Rettungsmesser und Verbote

Wieso einfach – wenn es auch kompliziert geht?

Sie haben ein sogenanntes Rettungsmesser in der Hand und wollen wissen, ob Sie das besitzen dürfen?

Ich weiß es auch nicht, schreibe aber hier auf, wie der Strafverteidiger und Waffenrechtler diese Frage systematisch prüft und zu einem Ergebnis kommt. Als Vorurteil können Sie schon einmal davon ausgehen, daß die meisten als Rettungsmesser verkauften Messer auch nicht im Auto mitgeführt werden dürfen, weil es sich um Einhandmesser handelt. Aber gehen wir systematisch vor:

 

Fragen und Antworten

 

    1. Unterliegt der Gegenstand dem Waffengesetz?Hier könnte fraglich sein, ob § 1 Abs. 2 Nr. 2b WaffG einschlägig ist:
      • Gegenstände, die schon dazu bestimmt sind die Angriffs- oder Verteidigungsfähigkeit zu beseitigen oder herabzusetzen, sind schon per se eine Waffe (§ 1 II Nr. 2a WaffG)
      • (tragbare Gegenstände) die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.

      Das Rettungsmesser ist für Rettungszwecke im Auto bestimmt. Aber natürlich ist es auch geeignet, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. Ist es auch im Waffengesetz genannt? Die Anlage 1 zum Waffengesetz hilft weiter:

      2. Tragbare Gegenstände im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b sind 2.1 Messer, 2.1.1 deren Klingen auf Knopf- oder Hebeldruck hervorschnellen und hierdurch oder beim Loslassen der Sperrvorrichtung festgestellt werden können (Springmesser), 2.1.2 deren Klingen beim Lösen einer Sperrvorrichtung durch ihre Schwerkraft oder durch eine Schleuderbewegung aus dem Griff hervorschnellen und selbsttätig oder beim Loslassen der Sperrvorrichtung festgestellt werden (Fallmesser),

      Wenn Ihr Rettungsmesser ein Spring- oder Fallmesser ist, unterliegt es dem Waffenbegriff des Waffengesetzes. Dann wird es gefährlich. Warum? Weil § 2 Abs. 3 Waffengesetz bestimmt, daß der Umgang mit den Waffen, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 aufgeführt sind, verboten ist. Zuwiderhandlungen werden hart bestraft. Sicherlich ahnen Sie das Ergebnis?

      1.4.1 Spring- und Fallmesser nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1.1 und 2.1.2. Hiervon ausgenommen sind Springmesser, wenn die Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge –höchstens 8,5 cm lang ist und –nicht zweiseitig geschliffen ist;

      Also ein Zwischenergebnis für die Messer, die nicht schon dazu bestimmt sind, als Waffe zu dienen:

      • Nur Fall- und Springmesser erfüllen den Waffenbegriff des Waffengesetzes
      • Fallmesser – ganz pfui = verbotener Gegenstand!
      • Springmesser nur dann nicht verboten, wenn höchstens 8,5 cm lang (incl. Fehlschärfe gemessen!) und nicht zweiseitig geschliffen, man darf sie besitzen.

Wenn es kein Spring- oder Fallmesser ist, ist es aber immer noch nicht ungefährlich – wie die zweite Frage zeigt:

  1. Darf ich ein Rettungsmesser mit mir im Auto führen, wenn es kein Spring- oder Fallmesser ist? Das Waffengesetz bestimmt in § 42a Abs. 1 Nr. 3, daß es verboten ist, Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (egal wie klein)[1] oder feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm zu führen, das heißt, die tatsächliche Gewalt außerhalb der Wohnung, etc. auszuüben. Wieder ein Zwischenergebnis:
    • Im Auto nur feststehende Messer mit Klingenlänge bis zu 12 cm
    • Klappmesser nur dann, wenn die Klinge nicht mit einer Hand festgestellt werden kann.
  2. Herr Jede! Das kann doch nicht stimmen! Es werden doch sogar Fallmesser als Rettungsmesser verkauft! Tja, die weisen aber eine Besonderheit auf. Das Waffengesetz bestimmt in § 2 Abs. 5, daß bei bestehenden Zweifeln darüber, ob ein Gegenstand von diesem Gesetz erfaßt wird, die zuständige Behörde verbindlich entscheidet. Die zuständige Behörde ist das Bundeskriminalamt (BKA), das am 28.08.2003 entschied, daß ein Messer kein Messer, sondern ein Werkzeug ist, wenn:

