Justitia schmuht

In Sachen Olaf Tank kann man Referendaren und jungen Kollegen Ansichten darüber vermitteln, daß Justitias Augenbinde nicht die richtige Paßform hat und ihr den verbotenen Blick gewährt – sie [1]schmuht.

Den Internetforen und verblendeten Kollegen zur Freude, den dem Recht Verpflichteten zur Mahnung eine von vielen Geschichten mit dem Mandanten Olaf Tank:

Zur Strafanzeige auf die folgende Mail mußte er erst von mir überredet werden – er behielt Recht.

Tank, du kleines Arschloch bekommst nicht einen Cent. Du kannst welche auf die Fresse kriegen. Bin innerhalb der nächsten 14 Tage in Osnabrück. Ich finde dich, wenn es sein muß.
Rheiner Landstraße 197, 49078 Osnabrück. Deutschland
..und wage es nicht noch einmal meinem Sohn eine Mahnung zu schicken.

Nun wird man mir Recht geben, daß hier mehrere Delikte verwirklicht sein können:

Der Staatsanwalt ist entsetzt und schlägt dem Beschuldigten die Einstellung des Verfahrens wegen Beleidigung gem § 153a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 100 € vor.

Als Verteidiger des Beschuldigten hätte ich das gefeiert. Der Kollege jedoch trägt vor, daß die Bezeichnung „kleines Arschloch“ für den Geschädigten angemessen ist und keine Beleidigung darstellt, daher eine Einstellung nicht in Frage kommt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft, die das Verfahren wegen Bedrohung gem. § 154a I StPO eingestellt hat, erläßt das Gericht einen Strafbefehl in Höhe von 10 Tagessätzen à 25 €, gegen den der Angeklagte Einspruch einlegen läßt mit der Begründung, den Wahrheitsbeweis antreten zu wollen (anwaltlich verteidigt!).

Zu seinem Bruttoeinkommen fügt er einen Lohnnachweis über monatlich 12.000 € bei.

Ich erklärte den Anschluß als Nebenkläger, das Gericht wies den Anschluß unanfechtbar zurück.

In der anschließenden Hauptverhandlung nimmt der Angeklagte den Einspruch zurück, was der Zustimmung der Staatsanwaltschaft bedarf.

Unabhängig von der unglaublich niedrigen Anzahl der Tagessätze ist das Bruttoeinkommen in Höhe von täglich 400 € bekannt und ein Strafbefehl mit einer Strafe von 250 € wird rechtskräftig. Ein Trinkgeld für den Angeklagten.

Wen wundert es da, daß der Mandant Zweifel hegt? Na ja, er hat es ja vorausgesagt.
(c) Bild: Walter Moers

  1. [1]Schmu, ein nur in den niedrigen Sprecharten übliches unabänderliches Wort, welches am häufigsten ohne Artikel gebraucht wird, einen Gewinn, Profit, zu bezeichnen, besonders wenn er durch Schlauheit gemacht wird.Krünitz, Oekonomische Encyclopadie
9 Kommentare
  1. Dirk Kothöfer
    Dirk Kothöfer sagte:

    – Nötigung liegt nicht vor, wenn man Schläge vorankündigt, sondern wenn man droht im Sinne von: „wenn noch ein Brief, dann Schläge“.
    – Bedrohung läge nur vor, wenn mit einem Verbrechen (ein Jahr Mindeststrafe) gedroht würde. „Welche auf die Fresse“ sind eine einfache Körperverletzung und kein Verbrechen.
    – Auch die Bezeichnung als kleines A…loch kann mit OLG Hamm (NStZ 2008, 631) zu einem Freispruch führen.
    RA Jede: Das ist ein Fehlzitat. Derartiges hat das OLG Hamm weder in dieser Entscheidung, noch in anderen Entscheidungen ausgeurteilt.
    – Dass die Nebenklage nicht zugelassen wird, war zu 100 Prozent vorhersehbar. Das steht so nämlich im Gesetz (§ 395 StPO).

    Man möchte Herrn Tank fast raten, sich einen begabteren Anwalt zu suchen.

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  2. RA Jede
    RA Jede sagte:

    Waren Sie der Verteidiger ? ;-)

    Schuster, bleib bei Deinen Leisten!

    Beleidigung und Nötigung dürfte in diesem Zusammenhang, die Mail ist komplett zitiert, wohl außer Frage stehen.

    Ich tendiere auch dazu, daß ein Bedrohung nicht naheliegend ist. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch wegen dieses Deliktes gem. § 154a StPO das Verfahren eingestellt, was zumindest einen Anfangsverdacht voraussetzt.

    Die Nebenklage bedarf keiner Zulassung.

    Die von Ihnen zitierte Norm ist tatsächlich die relevante Norm. Sie sollten sie aber auch bis zum Ende lesen. Aus der Sicht ex post hat sich die in der Norm (Abs. III) zum Ausdruck gekommene Befürchtung bestätigt. Die besonderen Interessen des Geschädigten wurden von Staatsanwaltschaft und Gericht nicht berücksichtigt.

    Sicherlich war die Entscheidung voraussehbar. Nichts anderes besagt der kleine Artikel.

