Waffenbesitzkarte für Harpune

Die Meldung treibt mich seit ein paar Tagen um:

Ein Museum in Münster hat für eine Ausstellung über Wale eine Kanone mit einer riesigen Harpune aufgetrieben und damit gleich mehrere Behörden auf den Plan gerufen. „Obwohl die Kanone nicht mehr einsatzfähig ist, fällt sie immer noch unter das Waffenrecht“, erläuterte Ausstellungsmacher Jan Ole Kriegs.

Der Kurator beim LWL-Museum für Naturkunde musste für die 1,5 Tonnen schwere Schenkung aus Amsterdam eine Waffenbesitzkarte beantragen. Die Harpune hat ein Kaliber von 90 Millimetern…
Quelle: Welt 01.08.2012

Der Normalbürger schüttelt den Kopf, der auf das Waffenrecht spezialisierte Rechtsanwalt kann das anfangs noch ganz locker erklären: Weiterlesen

Journallie aus der Kloake

Jens Bierschwale und Claudia Ehrenstein haben in der Berliner Morgenpost vom 06.08.2012, in anderen Zeitungen des Springer-Verlages nicht unter Namensnennung und teilweise mit anderem Titel, einen Beitrag veröffentlicht, dem massiv entgegengetreten werden muß.

Drygalla spaltet die Ruderszene

Während die Funktionäre Erklärungen suchen, bestreitet die Rostockerin die Vorwürfe

Diese angebliche political correctness artet immer mehr zum Demokratieproblem aus. Nicht demokratisch legitimierte Verhaltensweisen werden massiv eingefordert, die Adressaten sind deren Protagonisten Hauptdarstellern zumeist hilflos ausgesetzt. Frau Ehrenstein, Herr Bierschwale: Mir ekelt vor Ihnen, und ich habe Angst vor Ihnen und Ihresgleichen. Mehr Angst als vor dem rechten Gesindel und dem Pack nachts in den S-Bahnen Berlins.

Ein paar Proben dieses Gossen-Journalismus (Hervorhebungen durch RA Jede):

Seit dem Wochenende gibt es Hinweise dafür, dass Drygalla mehr ist als die Freundin des NPD-Funktionärs Michael Fischer. Demnach soll sie selbst an Nazi-Demos teilgenommen und rechtspopulistische Internetseiten aufgesucht haben.

Ist Euch Schreiberlingen nicht wenigstens ‚mal ein Grundkurs „Grundgesetz“ verpaßt worden? Haben Sie aus der Geschichte nicht gelernt, wie wichtig das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit ist und mit Zähnen und Krallen gegen die Mehrheit verteidigt werden muß? Das sind Grundrechte der Minderheiten, die Mehrheit bedarf dieses Schutzes nicht, ihre Meinung und Veranstaltungen werden automatisch durch die Mehrheitsverhältnisse geschützt.

Da soll jemand rechtspopulistische Internetseiten aufgesucht haben. Was ist eine populistische, was eine rechtspopulistische Internetseite? Ich gestehe, ich mache Schlimmeres in den Augen der Mehrheit: Ich lese sogar Bücher. Bücher die verboten waren. Bücher die verbrannt wurden. Bücher die in der Bundesrepublik verboten waren (Mephisto-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes läßt sich nur verstehen wenn man das Buch auch gelesen hat).

Es ist so weit:

Die Journalistische Gosse macht dem Bürger Vorschriften, was er nicht lesen darf ohne abgewatscht zu werden.

Wichtige Hinweise hätten von den zuständigen Stellen auch erfolgen müssen, nachdem Drygalla im September 2011 ihren Polizeidienst quittierte. Eigentlich hatte sie dort ideale Voraussetzungen vorgefunden. Zudem wäre auch ihre weitere Berufsplanung nach der aktiven Sportlerkarriere abgesichert gewesen. Drygalla gab all das auf, nachdem ihre Beziehung zu Fischer ruchbar geworden war. Nur aus Liebe? Oder aber, weil sie als Polizistin in der rechten Szene kritisch beäugt wurde? Einträge auf einschlägig bekannten Internetseiten belegen, dass sich andere Rechtsextreme aufregten, wenn Fischer mit der „Polizei-Braut“ bei Treffen erschien.

