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Der Widerrufsjoker wird vom EuGH erneut ins Spiel gebracht

Justizposse

Solche Justizposse versteht nur noch der Fachmann – der Normadressat reibt sich verwundert die Augen

Wir berichteten bereits und dachten, die Angelegenheit sei damit erledigt: BWT 47 – Der BGH ist wieder mal schlauer als alle anderen.

Der Reihe nach:

  • Die BWT47 basiert auf dem System der Kalashnikov „AK47 und wurde so abgeändert, daß sie nur Einzelfeuer zuläßt.
  • Nach Rückfrage bei den zuständigen Behörden erläßt das Bundeskriminalamt einen Feststellungsbescheid, wonach es sich nicht um eine Kriegswaffe handelt.
  • Der Bundesgerichthof bestätigte eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu zwei Jahren Freiheitsstrafe zur Bewährung (Einzelheiten sind in unserem verlinkten Artikel beschrieben) und fühlt sich an den Feststellungsbescheid nicht gebunden.
  • Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) – 3 K 967/21 v. 02.09.2024 – verweist in einem Verfahren wegen der Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnis auf die Rechtslage und sieht sich an die Entscheidung des BGH nicht gebunden:

Die örtliche Waffenbehörde darf Schusswaffen nicht als Kriegswaffen behandeln, wenn durch das Bundeskriminalamt gemäß § 2 Abs. 5 WaffG allgemein verbindlich festgestellt worden ist, dass es sich nicht um eine Kriegswaffe handelt. Das gilt auch, wenn der Bundesgerichtshof dies in einem Strafverfahren anders beurteilt hat.

Und gute Argumente hat der Einzelrichter, der nicht einmal die Berufung zugelassen hat:

Der Beklagte ist kraft Gesetzes an diese Feststellung gebunden und muss sie beachten, solange sie nicht in dem hierfür vorgesehenen Verfahren aufgehoben oder geändert wird. Denn § 2 Abs. 5 S. 4 WaffG ordnet insoweit ausdrücklich an, dass die Entscheidung des Bundeskriminalamtes für den Geltungsbereich dieses Gesetzes allgemeinverbindlich ist.
Anderslautende Entscheidungen von Strafgerichten außerhalb des Geltungsbereiches des Waffengesetzes ändern an der Verbindlichkeit der Entscheidungen des Bundeskriminalamtes im Geltungsbereich des Waffengesetzes nichts.
(VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 2. September 2024 – 3 K 967/21 –, Rn. 32 – 33)

Diese Justizposse wird vor meinem geistigen Auge immer possierlicher. Stellen Sie sich vor, Sie haben so ein Ding im Waffenschrank. Die Behörde wird die Erlaubnis unter Hinweis auf die Entscheidung des VG FfO nicht zurücknehmen. Sie machen sich aber strafbar wegen des unerlaubten Besitzes einer Kriegswaffe, siehe die Entscheidung des BGH.

Natürlich stehe ich hinter der Entscheidung aus Frankfurt. Sie ist kurz, knackig und richtig. Sollte Ihnen ein rechtliches Gegenargument einfallen, lassen Sie es uns wissen!

Im Waffenrecht – ob Strafrecht oder Verwaltungsrecht – können Sie mit uns rechnen: Kontakt

BWT 47 – Der BGH ist wieder mal schlauer als alle anderen

BWT 47

BWT 47 – was ist das? Hinter diese Abkürzung versteckt sich eine im Auftrag der Beitler Waffentechnik (BWT) im Iran gefertigte Waffe. Sie basiert auf dem System der Kalashnikov „AK47“.

Die Waffe wurde in zwei Versionen in Umlauf gebracht, als Gasdrucklader mit Drehkopfverschluss und die BWT 47 R als Repetierlader. Für beide Waffen gibt es einen „positiven“ Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes (BKA):

Die zuständigen Bundes- und Landesbehörden, also auch das für Kriegswaffen zuständige BMWi,  wurden angehört. Es handelt sich danach nicht um Kriegswaffen.

Durchsuchungen und Sicherstellungen

Sollten Sie eine der Waffen in Ihrer WBK eingetragen haben, steht Ihnen Ungemach ins Haus. Die Polizei wird mehr oder weniger höflich Einlaß begehren und die Waffe sicherstellen. Gegen die übliche Gebühr trägt die Waffenbehörde sodann die Waffe aus der WBK aus. Beispielsweise mit dem Vermerk: „Überlassen an das Polizeipräsidium des Landes Brandenburg“.

Nach Ansicht der Behörde sind Sie im Besitz einer Kriegswaffe. Das ist unerlaubt und wird natürlich mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft, in minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Wie geht denn das? BKA und Ministerien sagen, es ist keine Kriegswaffe und die Polizei zieht die Waffen ersatzlos ein?

Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt Urteil des LG Stuttgart

Mit Urteil vom 23.07.2019 – 1 StR 433/18 – hat der BGH sich klar positioniert:

1. Gegenstände, die gattungsmäßig unter die Kriegswaffenliste fallen und deren Funktionstüchtigkeit nicht dauernd und endgültig aufgehoben ist, bei denen die Funktionsstörung vielmehr mit geringem Aufwand und verhältnismäßig einfachen Mitteln von jedermann behoben werden kann, der sich über die Möglichkeit dazu informiert, sind Kriegswaffen im Sinne des § 1 Abs. 1 KrWaffG. (Rn.17)
2. Kann die Funktionsstörung einer Waffe mit geringem Aufwand und verhältnismäßig einfachen Mitteln von jedermann behoben werden, der sich über die Möglichkeit dazu informiert, so ist die Funktionstüchtigkeit im Hinblick auf die vollautomatische Schussabgabe nicht dauernd und endgültig aufgehoben. (Rn.19) Der Einstufung als Kriegswaffe steht daher nicht entgegen, dass eine vollautomatische Schussabgabe erst nach Umbaumaßnahmen möglich ist. (Rn.17)

und das Urteil des LG Stuttgart – 143 Js 19955/12 – 5 KLs – gehalten. Das Verfahren hat etwas länger, als rechtsstaatlich angemessen, gedauert.

Die uns interessierenden Waffen sind mit geringem Aufwand und verhältnismäßig einfachen Mitteln von jedermann umzubauen, der sich über die Möglichkeit dazu informiert und daher Kriegswaffen.

Die Entscheidung des BKA (mit Zustimmung BMWi) spielt dafür keine Rolle, schließlich betrifft die Zuständigkeit des BKA nur den Bereich des WaffG und nicht das Kriegswaffenkotrollgesetz.

Die Strafverfolgungsbehörden werden die Betroffenen sicherlich nicht weiter verfolgen. Falls doch:

Wir werden das für Sie regeln!