Strafverteidiger arbeiten manchmal auch nachts und an Feiertagen. Polizisten auch!
Am 30. April abends kommt bei uns Alarmstimmung auf. Ein geplanter Polizeieinsatz am 04.05.2014 08:00 Uhr, also dem darauffolgenden Montag. Wir wollen die Polizeibeamten auf ein paar Besonderheiten hinweisen, die diese für ihren Einsatz dringend benötigen. Keine wirkliche Herausforderung?
Beim Polizeipräsidenten Brandenburg gibt es die Fachdirektion Landeskriminalamt mit dem Referat Zentrale Ermittlungen, die sind u.a. für organisierte und schwere Kriminalität, verdeckte Ermittlungen etc. zuständig und sitzen in Eberswalde. Die Daten der Dienststelle sind bekannt: Service Brandenburg
Anruf per Telephon führt zum Ergebnis: Kein Klingelzeichen.
Heute wieder probiert. Selbes Ergebnis.
Ist ja nicht schlimm. Da wird es ja jemanden in der Vermittlung geben, der die richtige Faxnummer kennt und herausgibt.
Telefon: 03334 388-0: Anruf führt zu dieser Ansage:
Polizeipräsidium Land Brandenburg. Diese Rufnummer ist nicht mehr besetzt. Bitte melden Sie sich in polizeilichen Angelegenheiten bei Ihrer zuständigen Polizeidirektion oder in Notfällen …
Auch in der Zentrale des Polizeipräsidiums des Landes erfolgt die identische Ansage.
Es hat mir überhaupt nicht gefallen. Statt 45 Minuten saß ich über 2 Stunden in überfüllten stinkenden Zügen der BVG und damit ging es mir noch besser als vielen anderen Bahnkunden.
Was mir noch weniger gefällt sind die Berichte mancher Zeitungen und Stammtischparolen. „Wir werden zu Geiseln gemacht!“
Diesem Pöbel ist die Bundesregierung gefolgt und hat ein Gesetz auf den Weg gebracht. Ein Einheitsgesetz. Das Tarifeinheitsgesetz, von dem DIE LINKE behauptet:
Der vorliegende Entwurf des Tarifeinheitsgesetzes (Bundestagsdrucksache 18/4062)[1]
ist Verfassungsbruch mit Ansage.
Genauer: Eingriff in das Streikrecht, Grundrecht des Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz.
Den Damen und Herren der Bundesregierung gefällt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht, das am 7. Juli 2010 – 4 AZR 549/08 – den Grundsatz der Tarifeinheit gekippt hat.
Wir beschweren uns darüber, daß jemand sein Recht wahrnimmt und reagieren mit einer Änderung des Rechts?
Vielleicht gefällt den Damen und Herren auch ein anderes Grundrecht nicht, das Ihnen oder mir sehr wichtig ist? Beispielsweise das Recht, unsere Meinung zu äußern? Oder das Recht, jederzeit das Bundesverfassungsgericht um Hilfe anzuflehen?
Völlig abwegig?
Mitnichten! Manchen Damen und Herren aus der Politikerkaste gefällt auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nur dann, wenn es mit ihren Meinungen konform geht.
Zugegeben, das ist bei mir auch so. Es gibt nicht wenige Entscheidungen des BVerfG, die mir nicht gefallen und einige, die ich für unvertretbar halte.
Aber deswegen in die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichtes eingreifen?
Natürlich nicht! Oder doch?
Sogar der protokollarisch zweithöchste Mann in unserem Staatswesen, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), plädierte für eine Grundgesetzänderung, um den Einfluss der Richter einzudämmen [2].
Heute gelesen. Paßt wie die Faust aufs Auge:
Der Wähler als Konsument hat heute kein wirkliches Interesse an der Politik, an der aktiven Gestaltung der Gemeinschaft. Er ist weder gewillt noch fähig zum gemeinsamen, politischen Handeln. Er reagiert nur passiv auf die Politik, indem er nörgelt, sich beschwert, genauso wie der Konsument gegenüber den Waren oder Dienstleistungen, die ihm nicht gefallen. Auch die Politiker und Parteien folgen dieser Logik des Konsums. Sie haben zu „liefern“. Damit verkommen sie selbst zu Lieferanten, der die Wähler als Konsumenten oder Kunden zufriedenzustellen hat.