Man kann in diesem Land seinen Kindern nicht empfehlen politisch aktiv zu werden. Das ist altbekannt. Man muß ihnen aber sogar ausreden, in typischerweise nicht besonders medienwirksamen Sportarten herausragende Leistungen zu erbringen. Nicht in der Familie oder im Freundeskreis müssen sie sich für ihre Freunde rechtfertigen, auch die Journallie glaubt, ein Wörtchen mitreden zu müssen.

Präsident Kaidel forderte auf der DRV-Webseite: „Förderanträge haben wir ausgesetzt, und natürlich muss man von ihr mindestens eine öffentliche Distanzierung von rechtsextremem Gedankengut erwarten. Ob sie dann eine Chance erhalten kann, werden diese Ermittlungen zeigen.“

Nun, so liest sich das am 06.08.2012 09:45 in der Pressemitteilung:

Gestern erhielt der Deutschen Ruderverband (DRV) Erkenntnisse zum privaten Umfeld der Rudererin Nadja Drygalla. Daraufhin gab es ein Gespräch zwischen DRV-Sportdirektor Mario Woldt, DOSB-Generalsekretär Dr. Michael Vesper und der Ruderin. Darin hat Frau Drygalla glaubwürdig bekräftigt, dass sie sich zu den Werten der Olympischen Charta und den in der Präambel der DOSB-Satzung niedergelegten Grundsätzen bekennt; dies ist Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in der Deutschen Olympiamannschaft und wird nicht zuletzt auch in der von ihr unterzeichneten Athletenvereinbarung festgehalten. Frau Drygalla hat am Ende unseres Gesprächs erklärt, dass sie das Olympische Dorf verlassen wird, um keine Belastung für die Olympiamannschaft entstehen zu lassen. Der Deutsche Ruderverband begrüßt diese Entscheidung.

DRV-Sportdirektor Mario Woldt: „Wir begrüßen den Schritt von Nadja, deren Wettkämpfe beendet sind. Unsere volle Konzentration gilt momentan den sportlichen Entscheidungen, die vor uns liegen.“

DRV-Vorsitzender Siegfried Kaidel: „Wir werden nach den Olympischen Spielen noch im August ein weiteres Gespräch mit Nadja Drygalla führen. Danach werden wir gemeinsam die weitere Vorgehensweise besprechen und natürlich auch kommunizieren.“

Und was sagt die Präambel des Deutschen Olympischen Sportbundes?

(6) Der DOSB bekennt sich zu einem humanistisch geprägten Menschenbild, er dient der Wahrung und Förderung der ethischen Werte im Sport und fördert das bürgerschaftliche Engagement. Er vertritt den Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Toleranz sowie parteipolitischer Neutralität. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen entschieden entgegen. Er pflegt die Verbindungen zu den großen gesellschaftlichen Gruppen, Kirchen und politischen Parteien.

Da muß man halt des lieben Friedens willen aus Olympia, für das man jahrelang gearbeitet hat, vorzeitig abreisen. Des Freundes wegen. Nicht, weil man gegen gesetztes Recht verstoßen hat.

Bahn mobbt Berlin

Ich sitze im Fernzug in Süddeutschland. Ich stöbere Im Reiseplan. Es liegt folgender Beipackzettel darin:

Bahn mobbt Berlin

…Interessant nur, dass auch nach ausführlicher Lektüre nirgends ein Halt in Berlin aufgeführt ist. Eine böse Spitze?

Konsequenterweise schreibt die Bahn, dass der Eröffnungstermin „auf unbestimmte Zeit verschoben wurde“ (lt. Flughafenbetreiber neuer Termin: 17.03.13).

Immer wird meine Heimatstadt gemobbt. Selbst von Mr. Zuverlässig-DB.

Showdown?

Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes zum Termin zur Verkündung des Urteils in Sachen „ESM/Fiskalpakt“:

Urteilsverkündung in Sachen „ESM/Fiskalpakt –
Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung“

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts wird auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2012 (siehe Pressemitteilung Nr. 47/2012 vom 2. Juli 2012) am

12. September 2012, 10.00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Amtssitz „Waldstadt“,
Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe

sein Urteil verkünden.

