Beiträge

Regelanfrage Verfassungsschutz – WaffG

Blanker Zynismus

Mit Beschluß vom 20.09.2019 hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (3. WaffRÄndG) auch die alte Forderung nach der Regelanfrage wiederholt.

Die Anfrage beim Verfassungsschutz soll die Regel werden

Die Regelanfrage soll kommen. Die was? Ganz einfach: Wenn der Bürger seine Rechte wahrnimmt und einen Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis stellt, wird künftig automatisch eine Auskunft bei den Verfassungsschutzbehörden – also den Geheimdiensten – den Schlapphüten – eingeholt. Die Begründung (BRDrS 363/19):

Angesichts der enormen und zunehmenden Gefahren, die von einem legalen Waffenbesitz, insbesondere von Rechtsextremisten, ausgehen, bedarf es dringend der Regelung, dass eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder der Länder zur Tatbestandserfüllung der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausreicht. Nur so kann
sichergestellt werden, dass dort, wo relevante sicherheitsbehördliche Erkenntnisse zu extremistischen Bestrebungen vorliegen, die aus nachrichtendienstlichen Gründen nicht vorgehalten werden können und allein deshalb notwendige rechtliche Konsequenzen unterbleiben, in das waffenbehördliche Verfahren zur Versagung oder Entziehung einer Erlaubnis eingeführt werden können. Die
Bestimmung wird wie bisher im Katalog der Unzuverlässigkeitsgründe angesiedelt, die bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zur Folge haben, dass eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht besitzt (Regelunzuverlässigkeit). Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung (sogenannte Regelvermutung).

Jeder Rechtsextremist bekommt jetzt auf preiswerte und einfache Art und Weise Auskunft darüber, ob er als Rechtsextremist beim Verfassungsschutz verzeichnet ist. Er stellt einen Antrag auf Ausstellung des Kleinen Waffenscheins und die Waffenbehörde fragt beim Verfassungsschutz nach. Liegen dort Erkenntnisse vor und der Verfassungsschutz berichtet darüber (das muß er nach dem Gesetzentwurf nicht) erhält der Rechtsextremist keinen Kleinen Waffenschein und erhält die Begründung und einen Eintrag im Führungszeugnis.

Der Verfassungsschutz wird sich – schon aus Quellenschutzgründen – sehr genau überlegen, ob er der Waffenbehörde seine Erkenntnisse mitteilt.

Was soll dann das Ganze? Es wird viele rechtstreue Bürger von ihrem Recht abhalten. Vor allem das Risiko der Eintragung im Führungszeugnis ist rechtlich unkontrollierbar.

Es gibt verständlicherweise kein durchsetzbares Recht auf Auskunft über den Datenbestand beim Verfassungsschutz.

Regelanfrage mit negativem Ergebnis

Aber was macht der rechtstreue Bürger wenn die Auskunft negativ ist und man sicher ist, das stimmt nicht?

Sich in sein Unglück fügen! Der Bundesrat hat das Problem auch gesehen und sehr zynisch diese Begründung abgegeben:

Das Rechtsschutzversprechen des Artikels 19 Absatz 4 GG wird dadurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Im Waffenrecht gilt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das heißt, der Besitz, das Tragen und so weiter von Waffen ist grundsätzlich verboten und wird nur im Einzelfall und unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Bei Verboten mit Erlaubnisvorbehalt liegt die Beweislast dafür, dass Ausschlusskriterien nicht eingreifen, beim Antragsteller und nicht bei der Behörde. Dem nachrichtendienstlich als Extremist gespeicherten Antragsteller wird die waffenrechtliche Erlaubnis nicht grundsätzlich versagt. Ihm wird aber zugemutet, die Rechtmäßigkeit der Erhebung und Speicherung seiner personenbezogenen Daten in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren
rechtsstaatlich einwandfrei überprüfen zu lassen. Dass das eine Verzögerung des waffenrechtlichen Erlaubnisverfahrens bedeutet, ist hinzunehmen. Dass der Antragsteller zudem in dem gesonderten Verfahren – gegebenenfalls mit vorgeschaltetem In-camera-Verfahren – an dort geltenden Beweislastregeln scheitern kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellem Rechtsschutz.

Rechtsschutz gegen die Auskunft?

