Ohrfeige für Berliner Datenschutzbeauftragten
Berliner Verteidiger leben gefährlich. Es ist ein Skandal, und nur die Anwälte scheinen sich dafür zu interessieren:
Der Verteidiger hatte in einem Verfahren zwei Briefe zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht, die ein Zeuge an seine Hausverwaltung schrieb und trotz mehrfacher Aufforderung des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht die Auskunft darüber verweigert, wie er in den Besitz dieser Briefe gelangte.
Ich hätte die Aufforderung aus dem Hause des Herrn Dr. Dix wahrscheinlich für einen Scherz gehalten und ignoriert. Dann wäre es mir vielleicht so gegangen wie den beiden Berliner Kollegen in einer anderen Sache, zu denen er ein Rollkommando schickte. Dort forderten die Beauftragten Einsicht in sämtliche (!) Akten sowie die auf Datenverarbeitungsanlagen gespeicherten Dokumente.
Dies veranlaßte mich zu einem bitterbösen Artikel im Berliner Anwaltsblatt: Jede/Ammann Wenn der Datenschutz zweimal klingelt – neueste Trends in der staatlichen Anwaltsüberwachung (Teil 1)
Den Verteidiger im eingangs beschriebenen Fall, der sich ebenfalls auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen hatte, ereilte ein Bußgeldbescheid über 3.000 € wegen, wie es das Kammergericht im Bechluß vom 20.08.2010 – 1 Ws (B) 51/07 – süffisant ausdeutet:
einer – wie sich aus dem Gesamtzusammenhang des Bescheides ergibt – vorsätzlichen Zuwiderhandlung nach den §§ 43 Abs. 1 Nr. 10, 38 Abs. 3 Satz 1 BDSG
Quelle: KG 20.08.2010 – 1 Ws (B) 51/07
Skandalös ist, daß das Amtsgericht Tiergarten dem Datenschutzbeauftragten daraufhinweisen mußte:
Aufgrund der vorrangigen anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht kann ein RA nicht verpflichtet werden, einem Datenschutzbeauftragten mitzuteilen, wie er in den Besitz mandatsbezogener Unterlagen gekommen ist.
Quelle: BRAK-Mitteilungen 2007, 43; AG Tiergarten 05.10.2006 – 317 OWi 3235/05 –
Unglaublich aber ist, daß die Amtsanwaltschaft Berlin gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde zum Kammergericht erhoben hat, die von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin wohl unterstützt wurde, wenn ich den Hinweis auf die „Zuschrift“ Seite 6 richtig interpretiere.
Das Kammergericht stellt im Ergebnis völlig selbstverständlich fest, daß das Verhalten des Anwaltes nicht bußgeldbewehrt ist. Man kann es auch anders ausdrücken: Wäre der Anwalt der Aufforderung des Datenschutzbeauftragten nachgekommen, hätte er sich wegen der Verletzung der Privatgeheimnisse seines Mandanten, § 203 StGB, strafbar gemacht und wohl sicher seine Zulassung als Rechtsanwalt verloren. Immerhin hat der 1. Senat in großer Besetzung entschieden, da er der Sache Bedeutung zur Fortbildung des Rechtes, § 80a III OWiG, beigemessen hat.
Den Datenschutzbehörden jedenfalls ist es ernst, sie wollen die Aufsicht über die Rechtsanwälte. Weitere Einzelheiten dazu: Wenn der Datenschützer zweimal klingelt –
Neueste Entwicklung in der staatlichen Anwaltsüberwachung (Teil 2)
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