Selbstleseverfahren
WTF ist Selbstleseverfahren?
Im Strafprozeß müssen die Beweismittel grundsätzlich in öffentlicher Hauptverhandlung erhoben werden. Für Urkunden bedeutet das, daß sie während der Hauptverhandlung verlesen oder in Augenschein genommen werden müssen. Dies kann lästig werden.
Der Gesetzgeber hat zur Vereinfachung des Verfahrens das sogenannte Selbstleseverfahren eingeführt. § 249 Abs. 2 Satz 1 StPO bestimmt, daß die Urkunden und andere als Beweismittel dienende Schriftstücke anstatt in der Hauptverhandlung verlesen zu werden, im Selbstleseverfahren in den Prozeß eingeführt werden. Dies ist praktisch die Aufhebung des Mündlichkeitsprinzips in der Hauptverhandlung.
Bei umfangreichen Sammlungen hat sich ein sogenannter Selbstleseband eingebürgert. Die Vorsitzende läßt sämtliche zu lesenden Urkunden in einem Sonderband zusammenstellen, der den Prozeßbeteiligten übergeben wird. Die Urkunden müssen im Protokoll nach § 273 Abs. 1 Satz 1 StPO bezeichnet werden.
Zu protokollieren ist auch die nachfolgende Feststellung der Vorsitzenden, daß die Richter und Schöffen die Urkunden gelesen haben und die anderen Prozeßbeteiligten Gelegenheit hatten, vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis zu nehmen.
Auch ein solches Verfahren bietet natürlich Mißbrauchsmöglichkeiten. Man nehme alle in der Akte befindlichen Urkunden, vorzugsweise die Kontoauszüge und -Verdichtungen und packe sie in den Selbstleseband. Dann kann man sich im Urteil immer noch den einen oder anderen Auszug auspicken und zum Gegenstand der Urteilsfeststellungen machen.
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