Das muß man sich vor der schwallartigen Entleerung des Mageninhaltes auf der Zunge zergehen lassen:

Dass der Antragsteller zudem in dem gesonderten Verfahren – gegebenenfalls mit vorgeschaltetem In-camera-Verfahren – an dort geltenden Beweislastregeln scheitern kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellem Rechtsschutz.

Im Klartext: Wer nicht nachweisen kann, daß er nicht in die Datei des Verfassungsschutzes gehört, hat Pech gehabt. Der Gesetzgeber stellt den Rechtsschutz des Bürgers hinten an.

Trennungsgebot und Regelanfrage

Hält denn keiner mehr das Trennungsgebot für verfassungsrechtlich geboten? Die Schlapphüte dürfen, was den Polizeibehörden verboten ist. Das ist solange o.k. wie die dabei erlangten „Erkenntnisse“ nicht an die Polizeibehörden zurückfließen. Im Ergebnis nutzen nun die Polizeibehörden die Ergebnisse der ihnen nicht erlaubten Erkenntnismittel und Methoden.

Bin ich der Einzige, der sich darüber aufregt? War das nicht einer der großen Systemfehler des Nationalsozialismus,  die geballten Kompetenzen beim Reichssicherheitshauptamt und der Gestapo? Warum schreien die Linken nicht auf, wo bleibt das Gezeter der Alt-68er?

Guy, ZRP 1987, 45 (48) hat die eine Seite sehr schön auf den Punkt gebracht:

… Sinn des Trennungsgebots: Polizeiliche Befugnisse sollen durch den Bereich der Gefahrenabwehr und der Aufklärung von Straftaten begrenzt werden; außerhalb dieses Bereichs soll es eben keine polizeilichen, sondern nur nachrichtendienstliche Mittel geben. Eben dies wird durch das Trennungsgebot sichergestellt. Die polizeilichen Mittel werden aus dem „Vorfeld“ heraus gehalten; damit wird dieses aber nicht unbeobachtet gelassen, sondern von den Nachrichtendiensten mit begrenzten Mitteln aufgeklärt.

Polizei keine nachrichtendienstlichen Mittel, Nachrichtendienste keine polizeilichen Mittel. Wer daran rührt, legt Hand an an rechtsstaatliche Grundsätze unseres Landes.

Bild Flintenlaufgeschoss

3. WaffRÄndG

Die Bundesregierung hat dem Bundesrat den Entwurf des 3. WaffRÄndG und weiterer Vorschriften (Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz) vorgelegt.

Der Gesetzentwurf ist damit in der parlamentarischen Beratung und wird den Ausschüssen zur Beratung überwiesen werden. Die weiteren Verfahrensschritte können Sie über das Dokumentations- und Informationssystem des Deutschen Bundestages im Auge behalten, es wird ständig aktualisiert: DIP 3. WaffRÄndG

Wir hatten bereits im Mai über den zugrunde liegenden Referentenentwurf und die Stellungnahmen der Verbände berichtet: Umsetzung EU-Feuerwaffenrichtlinie

Die Änderungen sind erheblich, der Entwurf ist 139 Seiten stark.

Geändert werden mit dem 3. WaffRÄndG

  • Waffengesetz
  • Beschussgesetz
  • Nationales Waffenregistergesetz – NWRG, das künftig Waffenregistergesetz – WaffRG heißen wird
  • Bundesmeldegesetz

Was soll sich ändern mit dem 3. WaffRÄndG?

  • Waren bisher nur die privaten Waffen im Waffenregister erfaßt, wird künftig auch der Umgang mit Schußwaffen durch Waffenhändler und -Hersteller erfaßt. Es soll eine Übergangsfrist von nur sechs Monaten eingeräumt werden.
  • Bislang erlaubnisfreie Salutwaffen werden als erlaubnispflichtige oder verbotene Schusswaffen eingestuft.
  • Anzeige- und Registrierungspflicht für bislang erlaubnisfreie unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen).
  • Das Vorliegen des waffenrechtlichen Bedürfnisses wird Gegenstand der Regelüberprüfung.
  • Sportschützen sollen insofern eine Erleichterung erfahren, daß nach 10 Jahren die Mitgliedschaft im Verein für den Fortbestand des Bedürfnisses ausreichend ist.
  • Der Kreis der wesentlichen Teile von Schußwaffen wird erweitert, deren Kennzeichnungspflicht wird eingeführt.
  • Erwerb und Nutzung von Schalldämpfern und Nachtsichttechnik sollen für Jäger erleichtert werden.

