Verteidiger Anwaltsgericht
Verteidiger vor dem Anwaltsgericht
„Wer sich selbst verteidigt, hat einen Narren zum Mandanten“ behauptet ein altes Sprichwort. Im anwaltsgerichtlichen Verfahren fehlt zum einen die umfassende Kenntnis des Berufsrechts, zum anderen die professionelle Distanz zum Fall.
Das Berufsrecht der Rechtsanwälte – früher sprach man vom Standesrecht – ist nicht so ganz einfach und die zugehörige Rechtsprechung sehr verstreut veröffentlicht.
Aber was tun, wenn einem plötzlich die Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom Anwaltsgericht zugestellt wird?
Moment! Generalstaatsanwaltschaft? Tatsächlich nimmt die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht, die Generalstaatsanwaltschaft, die Aufgaben der Staatsanwaltschaft im anwaltsgerichtlichen Verfahren wahr. Die Rechtsanwaltskammer und die Generalstaatsanwaltschaft unterrichten sich gegenseitig, sobald sie den Verdacht ahndungswürdigen Verhaltens hegen.
Sobald der Rechtsanwalt Kenntnis von Ermittlungen des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer oder der Generalstaatsanwaltschaft erhält, sollte er einen berufsrechtlich versierten Verteidiger einschalten. Noch besteht hier so manches Mal die Möglichkeit, das Verfahren zur Einstellung zu bringen und sei es durch Zahlung einer Geldauflage.
Anwaltsgerichtliches Verfahren
Sofern die Schuld des Rechtsanwaltes gering ist und ein Antrag auf Einleitung des anwaltsgerichtlichen Verfahrens nicht erforderlich erscheint, kann der Vorstand der Rechtsanwaltskammer das Verhalten des Rechtsanwaltes rügen. Die Rüge also nur bei geringer Schuld; alles andere landet bei der Generalstaatsanwaltschaft
Mit Einreichung der Anschuldigungsschrift beim Anwaltsgericht wird das anwaltsgerichtliche Verfahren eingeleitet und das Anwaltsgericht muß über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anschuldigungsschrift entscheiden. Jetzt ist spätestens der Zeitpunkt erreicht, in dem ein Verteidiger vor dem Anwaltsgericht gefordert ist.
Der Kanon der Entscheidungsmöglichkeiten des Anwaltsgerichtes nach Eröffnung des Hauptverfahrens ist beschränkt. Das Urteil lautet auf
- Freisprechung,
- Verurteilung oder
- Einstellung des Verfahrens.
Die möglichen anwaltsgerichtlichen Maßnahmen gegen den Rechtsanwalt haben es in sich, § 114 BRAO:
- Verwarnung,
- Verweis,
- Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
- Verbot, auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter oder Beistand für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren tätig zu werden,
- Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft.
Da geht es unter Umständen um die berufliche Existenz.
Es gibt auch gute Besonderheiten des Verfahrens: eine Verhaftung des Rechtsanwaltes im anwaltsgerichtlichen Verfahren ist ausgeschlossen.
Die oben unter 1. – 4. beschriebenen Maßnahmen werden verhängt, wenn er schuldhaft gegen Pflichten verstößt, die in der Bundesrechtsanwaltsordnung oder der Berufsordnung für Rechtsanwälte genannt sind.
Außerhalb des Berufs liegendes Verhalten
Darüber hinaus drohen Rechtsanwälten weitere Gefahren:
Auch ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten eines Rechtsanwalts, das eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt, ist eine anwaltsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, § 113 Abs. 2 BRAO.
Das Anwaltsgericht Köln hat beispielweise eine zusätzliche berufsrechtliche Ahndung nach strafrechtlicher Verurteilung wegen Verkehrsunfallflucht verhängt, Anwaltsgericht Köln, Urteil vom 20. März 2017 – 1 AnwG 40/16 –. Eine fragliche Entscheidung. Zu Recht verweist der Kollege Burhoff darauf, daß es nicht nachvollziehbar ist, warum die Unfallflucht nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet gewesen sein soll, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Der Verteidiger vor dem Anwaltsgericht kennt die speziellen Vorschriften für das anwaltsgerichtliche Verfahren (§§ 116 – 161a BRAO) und als Strafverteidiger natürlich die ergänzend sinngemäß heranzuziehenden Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung.
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