Ups: Kündigung des Mietvertrages wegen Verzug des Jobcenters…

Beziehern von ALG II oder – im aktuellen Jargon – den Kunden des Jobcenters werden Leistung für den Bedarf von Unterkunft und Heizung gewährt.

Ob die Auszahlung direkt an den Kunden oder den Vermieter erfolgt orientiert sich an § 22 VII SGB II. Hier heißt es in Satz 2:

„Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. „

Mit der Frage, ob der Kunde des Jobcenters in Verzug gerät, falls die Zahlung durch das Jobcenter „nicht sichergestellt“ ist und der Vermieter dem Kunden nunmehr die Wohnung kündigt, durfte sich in der Berufungsinstanz das LG Berlin (Urteil vom LG Berlin, Urteil vom 24. Juli 2014, 67 S 94/14) beschäftigen.

In dem entschiedenen Fall hatte das Jobcenter aufgrund eines Fehlers die Zahlung zweier Monatsmieten vergessen. Der Kunde und Mieter erhielt hiervon erst mit Zustellung der Klageschrift Kenntnis.

Das Amtsgericht Mitte (Urteil vom 11. Februar 2014, Az: 5 C 596/12) fand die Kündigung durch den Vermieter aus wichtigem Grund (§ 543 II S.1 Nr. 3 b BGB) in Ordnung und rechnete den Verzug des Jobcenters dem Kunden zu.

Hiervon hielt das Landgericht weniger.

Es entschied, dass der Mieter und Kunde des Jobcenters erst in Verzug gerät, wenn er das Ausbleiben von Zahlungen des Jobcenters gekannt hatte oder hätte kennen müssen.

Für die Nachfrage des Mieters beim Jobcenter, um die Gründe für das Ausbleiben der Mietzahlung(en) zu ergründen oder diese zu veranlassen, hält das Landgericht eine Frist von mindestens einem Monat für notwendig. Erst danach gerate der Mieter mit der Zahlung der Miete in Verzug.

Die Leitsätze des Urteils des Landgerichtes lauten:

„1. Der Mieter gerät grundsätzlich auch dann in Zahlungsverzug, wenn die vom JobCenter für den Mieter an den Vermieter unmittelbar zu leistenden Mietzahlungen aufgrund eines Versehens des Jobcenters ausbleiben.

2. Solange der Mieter keine Kenntnis von einem allein vom JobCenter zu verantwortenden Ausfall der Mietzahlungen hat, befindet er sich in einem den Verzug gemäß § 286 Abs. 4 BGB ausschließenden unvermeidbaren Tatsachenirrtum.

3. Der so begründete Tatsachenirrtum entfällt erst nach Ablauf einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Frist zur Überprüfung der tatsächlichen Grundlagen der Mietschuld; im Regelfall beträgt die zur Nachfrage und Informationsgewinnung gegenüber dem JobCenter erforderliche Mindestfrist für den Mieter einen Monat.“

Rechnen Sie am kommenden Montag nicht mit uns!

Unterstellen Sie einfach, daß die Deutsche Nationalmannschaft am Sonntag den Titel holt!

In diesen Fall bleibt unsere Kanzlei am Montag, 14.07.2014, geschlossen.

Sicher ist sicher!

Ab Dienstag stehen wir Ihnen dann wieder mit Vergnügen zur Verfügung.

Nicht den restlichen Kraftstoff vergessen…

…Kraftstoff wird immer teurer, Markttransparenzstelle hin oder her.

Wer denkt darüber aber nach, wenn es zu einem unverschuldeten Unfall kommt und auf einmal das eigene Auto vollgetankt als technischer Totalschaden (nicht mehr fahrbereit und reparabel) beim Verwerter steht?

Der Verwerter freut sich, lässt den Kraftstoff ab und befeuert seine Transporter damit…

Und weiter?

Die gegnerische Haftpflichtversicherung ist ersatzpflichtig!