bka feststellung_rettungsmesser

Da das BKA verbindlich festgestellt hat, daß die oben beschriebenen Messer keine Messer, sondern Werkzeuge sind, dürfen sie von jedermann geführt werden. Denn das BKA hat gesagt: Ein Rettungsmesser mit den Merkmalen 1-6 ist kein Messer, sondern ein Werkzeug. So ist dann nun mal. Manchmal geht das BKA dann aber doch zu weit :-) [2] Wenn Sie sicher gehen wollen, daß es keinen Ärger gibt: Führen Sie nur Rettungsmesser im Auto mit, die die Merkmale des oben abgebildeten Bescheides erfüllen (Bild anklicken, dann wird es in Originalgröße dargestellt). Ansonsten sollten Sie gleich mit den Polizeibeamten vorort argumentieren, daß es sich nicht um ein Messer, sondern um eine Werkzeug handelt. Das Mitführen des nicht erlaubten Messers kann theoretisch als Ordnungswidrigkeit gem. § 53 I Nr. 21a WaffG mit bis zu 10.000 € geahndet werden. Sprechen Sie darüber mal mit Ihrem Abgeordneten! Uns sind Bußgeldbescheide in der Höhe von ca. 200€ bekannt geworden. Nur mal so, nur um zu kontrollieren, ob Sie aufgepaßt haben:

    • Dürfen Sie ein Rettungsmesser mit den beschriebenen Merkmalen (keine Spitze, etc. etc.) im Auto führen, wenn es eine feststehende Klinge mit einer Länge von 13 cm hat?

Für die ganz Gewieften:

  • Dürfen Sie ein Rettungsmesser mit den beschriebenen Merkmalen im Auto führen, das ein Springmesser mit einer Klingenlänge von 18 cm ist?
  • Dürfen Sie ein Rettungsmesser mit den beschriebenen Merkmalen im Auto führen, das ein Fallmesser mit einer Klingenläge von 13 cm ist?

 

  1. [1] Dazu hier mehr: Jetzt reichts!
  2. [2] Beispielsweise, als es entschieden hat, daß eine Jagdlampe ein verbotener Gegenstand sei. Das war dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) denn doch zu viel, siehe unseren Beitrag: BKA im Streit um Jagdlampe unterlegen

Nachtreten

Bitte sehen Sie mir das Nachtreten nach!

Umgekehrt wird das Erziehungsrecht der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten sind abzuwarten, ob sich der Knabe später, wenn er mündig ist, selbst für die Beschneidung als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam entscheidet …
Urteil LG Köln v. 07.05.2012 – 151 Ns 169/11

Ich höre dieses Argument auch häufig gegen die Kindertaufe.

Vielleicht können wir Verteidiger den Sinngehalt dieses Argumentes auch in Jugendstrafsachen verwenden:

  • Die Eltern des Angeklagten lehrten ihn nicht den Unterschied zwischen Gut und Böse, er sollte sich selbst entscheiden – wenn er strafmündig ist!
  • Das Verhalten des Angeklagten offenbart keine schädlichen Neigungen, es ist das Ergebnis der Entscheidung seiner Eltern, ihn nicht zu erziehen, sondern ihm die Umwelt zu erläutern.

© Bild: Frank Hollenbach/pixelio

Berlin, 25. Juli 2016

Nachdem die „Lichtenberger Heimatfront 18“ im Jahre 2014 mehrere Anschläge mit diversen Op-fern in Berlin verübte, wurde deren „Führer“, Dennis M., festgenommen. Wie die „TAZ“ später exklusiv berichtete, konnte seine fehlende Aussagebereitschaft durch eine intensive Unterhaltung mit 3 Albanern, darunter ein V-Mann des VerfSchutzes, überwunden werden. Alle übrigen Mitglieder der „Heimatfront“ wurden daraufhin inhaftiert und zu langjährigen Freiheitstrafen verurteilt.

Der die intensive Unterhaltung per Live-Übertragung beaufsichtigende Oberstaatsanwalt B. sowie der von ihm hinzugezogene Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses, Oberst Dr. med. H., wurden anschließend vom LG Berlin verwarnt.

