Lassen Sie sich nicht blitzen und falls doch, lassen Sie sich nicht bestrafen

… zumindest nicht, ohne die Richtigkeit und Verwertbarkeit der Feststellungen des vorgeworfenen Verkehrsverstosses nachprüfen zu lassen.

Wir haben erst kürzlich ein Urteil erstritten, in dem das Amtsgericht Herford erhebliche Zweifel an dem Messverfahren Poliscan Speed geäußert und den Betroffenen freigesprochen hat  (Urteil des Amtsgericht Herford vom 28.01.2013 -11 Owi-502 Js 3146/12 – 1107/12). Das Gericht stellte fest, dass das Messverfahren Poliscan Speed in Bezug auf die gerichtliche Verwertbarkeit deutliche Schwächen hat und deshalb nicht akzeptiert werden kann. Dies gilt insbesondere in Hinsicht auf die Zuordnung des sogenannten Messrahmens zu dem Fahrzeug, das auf dem Messfoto abgebildet ist, z.B. auf einer Autobahn mit drei Spuren bei nebeneinander fahrenden Fahrzeugen. Die Zuordnung des Messrahmens im Messfoto ist nicht der Eichung unterlegen.

In einem beachtenswerten Bemühen um Einzelfallgerechtigkeit hat der Bußgeldrichter dabei deutliche Worte zu dem Verhalten des Herstellers des Messgerätes gefunden. Die Herstellerfirma ist nämlich regelmäßig nicht bereit, sämtliche Messdaten des Messvorganges zur Verfügung zu stellen, so dass Verkehrssachverständige nicht die Möglichkeit haben, die Messdaten zu überprüfen.  Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei Poliscan Speed letztlich um eine Blackbox, die es Verkehrssachverständigem und Bußgeldrichter nicht ermöglicht, das Messverfahren nachzuvollziehen und zu überprüfen. Bei Akzeptanz eines solchen Messverfahrens wäre eine private Herstellerfirma in der Lage, einem Bußgeldrichter das Beweisergebnis mehr oder weniger vorzuschreiben. Der Bußgeldrichter würde zu einem Verurteilungsautomaten herabsinken.

Dies fügt sich in die auf dem 51. Verkehrsgerichtstag in Goslar im Januar 2013 bekanntgewordenen und von Verkehrssachverständigen vertretenen Einschätzungen ein, wonach 1/4 bis 1/3 aller Geschwindikgeitsmessungen erweislich Messfehler aufweisen oder nicht gerichtsfest sind.

BGH deckt Schlamperei

Der Kollege Vetter hat auf einen interessanten Beschluss des 7. Senates des BGH aufmerksam gemacht: Eine Frage der Auslegung.

Eine Frage der Auslegung? Nein, eine Frage der Ehre, der juristischen Ehre!

Was war passiert? Weiterlesen

Zeit ist Geld

Wer kennt es nicht, eine lange Flugreise mit sagenhafter Verspätung und die Airline will dennoch keine Entschädigung zahlen? Es käme nur auf eine Abflugzeitverspätung an oder man hafte nicht für einen verpassten Anschlussflug.

Damit ist jetzt Schluss! Der Europäische Gerichtshof hat in erfreulicher Eindeutigkeit mit seinem Urteil vom 26. Februar 2013 in der Rechtssache C -11/11 klargestellt, dass es nur darauf ankommt, ob man den Zielort des letzten Fluges auf dem Flugschein mit einer Verspätung von mindestens 3 Stunden erreicht.

Ist das der Fall und kann sich das Luftfahrtunternehmen nicht mit außergewöhnlichen Umständen entlasten, hat es eine Ausgleichszahlung in Höhe von in der Regel

  • 250 € bei Flügen mit einer Entfernung von bis zu 1.500 km bzw.
  • 400 € bei allen innergemeinschaftlichen Flügen mit einer Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km und
  • 600 € bei allen sonstigen Flügen zu zahlen.

Es ist für die Airlines übrigens nicht einfach, sich mit außergewöhnlichen Umständen zu entlasten. Sie müssten hierfür nachweisen, dass die außergewöhnlichen Umstände tatsächlich nicht zu beherrschen waren. Das gelingt den Fluggesellschaften meist nicht, weil es oftmals nur Kostengründe sind, die dazu führen, dass z.B. bei einem technischen Defekt oder einer Verspätung des vorherigen Fluges eine Ersatzmaschine oder Ersatzbesatzung nicht bereit steht.

Mal sehen, was sich die Airlines in Zukunft so alles einfallen lassen, um nicht die Entschädigungen zahlen zu müssen. Kein Verkauf mehr von Flügen mit Anschlussflügen, sondern nur noch von Einzelflügen oder Angebote von geringen Sofortentschädigungen gegen Unterzeichnung von Abgeltungserklärungen?

Aber bleiben wir optimistisch und freuen uns über das verbraucherfreundliche Urteil des EuGH.

 

Die ganze Welt schaut auf eine Möwe

Oder haben Sie auf den Schornstein der Sixtinischen Kapelle geblickt, auf dem sich die Möwe zum Vergnügen der Zuschauer gesetzt hatte und Spuren hinterließ?

