Anonyme Sachspende

Ein geheimnisvolles Jiffy trifft hier ein, an mich persönlich adressiert, ohne Absender. Es fühlt sich an wie ein Buch. Ist es auch. Pierro Calamandrei, Lob der Richter – gesungen von einem Advocaten, ich zitierte ihn bereits hier.

Schon die ersten Zeilen des 1955 veröffentlichten Buches beeindrucken:

Der Richter ist das Mensch gewordene Recht: nur von diesem Menschen kann ich im praktischen Leben jenen Schutz erwarten, den das Gesetz mir abstrakt verspricht

und wenige Seiten weiter trösten sie mich:

Du fühlt dich müde und entmutigt; deine Niederlage scheint dir unvermeidlich, und mit Bitterkeit sagst Du dir immer wieder, daß von den Richtern nichts zu erhoffen sei …Da wird das Urteil verkündet, und du erhälst die unerwartete Mitteilung, daß du gewonnen hast: trotz deiner Unterlegenheit, der Beredsamkeit des Gegners, der gefürchteten Freundschaften und der vielgerühmten Protektionen. Das sind Festtage im Leben des Anwalts: wenn er gewahr wird, daß es entscheidender als alle Mittel der Kunst und der Intrige ist, auf schlichte und bescheidene Weise recht zu haben.

Das Buch eines Anwaltes aus Überzeugung, engagiert, pathetisch und idealisiert. Ein Lehrbuch für junge und alte Anwälte mit herrlichen Schnurren aus dem Anwaltsalltag Italiens Anfang des 20. Jahrhunderts.

Welche Freude! Herzlichen Dank! Ich freue mich auf das Wochenende. Und ich werde hier ab und zu, den Kollegen zum Trost, zitieren.

4 Kommentare
  1. dpms
    dpms sagte:

    Guter Tipp. Klingt vielversprechend. Danke. Habe mir sogleich das Buch bei Amazon bestellt, all inklusive für € 4,98. Bei Amazon schreiben Sie den Vornamen mit einem „r“.

    Antworten
  2. RA Jede
    RA Jede sagte:

    Herzlichen Dank für den Hinweis. Als Dankeschön eine weitere Lesprobe:

    Ich rate jedem jungen Anwalt, wenn er einmal einen Zivilprozeß verlieren sollte, sich in der Kanzlei die Prozeßakten geben zu lassen und seine Schriftsätze sorgfältig nach Randzeichen des referierenden Richters zu durchsuchen. Oft wird er dabei auf Äußerungen stoßen, die ihm besser als die Urteilsbegründung klarmachen werden, welches die Schwachen Punkte seines Schriftsatzes waren, und welches die Argumente, die dem Berichterstatter am meisten geärgert haben; aber auch wenn er keine Zeugnisse offenen Tadels findet, wird vielleicht eine Unterstreichung oder ein bewunderndes Ausrufezeichen getreu wiedergeben, was der Richter von ihm dachte: und das wird ihm zur heilsamen Lehre dienen.

    Aus umgekehrt analogen Überlegungen heraus rate ich jedem Anwalt, niemals seine Empfindungen an den Rand einer ihm ungünstigen Urteilsbegründung zu schreiben…

    Hat sich nicht rumgesprochen, nur selten gucken die Anwälte in die Berufungsakten.

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Blog des geschätzten Kollegen Andreas Jede bin ich auf der Werk Das Lob der Richter von Calamandrei aufmerksam geworden. Noch am gleichen Tag […]

  2. […] ich da gerade auf dem Tisch habe erinnert mich an die Wochenendlektüre: Die Gerechtigkeit ist ein lebendiges Fluidum, das in den leeren Formeln der Gesetze wie das Blut […]

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert