Jagdsachen und LG Neuruppin

Bild: Messerschmidt-The vexed manIn Oranienburg gibt es keinen Jagdrechtler. Der Mandant kommt zu uns. Es hat geholfen, der Gegner hat die Kosten zu tragen. Wir haben die Kostenfestsetzung beantragt und das Gericht ist dem nicht gefolgt:

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beauftragung des nicht ortsansässigen Beklagtenvertreters, welcher über Spezialkenntnisse auf dem Gebiet des Jagdrechts verfügt, nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, da sich der von den Parteien als Mitgliedern einer Jagdpächtergemeinschaft geführte Rechtsstreit über Ausgleichsforderungen und andere Zahlungsansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag verhielt. Streitrelevant waren gesellschaftsrechtliche Fragestellungen und nicht jagdrechtliche.

Auf die (unstatthafte) Gegenvorstellung:

Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheint nur dann ausnahmsweise als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht beauftragt werden
kann (BGH, Beschluss vom 12.12.2002 – 1 ZB 29/02, NJW 2003, 901). Dies ist im vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall, da es im Kern um gesellschaftsrechtliche Fragestellungen ging.

Es empfiehlt sich, diese Begründung als Textbaustein zu erstellen. Mit dieser Begründung kann die Hinzuziehung eines jeden Spezialisten abgelehnt werden. Spezialist im Erbrecht? Aber wieso denn, der Erbvertrag ist doch Vertragsrecht, das lernt doch jeder Student. Spezialist im Medizinrecht? Aber wieso denn, der Arzthaftungsfall ist doch § 823 BGB, das lernt doch jeder Student, Spezialist im …

Durchsuchung aus heiterem Himmel

Das VG Ansbach, Beschluss vom 28. März 2013 – AN 15 X 13.00641 –, hat eine interessante Entscheidung getroffen, die belegt, daß das geltende Waffenrecht über ausreichende Handhabungen verfügt, um die öffentliche Sicherheit aufrecht zu erhalten.

Was war passiert? Die Ehefrau des legalen Waffenbesitzers beging Selbstmord, der Waffenbesitzer wurde in einem Nervenklinikum untergebracht.

Die Behörde wollte im Sofortvollzug die Erlaubnisse widerrufen und die erlaubnispflichtigen Waffen und die Munition sicherstellen. Eine Bekanntgabe des Bescheides sollte zugleich mit der Durchsuchung erfolgen, um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden.

Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss erlassen:

1. Dem Landratsamt … wird die Anordnung erteilt, die Wohnräume, einschließlich der Nebenräume des Antragsgegners in …, zum Zwecke der Sicherstellung der im beabsichtigten Bescheid des Landratsamts … näher bezeichneten Waffenbesitzkarten des Antragsgegners, des Europäischen Fernwaffenpasses Nr…. des Antragsgegners, der auf den Waffenbesitzkarten des Antragsgegners eingetragenen Schusswaffen sowie weiterer, auch erlaubnisfreier, Schusswaffen und Munition zu durchsuchen.

2. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt.

3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

§ 46 Abs. 4 WaffG[1] führt bisher ein Schattendasein in der nachgewiesenen Rechtsprechung.

Dieser Beschluß bestätigt wieder den ständig wiederholten Rat des Anwaltes: Sofort zum Waffenrechtsspezialisten und mit ihm das weitere Vorgehen besprechen! In Zusammenarbeit mit der Waffenrechtsbehörde hätte hier eine Lösung gefunden werden könne, die dem vom Schicksal gebeutelten Waffenbesitzer geholfen und die Sicherheit nicht beeinträchtigt hätte. Jedenfalls hätte sich eine Durchsuchung verhindern lassen.

Kaum bekannt ist, daß auch der Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition untersagt werden kann, § 41 WaffG.

  1. [1]Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen
    1.in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
    2.soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
    Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung des Betroffenen zu betreten und diese nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

Gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung

Der Kläger hat nach Ansicht der Richter ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung; bei verständiger Würdigung aller Umstände bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den zukünftigen Eintritt eines waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens des Klägers, was für die Annahme der absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausreiche. Dieser Auffassung kann man nach Lektüre des Urteils nur zustimmen, der Kläger ist ein Schwerkrimineller.