Ansonsten bin ich wieder frustriert von der Berichterstattung in den Medien, die sich durch dummes Geschwätz und Unwissenheit auszeichnet. Den Journalisten ist das A & O unbekannt, selbst im auf ihr Metier übertragenen Sinne. Sollte ein Journalist nicht wissen: „Wer „a“ sagt, muß auch „b“ sagen!“? Stundenlang wurde man von den Schlagzeilen „Franziskus I.“ belästigt, bis sich sogar der Vatikan am späten Abend zur Nachhilfe veranlaßt sah und darauf verwies, daß es in Ermangelung eines Franziskus II. noch keinen „I.“ gäbe.

Die ganze Welt geht davon aus, daß der Papst den Namen Franziskus mit Bezug auf Franz von Assisi wählte – so jedenfalls die ununterbrochene Nachrichtenschwemme. Das deutschsprachige Heiligenlexikon weist 15 Einträge des Namens „Franziskus“ nach. Franziskus selbst gab keinen Hinweis auf die Gründe seiner Namenswahl:

Annuntio vobis gaudium magnum;
habemus Papam:

Eminentissimum ac Reverendissimum Dominum,
Dominum Georgium Marium
Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalem Bergoglio
qui sibi nomen imposuit Franciscum
Quelle:Vatican.va

Am nächsten Tag kommt über alle Sender, auch die Tagesschau, die Nachricht, daß sich der Papst bei Maria, wie bereits auf der Benediktionslogia angekündigt, für seine Wahl bedankt habe und zeigt ein Video. Der Katholik reibt sich die Augen: Der Papst bedankt sich für seine Wahl? Ich habe doch den Segen und die kurze Ansprache aufmerksam am Bildschirm verfolgt, und erinnere mich noch über mein Erstaunen anläßlich der auf das Bistum Rom fokussierten Worte des Papstes:

Fratelli e sorelle, vi lascio. Grazie tante dell’accoglienza. Pregate per me e a presto! Ci vediamo presto: domani voglio andare a pregare la Madonna, perché custodisca tutta Roma. Buona notte e buon riposo!
Quelle: Vatican.va

und in der amtlichen Übersetzung liest sich das so:

Brüder und Schwestern, ich verabschiede mich von euch. Vielen Dank für den Empfang. Betet für mich und bis bald! Wir sehen uns bald: Morgen möchte ich die Mutter Gottes aufsuchen und sie bitten, ganz Rom zu beschützen. Gute Nacht und angenehme Ruhe.

Nix Dank für die Wahl.

Interessanter sind schon die mitgeteilten Glückwünsche, beispielsweise

„Herzlichen Glückwunsch an Jorge Mario Bergoglio zur überraschenden Wahl als Papst. Wir wünschen dem neuen Oberhaupt der Katholischen Kirche Kraft, Glück und Gesundheit für sein neues Amt“, schreiben die Vorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir und Claudia Roth. „Die Hoffnungen der Katholikinnen und Katholiken und vieler anderer Menschen in aller Welt ruhen auf ihm. Mit seinem Amt trägt der neue Papst aus Argentinien große Verantwortung für soziale Gerechtigkeit, für den Erhalt der Schöpfung und für Frieden und Dialog zwischen den Religionen, Kulturen und Staaten.“
Quelle: Welt.de

Dem 265. Nachfolger des Heiligen Petrus, der nach katholischem Verständnis der Stellvertreter Christi ist, wird Glück gewünscht! Und genau genommen auch das nicht. Die Glückwünsche sind nicht an den ehemaligen Erzbischof und Kardinal oder dem Papst Franziskus adressiert, sondern gelten dem Jorge Mario Bergoglio.

Wenn die Presse wenigstens mitgeteilt hätte, welcher Art die Möwe angehört.

Wenn ich das richtig sehe, war es eine Mittelmeemöwe, Larus michahellis.

Vorstandswahlen RAK Berlin

I want You!Es kommt für die Berliner Anwälte immer überraschend: Jedes Jahr am ersten Mittwoch des Monats März findet die Kammerversammlung der Rechtsanwälte statt. Dieses Jahr fällt der Termin auf den 06.03.2013.

Dieses Jahr ist einiges anders als sonst. Etliche Vorstandsmitglieder kandidieren nicht erneut, bisher stellen sich 31 Rechtsanwälte zur Wahl, jedenfalls haben sich 31 Kollegen auf der Seite der Kammer vorgestellt: Selbstdarstellung der Kandidaten zur Kammerwahl der RAK Berlin am 06.03.2013.

Das wird eine sehr lange Sitzung werden.

Aber schon die Selbstdarstellungen sind interessant. Einer der Kollegen berühmt sich beispielsweise:

Der Vorschlag der Rechtsanwaltskammer, mich für eine Kandidatur zur diesjährigen Vorstandswahl zur Verfügung zu stellen, hat mich sehr gefreut.

Nun, die Rechtsanwaltskammer ist, wie man unschwer dem Gesetz, der BRAO, entnehmen kann, eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts. Wer mag ihn da vorgeschlagen haben? Das Gesetz bestimmt drei Organe der Rechtsanwaltskammer: Den Vorstand, das Präsidium und die Versammlung der Kammer. Ich kann Ihnen versichern, daß keines der Organe ihn vorgeschlagen hat. Eine Bitte zur Stellungnahme hat der Kollege bisher nicht beantwortet.

Ich will aber gerne mitteilen, welche Kandidaten ich sicherlich unterstützen werde:

Und damit dieser Beitrag nicht ein reiner Insider bleibt: Ich unterstütze demgemäß nicht die Wiederwahl aller Vorstandsmitglieder oder ehemaliger Vorstandsmitglieder.

Bild © Jorma-Bork/pixelio