Bundesarbeitsgericht stärkt Kündigungsschutz
Ein Großbetrieb ist kein Kleinbetrieb! Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 24.01.2013 – 2 AZR 140/12 – die seit langem offene Rechtsfrage entschieden, ob Leiharbeitnehmer mitzuzählen sind, wenn es um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes geht. Sie sind mitzuzählen, wenn sie über eine längere Dauer und nicht nur zur vorübergehenden Vertretung von Stammarbeitnehmern, also in der Regel, beschäftigt werden.
Dies ist eine Stärkung der Rechte vieler Arbeitnehmer. Denn Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wonach die arbeitgeberseitige Kündigung einer sozialen Rechtfertigung durch betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe bedarf, besteht nicht für Betriebe, in denen in der Regel nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (sogenannte Kleinbetriebsklausel). Seit den Hartz-Reformen und einer damit verbundenen Förderung der Leiharbeit war bei Arbeitgebern ein Trend zu erkennen, gerade in Betrieben mittlerer Größe die Stammbelegschaft immer weiter zu verringern und mehr und mehr mit Leiharbeitnehmern zu arbeiten, auch um die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zu vermeiden und dadurch eine größere Handlungsfreiheit bei der Möglichkeit zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu erhalten.
Die bislang vorherrschende Auffassung war, dass die Leiharbeitnehmer nicht mitzuzählen seien, weil eben kein Beschäftigungsverhältnis mit dem Betriebsinhaber, sondern mit der Leiharbeitsfirma besteht. Das konnte zu der schwer verständlichen Situation führen, dass ein Arbeitnehmer der Stammbelegschaft in einem großen Betrieb mit in der Regel wesentlich mehr als zehn Beschäftigten tätig war und dennoch keinen Kündigungsschutz hatte, weil eben nicht mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer zur Stammbelegschaft gehörten und es sich im übrigen um Leiharbeitnehmer handelte.
Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr klar gestellt, dass bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Auslegung geboten ist, wonach die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in Kleinbetrieben auf kleine Betriebe beschränkt bleibt, also die tatsächliche Größe des Betriebs entscheidend ist. Dann geht es aber nicht an, auch Betriebe, in denen ständig oder bereits über einen längeren Zeitraum neben einer kleinen Stammbelegschaft eine Vielzahl von Leiharbeitnehmern z.B. als Produktionshelfer, beschäftigt werden, als Kleinbetriebe zu behandeln, mit der Folge, dass die Stammbelegschaft keinen Kündigungsschutz hätte.
Der Verfassser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in Berlin.
Im Ergebnis nur konsequent. Die Kleinbetriebsklausel soll ja gerade die kleinen und damit wirtschaftlich schwachen Betriebe schützen, bei denen ein Arbeitnehmer quasi mehr als 10% der Gesamtentgeltszahlungen verursacht. Wenn man jetzt aber regelmäßig dutzende Leiharbeiter einstellt, ist man genauso stark einzuschätzen, als wären diese regulär angestellt.