Wolf im Westen – Wolf im Osten
[singlepic id=60 w=250 h=200 float=left]Es kommt offenbar darauf an, wo Sie einen Wolf strecken. In den alten oder in den neuen Bundesländern? Oder spielt es gar eine Rolle, ob Sie Jäger oder Polizist sind?
Wir berichteten letztes Jahr über einehn Jäger, dem seine Tierliebe zum Verhängnis wurde: Wolf und Recht
Der Mann wurde mit 50 Tagessätzen und der Einziehung seiner Waffe bestraft, da er einen tödlich verletzten Wolf mit einem gezielten Schuß von seinen Qualen erlösen wollte. Das Landgericht Lüneburg hat die Entscheidung bestätigt: LG Lüneburg v. 23.10.2010 – 29 Ns 16/10 –
In Brandenburg sieht man das anders. Auf der B 169 bei Sedlitz ist ein Leitwolf angefahren und schwer verletzt worden. Die von der Polizei herbeigerufenen Jäger wurden von den Beamten aufgefordert, das Tier von seinen Qualen zu erlösen. Als sie dieser Aufforderung nicht nachkamen, schließlich wollten sie nicht bestraft werden und ihren Jagdschein verlieren, griff ein Polizeibeamter zu seiner Dienstwaffe und tat das ethisch einzig Richtige: Ein Held!
Das setzte aber richtigerweise eine Diskussion in Gang.
Der Gnadenschuss für den Sender-Wolf Rolf aus einer Dienstwaffe der Polizei ist umstritten. Jäger behaupten, der Vollzugsbedienstete hätte den bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 169 bei Sedlitz schwer verletzten Rudelführer nicht töten dürfen. Jeder Weidmann stünde schon vor dem Kadi.
Quelle: Lausitzer Rundschau 21.01.2011
Unterstützung erhält unser Held von zuständiger Stelle aus dem Ministerium:
Das Naturschutzgesetz sieht einen Fall, wie den des verunfallten Wolfes Rolf konkret nicht vor. Trotzdem ist die Sachlage klar, so Ekkehard Kluge, zuständig für den Artenschutz im Brandenburger Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (MUGV).
Denn: Die Vorschriften des Tierschutzes bleiben in einem Sonderfall wie diesem unberührt, erläutert er. »Ist offensichtlich, dass ein Tier tödlich verletzt ist, darf ein Polizist als Amtsperson im Vollzug eigenständig die Entscheidung zum Gebrauch seiner Dienstwaffe treffen, um das Tier von unnötigen Leiden und Schmerzen zu befreien – auch wenn das Tier einen besonderen Schutz genießt«, sagt der Ministeriumsmitarbeiter. Die Ordnungshüter hätten an einem Unfallort diese besonderen Befugnisse, ohne dass dies für den Wolf speziell geregelt sein müsse.
…
Dem für die Polizei zuständigen Innenministerium ist bereits versichert worden, dass die Rechtmäßigkeit des Handelns des Vollzugsbediensteten nicht angezweifelt wird, erklärt Artenschutzexperte Ekkehard Kluge.
Quelle: Lausitzer Rundschau 12.02.2011
Hervorhebuungen durch den Verfasser
Nun studiere ich schon so lange Recht, auch das Jagdrecht, aber aus welchen Vorschriften sich wohl diese besonderen Befugnisse des Ordnungshüters am Unfallort ergeben, das weiß ich nicht. Wie immer: Ich lerne gerne dazu. Nutzen Sie die Kommentarfunktion und machen uns schlau.
Wegen dieses Beitrags habe ich schon so manchen Abend gegrübelt. Ein paar Vorschläge.
1. Differenzierung Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes. Nur wenn eine Amtsperson in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen eingreift, bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage. Die ist expressis legis jedenfalls nicht ersichtlich. Ansonsten gilt der Vorrang des Gesetzes. Hier könnte das TierSchG im Weg stehen. Aber sämtliche Normen des TierSchG sind im
Zusammenhang mit der Generalklausel des § 1 teleologisch auszulegen. Ein schwer verletztes
Tier zu erlösen ist ja wohl ein vernünftiger Grund i. S. d. Norm. Bleibt vielleicht noch das
Jagdrecht als entgegenstehendes Rechtsgut. Wölfe sind aber keine jagdbaren Tiere (oder?).
Fraglich ist nur, weshalb zum Teufel das LG Lüneburg den Jäger verurteilte (Entscheidung ist
unter diesem AZ nicht einzusehen). Denn ein Jäger wird ja wohl besser wissen, wie er das
verletzte Tier erlöst als ein Polizist.
2. Bejaht man den Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes bedarf es wiederum der Ermächtigungsgrundlage. Diese kann dann nur noch in der allgemeinen polizeirechtlichen Generalklausel zu erkennen sein. Fraglich ist jedoch, welches Rechtsgut hier gefährdet ist. Ich ziehe mal kurz an den Haaren des Propheten: Art. 20a GG (ach bin ich froh, daß ich am anderen Ende der Stadt sitze und mir jetzt keine einfangen kann *lol*)…
der Wolf sollte zum Tierarzt daraus schließen wir das der Tierfreund seine Entscheidung
falsch getroffen hat.
@ Daniel: Ich bin gerade wieder über diesen Artikel „gestolpert“. Das Bundesnaturschutzgesetz macht den Wolf zur besonders und streng geschützten Art und geht dem Tierschutzgesetz vor. Die Tötung eines Exemplars der Gattung ist strafbar. Auch für den Polizisten.