochen nicht im Fernsehen auftreten wollen und ich brauche keine Reinigung für meine Kleidung.

Selbstverständlich ist das nur Ihr mangelndes Training!

Ich schätze mal, daß auch der bestausgebildete Schütze eines beliebig von Ihnen ausgewählten SEK oder MEK kaum eine bessere Chance als 80-90% hat.

Haben Sie eigentlich noch nie mit den Frauen und Männern der SEKs gesprochen? Oder hören Sie nicht zu?

Frau Künast, ich will Ihnen noch ein Geheimnis verraten: Was Sie bei Arni-Filmen gesehen haben, ist nicht die Realität.

Jedem Anfänger in der Gerichtsmedizin ist bekannt, daß es am Menschen keine Treffer-Stelle gibt, die zur sofortigen Angriffsunfähigkeit führt und nicht potentiell tödlich ist.

Und die Schutzausrüstung der Polizisten – auch die allerbeste – ist eine relative Sicherheit. Tote Polizeibeamte sind der schreckliche Beweis. Und die Hinterbliebenen und Kolleginnen und Kollegen müssen sich von Ihnen, die es besser wissen sollte, solchen Irrsinn „anhören“.

Um das klarzustellen: Selbstverständlich ist in unserem Rechtsstaat jeder unnatürliche Todesfall zu untersuchen. Im Rahmen der Untersuchungen muß auch geklärt werden, ob die Schußabgabe rechtmäßig erfolgte und ggf. ein schuldhaftes Verhalten vorgelegen hat.

In unserem Rechtsstaat darf ich aber auch so dumme Fragen stellen wie Sie: Warum sitzen Sie im Deutschen Bundestag?

Die Antwort hat mir gerade einer meiner Jungs gegeben: „Weil sie gewählt wurde. In einer Demokratie entscheiden Stimmenmehrheiten, nicht Qualifikation.“ Womit wir beim Thema Türkei währen sind. Aber das ist ein ganz anderes Thema