Die weiteren Ausführungen im Urteil lassen aber doch sehr zweifeln:

Zudem hat der Kläger bereits eineinhalb Jahre nach Ablauf der Bewährungszeit gezeigt,[1] dass er ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung hat. Das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen Amtsanmaßung wurde zwar in der Berufungsinstanz gemäß § 153 a Abs. 2 StPO eingestellt; damit ist aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger diese Straftat nicht begangen hat.[2]

Darüber hinaus hat der Kläger zwischen dem Besuch der Polizei bei ihm und der Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung sein Aussehen verändert und dieses Verhalten nach anfänglichem Leugnen damit begründet, dass er keinen Ärger haben wolle. Auch das ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Kläger ein erheblich gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung hat,[3] was unter Berücksichtigung der von ihm begangenen schweren Verbrechen ebenfalls gegen seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit spricht.
Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München v. 04.04.2012 – 21 ZB 12.31

  1. [1]Der Vorwurf besteht nicht darin, daß er sich innerhalb der Bewährungszeit etwas zu Schulden kommen ließ, sondern darin, daß er sich nach Ablauf der Bewährungszeit falsch verhalten haben soll. Und das schon 1 1/2 Jahre danach! Unglaublich!
  2. [2]Der Verteidiger im Waffenrecht lernt daraus wieder einmal, daß auch die schönsten Gesetze und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nichts nutzen, wenn höchste Gerichte dies negieren wollen. Die Einstellung eines Verfahrens gem. § 153a StPO widerlegt nicht die Unschuldsvermutung nach Art. 6 II Menschenrechtskonvention (BVerfG MDR 1991, 891). Solange der Beschuldigte nicht verurteilt ist, ficht für ihn die Unschuldsvermutung. Aber nicht vor dem VGHBayern!
  3. [3]Die Empörung bezieht sich wohl nicht darauf, daß er keinen Ärger haben wollte?

Wenn das SEK anklopft

So'n Pech aber auch!

So’n Pech aber auch!

bedient man sich dazu einer speziellen Ramme. Was erfahrungsgemäß der Tür nicht bekommt.

Nach unserer Erfahrung haben diese Fälle drastisch zugenommen. Die Polizei wird beauftragt, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluß zu vollstrecken und informiert sich zur Eigensicherung zuvor über das neue Zentrale Waffenregister oder direkt bei der Waffenbehörde, ob in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten mit Waffen zu rechnen ist.

Der illegale Waffenbesitzer wird freundlich aber bestimmt geweckt- wenn keine Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung ersichtlich sind.

Der legale Waffenbesitzer findet sich nach lautem Krachen flach auf dem Boden liegend und spürt die Staatsmacht auf seinem Rücken. Nicht immer, aber immer öfter. Aus Gründen der Eigensicherung der Polizeibeamten nachvollziehbar.

Wir haben aber immer wieder Ärger wegen der entstandenen Kosten. Was rät der kundige Anwalt im Waffenrecht?

Der BGH hat nun die Verhältnisse klargestellt:

Dem Vermieter einer Wohnung steht für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Durchsuchung der Wohnung im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Mieter verursacht worden sind, grundsätzlich ein Anspruch aus enteignendem Eingriff zu.
Quelle: BGH v. 14.03.2013 – III ZR 253/12

Ach ja: Meine Anfrage an das Zentrale Waffenregister wurde nach Monaten vor ein paar Wochen dahingehend beantwortet, daß die Auskunft noch geraume Zeit in Anspruch nehmen würde. Nun, seit September 2012 läuft bereits der Probebetrieb.

Jurist

Eine jede gute Tat rächt sich

JuristDer Jäger hat bei einem öffentlichen Mofa- und Mopedrennen auf seinem Gelände seine Jagdwaffe geführt und mit dieser durch das Abschießen von Schreckschußmunition zwei Mofa- und Mopedrennen gestartet.

Nette Idee und nach altem Recht ziemlich unproblematisch. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat jedoch nach neuem Recht am 28.01.2013 – 8 K 147/12 – den Entzug der Waffenbesitzkarten (WBK) bestätigt.

Die Begründung soll einer breiteren Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden:

Selbst ein in jeder Hinsicht gefahrloses Abgeben eines Startschusses ist geeignet, die Waffe und ihre Verwendung zu verharmlosen und bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Eindruck hervorzurufen, sie sei gleichsam „Teil des Spiels“. Gerade das darf eine Schusswaffe indessen niemals sein, auch wenn von ihrer Verwendung im Einzelfall keine Gefahr ausgeht. Die grundsätzliche Gefährlichkeit der Waffe wird hierdurch nicht infrage gestellt.

Daraus folge die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Jägers.

Selbstverständlich hat das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zugelassen, denn dies sei kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung. Das Gericht hat zwar knapp 2 1/2 Jahre für die Entscheidung benötigt. Das weitere Rechtsmittelverfahren kann dem Kläger natürlich im Hinblick auf die zu erwartenden Zeitabläufe vom Waffenrechtsanwalt nicht geraten werden. Aber grausen tut es mich schon.