Gedanken für die neue Woche 6

Sollte ich bestimmen, was ich persönlich unter Religiosität verstehe, so würde ich sagen: sie ist Aufmerksamkeit und Gehorsam; Aufmerksamkeit auf innere Veränderungen der Welt, auf den Wechsel im Bilde der Wahrheit und des Rechten; Gehorsam, der nicht säumt, Leben und Wirklichkeit diesen Veränderungen, diesem Wechsel anzupassen und so dem Geiste gerecht zu werden. In Sünde leben heißt gegen den Geist leben, aus Unaufmerksamkeit und Ungehorsam am Veralteten, Rückständigen festhalten und fortfahren, darin zu leben.

Die ›Gottessorge‹ ist die Besorgnis, das, was einmal das Rechte war, es aber nicht mehr ist, noch immer für das Rechte zu halten und ihm anachronistischerweise nachzuleben; sie ist das fromme Feingefühl für das Verworfene, Veraltete, innerlich Überschrittene, das unmöglich, skandalös oder, in der Sprache Israels, ein ›Greuel‹ geworden ist. Sie ist das intelligente Lauschen auf das, was der Weltgeist will, auf die neue Wahrheit und Notwendigkeit, und ein besonderer, religiöser Begriff der Dummheit ergibt sich dabei: die Gottesdummheit, die diese Sorge nicht kennt oder ihr so täppisch Rechnung trägt wie das geschwisterliche Elternpaar Potiphars, das die Mannheit des Sohnes dem Lichte opfert. Ein Gottesdummkopf ist Laban, der noch glaubt, sein Söhnchen schlachten und im Fundament seines Hauses beisetzen zu sollen, was einmal ganz segensreich war, aber aufgehört hat, es zu sein. Das eigentliche und ursprüngliche Opfer war Menschenopfer. Wann kam der Augenblick, wo es zum Greuel und zur Dummheit wurde? Die Genesis hält ihn fest, diesen Augenblick, im Bilde des verwehrten Isaak-Opfers, der Substituierung des Tieres. Hier löst sich ein in Gott fortgeschrittener Mensch von überständigem Brauch, von dem, worüber Gott mit uns hinauswill und schon hinaus ist. Frömmigkeit ist eine Art Klugheit, sie ist Gottesklugheit.
[1]

  1. [1]Thomas Mann, „Joseph und seine Brüder“, Ein Vortrag (aus „Thomas Mann: Rede und Antwort“) S. Fischer, 1984

Ihr könnt mir alles nehmen – nur nicht meine Vorurteile!

Dass ich den nun von der Verteidigung am Ende des letzten Termins erstmals benannten Zeugen mit der Ladung eine Mehrfertigung der Verteidigerschriftsätze mitübersandt habe, beruht darauf, dass diese Zeugen durchgängig eine (oder gar mehrere) Aussagegenehmigung(en) benötigen. Da ich- eben aus Beschleunigungsgründen-die Zeugen darum gebeten habe, ob sie sich vielleicht auf die Schnelle selbst darum kümmern, damit sie nicht vergeblich anreisen, benötigten sie dafür dann aber auch das Beweisthema. Schon nach dem Stand bzw. dem Beruf dieser Zeugen bin ich davon ausgegangen, dass diese sich in ihrer Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben dadurch nicht werden in irgendeiner Weise beeinflussen lassen

Aus der dienstlichen Äußerung eines abgelehnten Richters, der den von der Verteidigung benannten Zeugen sowohl die vollständige Anklageschrift als auch den Beweisantrag der Verteidigung zur Vorbereitung der Vernehmung übersandte. Einem Zeugen der Staatsanwaltschaft verweigerte er zuvor auf ausdrückliche Nachfrage des Zeugen, dem die Namen der Angeklagten so gar nichts sagten, auch nur die Mitteilung des Beweisthemas mit dem Hinweis, derartiges sähe die Strafprozessordnung nicht vor.

Der Zeuge der Staatsanwaltschaft ist Volljurist und Justitiar bei einem bekannten deutschen Unternehmen, die von der Verteidigung benannten Zeugen sind Beamte.

Was meinen Sie, ist ein Richter befangen, der den Zeugen den Beweisantrag der Verteidigung und die Anklageschrift mitteilt und meint, Beamte würden sich aufgrund ihres Standes und ihres Berufes dadurch nicht in ihrer Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben in irgendeiner Weise beeinflussen lassen?

Nur ein Witz am Rande: Einer der Zeugen ist Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und berichtete, daß die Unterlagen aufgrund des Datenschutzes vernichtet wurden, der andere berief sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, da eine Antwort ihn der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen würde, § 55 StPO.

