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Herr Maas – es ist doch nicht der 1. April

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Männer, die Sexdienste von Frauen in Zwangslagen nutzen, sollen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Quelle: ZEIT ONLINE 12.03.2016

Sie haben im neuen Prostitutionsgesetz daran gedacht, die Damen gesetzlich zu verpflichten, ein Schild um den Hals zu tragen: „Bin in einer Zwangslage“?

Sie haben auch schon jemanden gefunden, der Ihnen auf höchstem intellektuellen Niveau zustimmt:

Fünf Jahre Freiheitsstrafe – das macht deutlich, dass es ein schwerwiegendes Vergehen ist und kein Bagatelldelikt
Quelle: Richtig, GdP [1]

Natürlich berücksichtigt man in Ihrem Hause nicht die Bedenken der Profis, beispielsweise der Pressesprecherin des Berufsverbandes Sexarbeit:

Welche Probleme haben Sie mit dem Gesetz?

Es wird zum Beispiel eine Registrierungspflicht für Sexarbeiter vorgeschrieben. Das ist stigmatisierend und datenschutzrechtlich fragwürdig. In Bayern wird eine solche Registrierung in Datenbanken schon jetzt ohne Rechtsgrundlage praktiziert. Das führt immer wieder zu einem Zwangs-Outing vor Freunden und Bekannten, die nichts von der Arbeit der Kollegin wissen. Bei jeder Polizeikontrolle kann der Beamte sehen, ob man als Sexarbeiter registriert ist.
Quelle: Widerstand der Sexarbeiter, ZEIT ONLINE, 02.03.2016

Gibt es irgendjemanden, der das neue Gesetz gut findet (natürlich außer den Politikern)?

Einer Sprecherin des Justizministeriums zufolge soll die Neuregelung des Gesetzes dennoch zügig umgesetzt werden.

  1. [1]Ist das der, der überfallartig ein Bordell stürmt und mit der Taschenlampe guckt, ob der Kondompflicht in Bayern genüge getan ist?

Stasi 2.0

binary-823336_640Noch 2013 war der Aufschrei der Empörung groß, als der Whistleblower Edward Snowden enthüllte, dass die NSA die Telekommunikation weltweit überwachte[1]. Ein Skandal – auch deutsche Bürger und Politiker wurden abgehört. Vom Deutschen Bundestag wurde der NSA-Untersuchungsausschuss eingesetzt[2], um das Ausmaß der Spionage in Deutschland aufzuklären.

Jetzt will das BKA der NSA Konkurrenz machen. Der Bundestrojaner steht kurz vor der Genehmigung[3]. Diesen ließ das BKA eigens für die Überwachung der von Computern ausgehenden Telekommunikation entwickeln. Der Trojaner wird unter Ausnutzung von Sicherheitslücken im Betriebssystem in die Rechner „verdächtiger“ Personen eingeschleust[4]. Sprich – der Staat wird zum Hacker.

Auch präventiv soll der Trojaner zum Einsatz kommen, um geplante Straftaten zu verhindern. So kann praktisch jeder unbescholtene Bürger in das Visier des BKA geraten[5]. Dies sei durch die schwere der geplanten Straftaten, die dadurch möglicherweise verhindert werden können, gerechtfertigt. Frei nach dem Motto – „Der Zweck heiligt die Mittel“.

Das BKA mutiert zu einer neuen Geheimpolizei. Im heutigen Zeitalter werden eben nicht mehr die Nachbarn angeheuert, um sich gegenseitig zu bespitzeln[6]. Stattdessen verschafft sich der Staat Zugriff auf das ausgelagerte Gehirn seiner Bürger[7]. Genauso gut könnte das BKA heimlich in die Wohnung eines „Verdächtigen“ einbrechen und Briefe oder geheime Tagebücher an sich nehmen. Unvorstellbar? – Genau das ermöglicht der Trojaner auf technischer Ebene. Das technisch Mögliche geht sogar darüber hinaus! Mit Hilfe des Trojaners können die Gedanken des Betroffenen quasi live beim Entstehen von der Tastatur abgelesen werden[8].

Und theoretisch kann ein Trojaner noch mehr: Den gesamten Festplattenspeicher auslesen und durch die Fernsteuerung von Webcam und Mikrofon das Innere der Wohnung des Betroffenen überwachen[9].

Da fragt man sich als Bürger: „Was ist denn mit meinen verfassungsrechtlich garantierten Grundrechten?“[10] Da hat das Bundesverfassungsgericht vorgesorgt und verfassungsrechtliche Vorgaben für den Einsatz des Bundestrojaners aufgestellt[11]. Ein Richter soll aufpassen, dass die Grundrechte der Betroffenen gewahrt bleiben.

Der Richter entscheidet, ob der Einsatz des Trojaner im Einzelfall geeignet, erforderlich und angemessen ist. Er passt auf, dass der Trojaner nur das macht, was er soll und keine Daten erfasst, die die Intimsphäre des Überwachten betreffen. Und der Richter verhindert, dass mit dem Bundestrojaner Missbrauch getrieben wird.

Wie soll der Richter das in der Praxis gewährleisten? Nun, das ist schleierhaft! Aber das spielt auch keine Rolle. Ein Richtervorbehalt hört sich gut an. Theoretisch sind die Bürger vor unrechtmäßigen Grundrechtseingriffen sicher[12].

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind erfüllt. Der Trojaner ist verfassungskonform. Problem gelöst.

Der Staat spioniert seine Bürger heimlich aus – aber verfassungskonform.

Es besteht also kein Grund zur Sorge.

Ich liebe diese Formulierungen

Auch wenn es nicht darauf ankommt, erscheint es der Kammer doch völlig unangemessen, von einer Höhe des nach Ansicht des Verurteilten (gemeint ist natürlich des Verteidigers) allenfalls in Betracht kommenden Schmerzensgeldanspruches „im dreistelligen Bereich“ auszugehen.