Ich denke, die Mitglieder des „Dritten Senates“[1] werden während der Urlaubssperre Tag und Nacht arbeiten müssen.

  1. [1]Umbach, D.C./Urban, R./Fritz, R./Böttcher, H.-E./v. Bargen, J.: Das wahre Verfassungsrecht. Zwischen Lust und Leistung – Gedächtnisschrift für F.G.Nagelmann – Baden-Baden (Nomos Verlagsgesellschaft) 1984. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Wolfgang Zeidler, einem Zwischenwort von Prof. Dr. Roman Herzog und einem Nachwort von Prof. Dr. Ernst Benda. ISBN 3-7890-1064-2. Rezensionen
    Siehe auch: Friedrich Gottlob Nagelmann

Mal wieder Opferschutz

Bild Mann wird geschlagen Der Kollege Burhoff weist in seinem Beitrag aus dem Urlaub

Änderungen/Ergänzungen des § 153a StPO – (mal wieder) Opferschutz auf eine Änderung der Rechtslage über Einstellungsmöglichkeiten im Strafverfahren hin.

Die bei ihm verlinkten Drucksachen zum Gesetzentwurf sind nicht nur für den Opferanwalt interessant!

Die Täterarbeit stellt ein wichtiges Element zur Verbesserung der Gewaltprävention und des Opferschutzes dar. Sie wird im Bereich der Bekämpfung häuslicher Gewalt als Bestandteil einer Interventionskette aufgefasst und richtet sich im Wesentlichen an Männer, die gegenüber ihren (ehemaligen) Partnerinnen gewalttätig geworden sind.

Im Rahmen strukturierter Täterprogramme sollen Verhaltens- und Wahrnehmungsänderungen auf Täterseite bewirkt werden. Ihnen soll zur Vermeidung neuerlicher Gewalttaten die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme und zur Selbstkontrolle vermittelt werden.

Ziel des Entwurfs ist die Verbesserung und Erweiterung der Möglichkeiten, Straftäter über staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Weisungen im Rahmen von Ermittlungs- bzw. Strafverfahren qualifizierten Täterprogrammen zuzuweisen und ihnen dadurch die genannten Fähigkeiten zu vermitteln.
Quelle: Gesetzentwurf Bundesrat Drucksache 17/1466

Früher, ja früher, gab es wissenschaftliche Untersuchungen oder zumindest eine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Literatur über die Sinnhaftigkeit solcher Änderungen. Hat irgendjemand evaluiert, ob die (erzwungene) Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs die Rückfallquote positiv verändert?

Der Strafverteidiger in mir stellt fest: Darauf wird es aber wohl nicht ankommen:

Der Gesetzgeber des 1. JGGÄndG ging davon aus, durch die sog. neuen ambulanten Maßnahmen (Täter-Opfer-Ausgleich, Arbeitsweisung und –auflage, Betreuungswiesung, sozialer Trainingskurs) könnten die traditionellen Sanktionen (Geldbuße, Jugendarrest, Jugendstrafe) „weitgehend“ ersetzt werden. Wie die Sanktionierungspraxis zeigt, ist diese Erwartung nicht eingetreten. Weiterhin dominieren die traditionellen ahndenden Sanktionen, jedenfalls unter den Verurteilten…
Quelle: Ambulante Sanktionen im Jugendstrafverfahren – aktuelle Konzeptionen und empirische Befunde
14 Thesen, Vortrag, gehalten auf der Fortbildungsveranstaltung des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen „Sanktionieren im Jugendstrafverfahren – ambulante Sanktionen“ am 7. November 2005 in Düsseldorf. Prof. Dr. Wolfgang Heinz Universität Konstanz

Wir haben schon oft auf diese eingenwillige Linguistik verwiesen: zuletzt – Immer nur Täterseite. Warum nicht Täterinnenseite?

Sonst gilt doch der Grundsatz der genderneutralen Sprache: „Straftäterinnen und Straftäter über staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Weisungen …“ :-)

Bild: © Benjamin Thorn/pixelio.de