Kleiner Waffenschein und Alkohol
Die Entscheidung erging im Fall eines Kleinen Waffenscheins, ist aber für alle Inhaber einer WBK relevant. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 30.11.2022 – 4 A 2186/20 – ein Urteil der 2. Kammer des VG Gießen aufgehoben.
Was ist passiert?
Der Kläger führte eine SRS-Waffe (Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen). Das durfte er, er war im Besitz eines Kleinen Waffenscheins.
Fatal wurde für ihn der gemessene Anteil Alkohol in der Atemluft in Höhe von 2,73 Promille. Wir berichteten bereits über einen Fall der Inhaberin einer WBK und 1,6 ‰ Atemalkohol.
VG Gießen, 2. Mai 2019, 9 K 5182/17.GI
Das VG Gießen hatte sich strikt ans Gesetz gehalten und dem Kläger den Waffenschein erhalten:
- Es ergäben sich keine Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, der Kläger werde Waffen oder Munition künftig missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren würde.
- Weder im Waffengesetz noch in der Allgemeinen Waffenverordnung oder den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften sei vorgegeben, dass eine Waffe nur nüchtern geführt werden dürfe.
- Der Gesetzgeber habe für den Fall, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass eine Person alkoholabhängig sei, in § 6 WaffG ein spezielles Verfahren für den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse vorgesehen.
- Das Gefährdungspotential von Schreckschusswaffen gegenüber „scharfen“ Waffen sei deutlich vermindert.
VGH Kassel 30.11.2022 – 4 A 2186/20
Das OVG sah dies gänzlich anders:
- Er besäße die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, da bei ihm Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehe oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werde ( § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG ).
- Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit setzt die Fähigkeit und die Bereitschaft voraus, Risiken mit dem Potential der Schädigung Dritter strikt zu vermeiden.
- Der Konsum von Alkohol führt typischerweise zur Minderung von Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit sowie zu Enthemmungen, d.h. zu Ausfallerscheinungen, die beim Schusswaffengebrauch die Gefahr der Schädigung Dritter hervorrufen (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – 6 C 30.13 –
Das BVerwG hat auf den Gebrauch der Waffe abgestellt. Der VGH Kassel meint nun, daß es auf den Gebrauch der Waffe nicht ankäme, sondern bereits das Führen der Waffe unter Alkoholeinfluß die Zuverlässigkeit entfallen läßt.
Was ist mit dem Jäger, der von seiner Frau abgeholt, die Waffe in einem Transportbehältnis verschlossen nach Hause bringt? Nach dem Schüsseltreiben und geringem Alkoholgenuß? Vorsicht: Der Teufel ist ein Eichhörnchen!
Richtig so! Wer sich dazu entscheidet, eine Schreckschusswaffe zu führen und dann damit saufen geht, der hat offenbar kein Verantwortungsbewusstsein. Und bei 2,73 Promille im Blut handelt es sich offenbar um einen harten, langjährigen Alkoholiker, denn ein Gelegenheitstrinker wäre bei dem Promillewert tot. Alkoholiker haben keine Waffenscheine zu besitzen.