Wenn die Kammer nicht gehorcht
So ganz theoretisch ist die Überlegung nicht: Was passiert wenn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Gesetz oder Satzung nicht beachtet, insbesondere die der Rechtsanwaltskammer übertragenen Aufgaben nicht erfüllt?
Beispielsweise, weil die Mehrheit der Vorstandsmitglieder ihre politischen Ansichten durchsetzen möchte, die sich mit der Gesetzes- bzw. Satzungslage nicht in Übereinstimmung bringen läßt?
§ 62 BRAO bestimmt, daß die Landesjustizverwaltung die Staatsaufsicht über die Rechtsanwaltskammern führt. Dies ist reine Rechtsaufsicht, keine Fachaufsicht, die nur zu berücksichtigen hat, ob Gesetz und Satzung beachtet sind. In Ermessensentscheidungen darf die Staatsaufsicht nicht eingreifen, es sei denn, die Entscheidung ist ermessensfehlerhaft.
Als Eingriffsinstrumentarium stehen ihr neben dem unpraktikablem Weg über § 112f BRAO die landesrechtlich geregelten Aufsichtsmittel zur Verfügung. In Berlin ist das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz – AZG einschlägig, dessen § 28 für die Staatsaufsicht u.a. bestimmt:
(4) Die Aufsicht führt die zuständige Senatsverwaltung oder, wenn es in der Rechtsgrundlage bestimmt ist, das zuständige Bezirksamt. Die Aufsichtsbehörde kann sich der Aufsichtsmittel der §§ 10 bis 13 bedienen.
(5) Wenn und solange die Aufsichtsmittel der §§ 10 bis 13 nicht ausreichen,
kann die Aufsichtsbehörde Beauftragte bestellen, die einzelne oder alle Befugnisse
der Organe der Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ausüben.
§§ 10 bis 13 umfassen das Informationsrecht, Aufhebungsrecht, Anweisungsrecht und Ersatzbeschlussfassungsrecht/Ersatzvornahme. Der Zwangskommissar des Absatz 5 ist natürlich die schärfste Form der Staatsaufsicht aber durchaus – nicht bei RA-Kammern – schon vorgekommen.
Daneben ist jedes Mitglied der Kammer berechtigt, durch den Anwaltsgerichtshof die Nichtigkeit der Beschlüsse im Wege des § 112f BRAO binnen Monatsfrist feststellen zu lassen. Durch das RA/NotModG ist seit dem 01.09.2009 insoweit eine Änderung gegenüber der früher geltenden Rechtslage eingetreten, als der Rechtsanwalt für die Zulässigkeit seines Antrages nur noch geltend machen muß, durch den Beschluß in seinen Rechten verletzt zu sein. Diese abstrakte Rechtschutzmöglichkeit soll eine Art Eigenkontrolle der Kammer durch ihre Mitglieder gewährleisten.
Lach mich schlapp. Schon mal versucht, dieses Instrument zu nutzen? Voellig laecherlich. Die Kammern sind Herrgott ohne Glauben, aber mit einer Menge Juengern. Da hilft nur hoehere Gewalt.
Vorbeugend hilft es zur Wahl zu gehen :-)