Es kommt darauf nicht an. Trotzdem hat sich die Kammer auf den Vortrag des Berichterstatters zu diesem Thema eine Meinung gebildet. Und wenn man sich schon der Mühe der Meinungsbildung zu einem Thema unterzieht, muß man zumindest aus erzieherischen Gründen dem Verteidiger (gemeint ist natürlich der Verurteilte) mitteilen, daß die Meinung des Verteidigers abwegig ist.

Aber der Rest der Begründung ist gut. Obwohl nicht rechtbehelfsfähig. Muß man ja auch mal feststellen ;-)

FLG

Körperverletzung nach Dienstvorschrift

nurse-1159316_640Es gibt ein neues Maßnahmepaket zu Asyl und Flüchtlingen. Ein wohltuender Nebeneffekt: Hilft auch gegen 9/11 und Islamismus.

Nein, ich meine nicht die Abschaffung des Bargeldes. Das war das letzte Maßnahmepaket.

Jetzt geht es um die Abschaffung des Richtervorbehaltes bei der Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO).

Der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Hamm RA Detlef Burhoff hat es auf den Punkt gebracht:

„Richtervorbehaltsgötterdämmerung“, oder: Finger weg vom Richtervorbehalt bei der Blutentnahme!!!!

Worum geht’s?

Bevor Ihnen ein Arzt mit der Nadel in den Venen rumpiekt, um dem Verdacht nachzugehen, Sie hätten da was im Blut, was zur Strafbarkeit führen könnte, braucht man bisher die Entscheidung einer unabhängigen Person, die nicht der Polizei angehört: Der Richter muß das anordnen.

Das ist höchst unbequem. Da muß man beispielsweise nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes für einen richterlichen Notdienst sorgen.[1]

Manche dieser Richter stellen dann sogar Fragen, die der Strafverteidiger den Akten entnehmen kann. Es soll auch Fälle geben, wo der Richter die Anordnung nicht getroffen hat. Die kommen natürlich nicht auf unseren Tisch. Überhaupt scheint es keine diesbezüglichen Statistiken zu geben. [2]

Als besondere Rechtswohltat für den Betroffenen (das ist der mit der Kanüle im Arm), soll dieser Richtervorbehalt abgeschafft werden. Dann geht es nämlich für den Betroffenen schneller, er muß nicht so lange warten.[3]

Entscheiden soll künftig (so der Verkehrsgerichtstag) eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft. Das nannte man früher Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Die Namensänderung hat sicherlich genausoviel geändert wie Änderungen von „unehelich“ in „nichtehelich“.

Der Polizist soll also künftig über eine Körperverletzung durch den Staat am Bürger entscheiden. Ihm wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit des Menschen anvertraut. Er ist an Weisungen seines Dienstvorgesetzten gebunden. Ob wohl eine zentrale Dienstvorschrift erlassen wird?

Der Entwurf sieht die Übertragung auf den Staatsanwalt vor. Dieser hat eine akademische Ausbildung hinter sich, dieselbe Qualifikation wie der Richter und er kostet auch nicht weniger, ist aber auch den Weisungen seiner Dienstvorgesetzten unterworfen.

Was soll das?

Ersparnisse? Ja. An Rechtsstaatlichkeit und Vertrauen.

  1. [1]Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der konkreten strafprozessualen Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz
    (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 11. Juni 2010 – 2 BvR 1046/08 –, Rn. 26, juris)
  2. [2]Wenn doch: Bitte Nachricht über die Kommentarfunktion oder per Mail an Ben@DrSchmitz.de
  3. [3]Das ist kein blanker Zynismus des Verteidigers, sondern eine der Begründungen für den Vorschlag, siehe Burhoff weiter oben.

Der tägliche Irrsinn

  • Wenn wir an Gerichte oder andere Behörden schreiben, verwenden wir deren Aktzenzeichen.

    Ist es wirklich zu viel verlangt, in an uns gerichtete Schreiben unser Aktenzeichen aufzunehmen? Ist das Unterlassen Absicht, Bosheit oder Dummheit? Habe ich eine Variante vergessen?

  • Heute geht ein größerer vierstelliger Geldbetrag auf einem der Konten ein.
    • Auftraggeber: Landeshauptkasse Berlin
    • Verwendungszweck Zeile 1: 87HL000/15
    • Verwendungszweck Zeile 2: 1630790007531
    • [1]

    Der Fachmann erkennt: eine Zahlung der Hinterlegungsstelle.

    Also ziemlich wahrscheinlich Fremdgeld. Wir sind verpflichtet, Fremdgeld unverzüglich auszukehren. Wenn das nicht geht, müssen wir unverzüglich das Geld auf einem Rechtsanwaltsanderkonto parken. Die Berufsordnung schreibt vor: „Dies sind in der Regel Einzelanderkonten“. Für die Einrichtung eines Einzelanderkontos müssen die Berechtigten benannt werden.

    Natürlich, wir könnten das Geld einfach zurücküberweisen. Wäre ich der Mandant, würde ich den Anwalt schwer beschimpfen.

Ein Anruf würde das sicherlich klären. Hallo, es ist einfacher den Support von Microsoft zu erreichen, als Mitarbeiter einer Berliner Justizbehörde.

Den Rest meiner Gedanken führe ich hier nicht aus. Ich würde aber gerne mit dem Vorgesetzten sprechen. Was ist das für ein Laden, wo sowas passieren kann? Ein Mitarbeiter, der allen Ernstes denkt, wenn er denkt, daß der Verwendungszweck einer Überweisung nur für die eigene Buchhaltung relevant ist?

  1. [1]Beide Daten verändert