    Ziel der Gesetzesänderung ist es, eine effizientere Bekämpfung der überwiegend nachtaktiven Schwarzwildpopulation zu ermöglichen [1]

 

 

  1. [1] Es wird also nicht mehr gejagt, sondern es soll bekämpft werden. Dem werde ich mich weiter verweigern.
Bild Flintenlaufgeschoss

Umsetzung EU-Feuerwaffenrichtlinie

Referentenentwurf zum 3. WaffRÄndG und Verordnung

Der Gesetzgeber hat auf die Änderung der EU-Feuerwaffenrichtlinie reagiert und das Bundesministerium des Innern … hat einen Referentenentwurf vorgelegt.

Die Verbände hatten kaum Zeit erhalten [1], um zu reagieren und haben trotzdem teilweise hervorragende Arbeit geleistet. Schauen Sie sich an, was Ihr Verband zu den Änderungsvorschlägen zu sagen hat.

Wir haben Ihnen einen kleinen Wegweiser durch den Vorschriftendschungel zur Verfügung gestellt und einige Stellungnahmen herausgegriffen.

Dokumente zur Feuerwaffenrichtlinie

Die wesentlichen Punkte der Änderung auf Grund der EU-Richtlinie betreffen die Bedürfnisprüfung bei Sportschützen, die Registrierung von Vorderladerwaffen, die Kennzeichnung wesentlicher Waffenteile, das Verbot größerer Magazine und verschärfte Aufzeichnungspflichten für den Handel. Damit sind in erster Linie Händler und Hersteller sowie Sportschützen betroffen. Dies ist aber deutlich zu kurz gegriffen.

Es geht um viel Geld für alle Waffenbesitzer

Der erhebliche neu entstehende Aufwand bei den Händlern und Herstellern wird natürlich auf die Kunden umgelegt werden. Der VDB schätzt in der oben verlinkten Stellungnahme Kosten für die Büchsenmacher und Händler für die meldepflichtigen Reparaturen, etc. auf 8,1 Millionen € pro Jahr für die Bürger [2]

Alleine als Mehraufwand fallen im Fachhandel durch die eingebrachten Meldeanlässe bei Reparaturen, Kommission oder Verwahrung pro Fall (2 Meldungen) zwischen 50 € und 100 € Verwaltungskosten an, die an den Endverbraucher
weiterberechnet werden.

Der VDB weist auf die beachtlichen Kosten der erstmaligen Erfassung des Datenbestandes hin:

Dies bedeutet, dass bei einem geschätzten Waffen(teile)bestand von 1,9 Mio. Stück einmalige Erfassungskosten i.H.v. mindestens 38 Mio EUR anfallen werden (15 Minuten Zeitbedarf/Stück bei 80,- € kalkulatorischem Stundensatz)

Diese Kosten werden die Unternehmen nur zu einem Teil auffangen können und den Rest auf die Kunden umlegen.

Deko – Waffen

prolegal hat für die Verpflichtung, sogenannte Deko-Waffen künftig bei den Behörden anmelden zu müssen und eine Erlaubnis einzuholen, ein schönes Beispiel gebracht:

Allein die Tatsache, dass deaktivierte und damit unbrauchbar gemachte Schusswaffen unsinnigerweise der Kategorie C zugeordnet werden und damit einer WBK-Pflicht und Registrierung unterliegen, ist ein Vorgang, der hier in Deutschland nahezu einmalig ist. Man kann es in ungefähr damit vergleichen, als müssten Technikmuseen und Oldtimer-Sammler ihre Museumsstücke beim Straßenverkehrsamt anmelden, komplett mit Steuern, Versicherung, TÜV usw.

 

Das Waffenrecht gehört zu den Kernkompetenzen unserer Kanzlei. Wir halten Sie auf dem Laufenden mit unserem Waffenrechtsblog.

Hier können Sie die Online-Petition gegen den Entwurf unterstützen:

 

  1. [1]man gewährte den Verbänden 2 Wochen Zeit
  2. [2] Bei aktuell 5.400.000 Waffen/-teilen im NWR (in Privatbesitz) und einer jährlichen Reparatur-/Kommission-/Verwahrrate von nur 2 % (108.000 Stück) und angenommenen Kosten i.H.v. 75,- € ergibt dies einen Mehraufwand von jährlich 8,1 Mio. EUR für die Bürgerinnen und Bürger.