So das AG Solingen, Urteil vom 18. Juni 2013, 12 C 638/12:

„Der PKW hat einen sogenannten konstruktiven Totalschaden erlitten. Er wird dementsprechend nicht weiter gefahren. Insofern ist der Kraftstoff, der sich noch im Fahrzeug befand für den Kläger nutzlos und stellt eine Schadenposition dar.“

Im Vorfeld wendete die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ein, dass der Geschädigte den Kraftstoff abpumpen müsse, um seiner Schadenminderungspflicht nachzukommen (man denkt an den Spritdieb mit Schlauch im Mund und Kanister in der Hand).

Diesen Einwand fand das AG nicht sinnvoll:

„Der Kläger hat auch nicht gegen seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB verstoßen, indem er den Kraftstoff nicht abgepumpt hat. Das Abpumpen des Kraftstoffes selber hätte dem Kläger Kosten verursacht. Es kann dem Kläger als Privatperson auch nicht zugemutet werden, dass er einen entsprechenden Vorgang organisiert. Zudem ist abgepumpter und sich bereits im Tank befindlicher Kraftstoff nicht derart werthaltig wie der an der Tankstelle zur Verfügung gestellte Kraftstoff. Daher ergibt sich nicht, dass ein Abpumpen des Kraftstoffes den Schaden tatsächlich vermindert, oder ausgeschlossen hätte.“

Dementsprechend sollte diese Schadenposition bei der Abwicklung von technischen Totalschäden nicht außer acht gelassen werden. Wichtig, den Sachverständigen bei Gutachtenerstellung den Tankinhalt schätzen und im Gutachten aufführen zu lassen.

Das freut nicht nur den Geschädigten, sondern auch die Haftpflichtversicherung ;)

Urlaub? Dann pack die Badehose ein…

…und eine Warnweste!

Seit 01.Juli 2014 besteht die Pflicht zum Mitführen im privaten PKW.

Wörtlich: Das EGVP macht wirklich Spaß

Neulich in einer Sitzung des Berliner Amtsgerichts L:

[…]

Richterin:

„Herr Rechtsanwalt, leider waren Ihrem Schriftsatz die Anlagen nicht beigefügt. Ich habe aber dem EGVP Protokoll entnommen, dass sie bei Gericht eingegangen sind. Wenn es für das Urteil auf die Anlagen ankommt, werde ich den Hinweis geben, dass Sie die Anlagen erneut versenden.“

Ich:

„Sie sollten lieber mit Ihrer Geschäftsstelle sprechen!“

Protokollführerin:

*schüttelt Kopf und grinst*

Ich:

„Oder mit den Wachtmeistern…“

Richterin:

„Besser Sie schicken es nochmal.“

ich:

„Dann schicken wir es gerne nochmal [kurze Pause] per EGVP.“

Richterin:

*langes Gesicht*

Klageerhebung bei einem süddeutschen Landgericht:

17.06.:

Kontrolle, ob das ausgewählte Landgericht am EGVP System teilnimmt

„Hurra, eines von 5 (!) teilnehmenden Gerichten in diesem süddeutschen Flächenland erwischt!“

Klageschrift per EGVP gesendet, Eingang auf Server bestätigt!

„Alles paletti!“

19.06.:

EGVP-Software zeigt immer noch das rote Ausrufungszeichen, d.h. der Empfänger hat die Nachricht noch nicht abgeholt.

„Vielleicht die Pfingstferien in dem Bundesland oder Fronleichnam?“

24.06.:

Immer noch nicht abgeholt! Anruf beim Landgericht: Zentrale versucht, mich mit dem zuständigen Wachtmeister zu verbinden – *lustige Musik* – Zentrale:

„Der meldet sich gerade nicht.“ *das erklärt einiges…* „Ich werde ihm wegen des EGVP Bescheid geben. Zur Sicherheit gebe ich Ihnen seine Durchwahl“ *mmmh*

5 Minuten später ist das Ausrufungszeichen weg.

*Hurra*

Ausblick:

Im Kern bleibt zu hoffen, dass man das EGVP seitens der Gerichte bis zum 01.01.2022 im Griff hat. Zu diesem Datum tritt nämlich § 130d ZPO in Kraft:

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln.Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

Wobei das zugrunde liegende Änderungsgesetz ironischer weise „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ heißt…