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Update 21.11.2012

Es ist schon erstaunlich: Die Ergebnisse wurden massiv manipuliert. Allerdings ausschließlich bei der Antwort „Natürlich nicht!“

Wir haben alle Antworten gelöscht, die mit einer anonymen IP-Adresse unterwegs waren. Trotzdem ist die Anzahl derjenigen, die „Natürlich nicht!“ angekreuzt haben nicht korrekt wiedergeben, 4 Antworten stammen von der selben IP-Adresse. Ich habe es trotzdem so gelassen – vielleicht hat ja die gesamte Familie des Richters abgestimmt ;-)

Die Anzahl der Wähler und die Prozentangaben sind unzutreffend, siehe unten die Kommentar.

Das will ich nicht

Ich kann meine Unzufriedenheit mit dieser Entscheidung nur schwer unterdrücken. Das will ich nicht verstehen, und ich kann mir vorstellen, dass es auch die Ermittler frustriert.

Zur Entscheidung eines Berliner Haftrichters, einen Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge aufgrund des Geständnisses, seiner sozial-familiären Bindungen und des Vorlebens des Täters auszusetzen.

Herr Innensenator Henkel (CDU), da es in Ihrem Mitarbeiterstab anscheinend niemanden gibt, der Ihnen die gesetzlichen Haftgründe erklärt und Ihnen offensichtlich die Professionalität der Mitarbeiter der Mordkommission unbekannt ist, mein Einkaufstip: T-Shirt

Watschn vom Anwaltsgerichtshof

ANWALTSGERICHTSHOF
Beschluss
II AGH 9/12
ln der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache
des Rechtsanwalts Andreas Jede

gegen
die Rechtsanwaltskammer Berlin

hat der II. Senat des Anwaltsgerichtshofs Berlin durch die Richterin XY als Berichterstatterin am 12. Oktober 2012 beschlossen:

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Streitgegenstandes wird endgültig auf 25.000,– Euro festgesetzt.

 

Gründe:

Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Zwar hat die Beklagte ihren beanstandeten Beschluss vom 14.Juni 2012 aufgehoben und dadurch zu der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache beigetragen. Es lässt sich jedoch bereits nicht ohne eingehende Prüfung entscheiden, ob die Klage überhaupt zulässig gewesen ist. ln einem solchen Fall ist es nicht Aufgabe der Kostenentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO, die Erfolgsaussichten der Klage abschließend zu prüfen und im Einzelnen darzulegen, zu welcher abschließenden Entscheidung der Anwaltsgerichtshof in einem – wie vorliegend – rechtlich nicht eindeutigen Streitfall ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich gekommen wäre. Es entspricht bei einer solchen Lage dem im ersten Halbsatz des § 161 Abs. 2 VwGO zum Maßstab für die Kostenentscheidung erklärten billigen Ermessen, die Kosten des Verfahrens entsprechend dem in § 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufgestellten Grundsatz gegeneinander aufzuheben (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO 13. Aufl., § 161 Rdn. 16; Kopp/Schenke, \;wGO 1 R. Aufl., § 161 Rdn. 17 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 1 BRAO in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG. Da es sich vorliegend um die Klage eines Mitglieds des Vorstands der Beklagten gegen die Beklagte gehandelt hat, ist bei objektiver Beurteilung von einer erheblichen Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger auszugehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 158 Abs. 2VwGO, 194 Abs. 3 Satz 1 BRAO).

Richterin XY

  1. Es gehört sich für ein Vorstandsmitglied nicht, gegen seine Kammer zu klagen.
  2. Wenn er auch noch Recht hat und der Vorstand das erst aufgrund der Klage erkennt, tritt Regel Nr. 1 in Kraft.
  3. Wenn der Vorstand den angefochtenen Bescheid aufhebt, gilt Regel Nr. 4:
  4. Verstöße gegen Regel Nr. 1 werden mit einem Bußgeld in Höhe der halben Gerichtskosten bestraft.
  5. Damit der Delinquent Bescheid weiß, wird als Streitwert derselbe Streitwert die Hälfte[1] wie beim Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft angesetzt.

Eine Erläuterung des Satzes

Da es sich vorliegend um die Klage eines Mitglieds des Vorstands der Beklagten gegen die Beklagte gehandelt hat, ist bei objektiver Beurteilung von einer erheblichen Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger auszugehen.

hätte mich ja doch interessiert. Auf den ersten, zweiten und dritten Blick erschließt sich die Behauptung nicht. Seit wann ist die Parteienstellung streitwertbegründend?

  1. [1]Danke für den Hinweis Le D

Gedanken für die neue Woche 5

„So viel Teil an der Macht, als genug ist, gab ich dem Volke,
nahm an Berechtigung ihm nichts, noch gewährt‘ ich zu viel.
Für die Gewaltigen auch und die reicher Begüterten sorgt‘ ich,
dass man ihr Ansehen nicht schädige wider Gebühr.
Also stand ich mit mächtigem Schild und schützte sie beide,
doch vor beiden zugleich schützt‘ ich das heilige Recht.[1]

  1. [1] Solon, * wohl um 640 v. Chr. in Athen; † vermutlich um 560 v. Chr. Zitiert nach Wikipedia