Unmittelbar nach dieser Gerichtsentscheidung trat heute die Berliner Justizsenatorin Annemarie-Luise Blumhöpfler-Kalldaunberger (parteilos) vor die Presse und erklärte, dass in großem Respekt vor der Unabhängigkeit der Gerichte eine Stellungnahme zu dem Verfahren gegen den über die Grenzen Berlins hinaus hoch angesehenen Oberstaatsanwaltes nicht erfolge. Zugleich stellte sie die neue „Berliner Rechtspraxis“ vor: so genannte „intensive Unterhaltungen“ mit Untersuchungsgefangenen werden ab sofort nicht mehr strafrechtlich verfolgt, wenn zuvor vom „Amt für Zivilschutz und Menschenrechte“ eine

  1. schriftliche,
  2. vom Behördenleiter persönlich unterzeichnete und
  3. gesiegelte Bestätigung vorgelegt wurde, wonach
  4. Informationen benötigt werden, um weitere Anschläge auszuschließen und sonstige Ermittlungen eine gleichschnelle Informationsbeschaffung nicht mit Sicherheit erwarten lassen.

Die Senatorin wies darauf hin, dass es eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit sei, „intensive Unterhaltungen“ nur zu führen, wenn diese Bestätigung nicht älter als fünf Werktage sei.

Frau Blumhöpfler-Kalldaunberger zeigte sich vom Erfolg der neuen „Berliner Rechtspraxis“ überzeugt: „Wehrhafte Demokratie beweist sich in Taten, nicht in juristischen Theoriedebatten. Berlin zeigt einmal mehr: wir sind eine tolerante und weltoffene Stadt, in der alle Menschen friedlich miteinander leben können“.

Die RAK Berlin (K.d.ö.R.) erklärte heute auf mehrfaches Nachfragen, man nehme „in ständiger Verwaltungspraxis zu staatlichen Eingriffen in strafrechtliche Verfahren nicht Stellung“. Weiter hieß es, dass die „besonnene und zielführende Reaktion“ der Senatorin begrüßt werde. Man verwies dabei auf die juristische Lehre, wonach es „…sich im Einzelfall ergeben (kann), dass die Androhung oder Zufügung körperlichen Übels, die sonstige Überwindung willentlicher Steuerung oder die Ausforschung unwillkürlicher Vorgänge wegen der auf Lebensrettung gerichteten Finalität (Zielrichtung, RM) eben nicht den Würdeanspruch verletzen.“ (Herdegen, in: Maunz-Dürig-Herzog, Kommentar zum GG, 2003, Artikel 1 Abs. 1 Rz. 45). Wie die Kammer betonte, sei demnach „nicht zweifelsfrei auszuschließen“, in besonderen Einzelfällen die Androhung oder die Vollziehung von Folter als gerechtfertigt einzustufen.

Senator von einem anderen Stern?

So finde ich den Nordstern Der Regierende Bürgermeister und die von ihm ernannten Mitglieder des Senats leisten vor dem Abgeordnetenhaus folgenden Eid:

Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.
§ 4 SenG(Gesetz)

Pressemitteilung Nr. 49/2012 vom 05.09.2012:

Berlins Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Thomas Heilmann (CDU), hat heute die Berliner Rechtspraxis zum Umgang Weiterlesen

Gedanken für die neue Woche 3

Die Zeugenbelehrung nach dem Recht der Israeliten:

„Es sind nicht Vermuthungen, oder das was ein öffentliches Gerücht Dir sagte, wonach wir Dich fragen; denke daran, daß große Verantwortlichkeit auf Dich falle, daß die Sache, die uns beschäftigt, nicht wie eine Geldsache ist, wo sich der Schaden ersetzen läßt! Veranlaßt Du, daß der Beklagte unschuldig verurtheilt wird, so wird sein Blut und das Blut seiner Nachkommen, deren Du die Erde beraubtest, über Dich kommen. Gott wird Rechenschaft von Dir fordern, wie er sie von Kain verlangte um das Blut Abel’s – Sprich.“ [1]

  1. [1]Geschichte der Mosaischen Institutionen und des jüdischen Volks von J. Salvador. Nach der zweiten Ausgabe aus dem Französischen übersetzt für Gelehrte und Gebildete aller Stände von Dr. Essener, Erster Band, Hamburg 1856, bei Hoffmann und Campe.