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  3. klabauter
    klabauter sagte:

    Und was genau finden Sie an der Tagessatzanzahl falsch? Nur Beleidigung, nur vom Opfer wahtgenommen,keine Vorstrafe?,üblicherweise wird bei der Sachlage auf Privatklageweg verwiesen,denn 240 und 241 sind bei dem,was Sie zitieren,offensichtlich nicht gegeben.Einerseits regen Sie sich über verfolgungswütige Ritter auf,andererseits passt Ihnen eine milde Strafe bei einem banalen Allerweltsdelikt auch wieder nicht.Aber wes Brot…
    Dass der Kollege so blöd ist, bei der Lage Angaben zum Einkommen zu machen…Naja,der Sitzungsvertreter hat jedenfalls einen Haftungsfall verhindert.Habe vor kurzem von einem Referendarskollegen gehört,wie ein verteidigter Angaklagter von 40 Ts zu 50 E auf 60 a 600 kam,nachdem er eine angebotene Einspruchsrücknahme abgelehnt und dafür aber ausgiebig zum Einkommen erzählt hatte.

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  4. RA Jede
    RA Jede sagte:

    @ Klabauter:
    Ihre Erfahrungen zur Sanktionierung der Beleidigung kann ich nicht teilen. Die Nötigung scheint mir offensichtlich und die Bedrohung nicht abwegig.
    Die Tat ist nach meiner Ansicht nicht banal. Sie ist im Umfeld der öffentlichen „Diskussion“ um die Abo-Fallen und den Mandanten zu sehen. Hier besteht ein öffentliches Interesse daran, diejenigen besonders zu schützen, die in der öffentlichen Meinung keines Schutzes bedürfen. Es gab tote Ratten, Morddrohungen und dergleichen mehr. Hier muß die Justiz Einhalt gebieten. Das ist nicht mit einem fröhlich geäußertem „Arschloch, kleines“ in der Öffentlichkeit zu vergleichen.
    Gerechtigkeit erfordert Gleiches gleich zu behandeln und Ungleiches ungleich.
    Aber es ist doch schon mal ganz schön, daß ich nun die Zielscheibe Ihrer Meinung bin und nicht mehr der Mandant.

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  5. Hannah
    Hannah sagte:

    Vorneweg: Ich kenne den SV nur von dem, was ich hier lese, und bin juristisch interessiert und dennoch Laie.

    Aus der zitierten Mail kann ich jedenfalls, nicht sehen, dass die Nötigung bzw. der Versuch, *offensichtlich nicht* (wie klabauter schreibt) gegeben sei.

    Im Gegenteil: „Du kannst welche auf die Fresse kriegen“ verweist für mich klar auf die Zukunft, nicht auf bereits geschehene Gewalt. In Verbindung mit der restlichen Drohung („ich finde dich“) und „und wage es nicht noch einmal meinem Sohn eine Mahnung zu schicken“ würde sich das für mich problemlos schon nach mehr als einem Anfangsverdacht zu einem (auch strafbaren) Versuch der Nötigung lesen: Nötigung zu einer *Unterlassung*, Drohung durch Gewalt, verwerfliche Mittel-Zweck-Relation wohl offensichtlich.

    Dass die Mail vom Beschuldigten kam, sah die StA wohl als genügend erwiesen an, dass sie den Strafbefehl beantragt hat, dito den subjektiven Tb. wegen jedenfalls eines der fraglichen Straftatbestände.

    Ich frag mich andererseits schon etwas, wie man zur Bedrohung kommt. Soweit ich das verstehe, müsste dazu die Drohung schon hinreichend klar z.B. die Qualifikationsmerkmale der *schweren* KV ankündigen/androhen. Bei „dann knallt’s“ könnte man ja noch die Fantasie spielen lassen und statt an Ohrfeigen, Schläge, Schlägerei, … an Sprengstoff o.ä. denken und damit eine Drohung mit evtl. schwerer Brandstiftung oder Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sehen, womit schneller der Bereich des Verbrechens erreicht wäre. Ich selbst würde bei den Worten jedoch i.d.R. zuerst an Ohrfeigen, etc. denken.

    Anschluss zur Nebenklage richtet sich nach § 395 III StPO, da keine in I aufgezählte Tat vorliegt. Da muss ein „besonderes Interesse“ vorliegen, das ist also kein Regelfall. Das Gericht entscheidet nach § 396 II nach Anhörung der StA und des Angeschuldigten. Die Einschätzung des „besonderen Interesses“ (insbesondere durch besonders schwere Folgen der Tat) unterliegt also nicht allein der Prärogative des potentiellen Nebenklägers, sondern letztlich der Wertung des Gerichts. (Auch wenn mir als Laie solche Regelungen, wo keinerlei Rechtsmittel möglich sind, etwas gegen den Strich gehen.)

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    • RA Jede
      RA Jede sagte:

      @klabauter:

      Na dann bin ich ja beruhigt.

      Welcher Gedanke kommt Ihnen eigentlich zuerst, wenn ein Gericht es bei einer Tagessatzhöhe beläßt, die aktenkundig völlig unzutreffend ist?

      Strafgesetzbuch
      § 40 StGB Verhängung in Tagessätzen
      (1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.
      (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
      (3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.
      (4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

      Da wußte ein Richter, daß die Strafe unangemessen ist. Wenn der Staatsanwalt das nicht wußte, hätte das Gericht ihn wohl auf den Akteninhalt hinweisen müssen, bevor der Staatsanwalt der Rücknahme des Einspruchs zustimmt.

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