Byung-Chul Han, Psychopolitik – Neoliberalismus und die neuen Machttechniken, ISBN 978-3100022035
Vor mehr als zwei Jahren hatte ich schon aus Han, Transparenzgesellschaft, zitiert: Gedanken für die neue Woche 9. In der „Psychopolitik“ bringt er es wieder auf den Punkt:
Eine totale Konformität ist eine weitere Folge des Transparenz-Dispositivs. Zur Ökonomie der Transparenz gehört es, Abweichungen zu unterdrücken. Die Totalvernetzung und Totalkommunikation wirkt schon als solche einebnend. Sie erzeugt einen Effekt der Konformität, als würde jeder jeden überwachen und zwar vor jeder Überwachung und Steuerung durch Geheimdienste. Heute findet die Überwachung auch ohne Überwachung statt.
[1] Den aktuellen Stand des Gesetzgebungsverfahrens finden Sie: hier!↩
Da findet sich einiges in der Entscheidung, das ich Ihnen nicht vorenthalten will:
Nach Kenntnis der Kammer gilt beim Auswahlverfahren der Richter – natürlich auch der Verwaltungsrichter – das Leistungsprinzip, also das Prinzip der Bestenauslese. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die einen gegenteiligen Schluss zulassen.
Quelle: AGH Köln 10 EV 255/11 v. 06.11.2014
Wenn es denn darauf ankam, warum hat die Kammer nicht dargelegt, warum sie diese besondere Sachkunde besitzt?
Ist es nicht allgemeinkundig [1], daß dort an den Richtertischen nicht immer die Besten sitzen?
Die Richterin ist sogar beleidigt worden. Nun ist das in deutschen Gerichtssälen nichts besonderes. Aber! Ein Rechtsanwalt schreibt:
Die Richterin hat diese Art, „staatstragend“ zu sein, offenbar aber so sehr internalisiert, dass sie wahrscheinlich schon gar nicht verstehen würde, wie sie auch anders hätte entscheiden können“
Unerhört! Eine Beleidigung! Ein Referendar mit rudimentären Kenntnissen im Äußerungsrecht würde sich erstaunt die Augen reiben:
Er hat der Richterin – wie die Rechtsanwaltskammer ausführt – die notwendigen intellektuellen Fähigkeiten abgesprochen, um ihren Richterberuf unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien ausüben zu können.
Dadurch, dass der Rechtsanwalt erklärte, die Richterin sei nicht in der Lage, auf der Grundlage von Recht und Gesetz zu entscheiden, hat er sie in ihrer Person geschmäht.
Über diese zwei Sätze kann man lange nachdenken – und grinsen :-)
Die Entscheidung läßt eine Auseinandersetzung mit der Meinungsfreiheit nicht erkennen.
Das Bundesverfassungsgericht würde wohl nur einen Textbaustein verwenden:
Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind (vgl. BVerfGE 85, 1 <14> ).
Quelle: Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11
Schneid hat er, der Herr Kollege! Die Äußerungen machte er gegenüber seinem Mandanten und schickte eine Kopie an das Verwaltungsgericht. Die Richterin muß sich wohl bei der Kammer beschwert haben, und die staatstragenden Damen und Herren Vorstandsmitglieder der Rechtsanwaltskammer Köln waren derart empört, daß sie einstimmig (21!) die Rüge bestätigten.
Ich will ‚mal hoffen, daß die Richter nicht nüchtern waren.
[1]Allgemeinkundig ist eine Tatsache wenn sie einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder für diese ohne weiteres zuverlässig wahrnehmbar ist, wie z.B. historische Ereignisse, Tag und Nacht, Entfernungen, Börsenkurse etc.↩
https://www.drschmitz.de/wp-content/uploads/2008/08/logo_g.gif00Andreas Jedehttps://www.drschmitz.de/wp-content/uploads/2008/08/logo_g.gifAndreas Jede2015-04-15 08:54:452015-04-15 08:54:45War die Kammer nüchtern?
Wir konnten gestern dem Landgericht Berlin – Dienststelle Tegeler Weg – keine Schriftsätze auf dem Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs zustellen und sind dem natürlich nachgegangen. Auf der Seite des EGVP war keine Meldung über eine Störung zu verzeichnen. Soeben erreichte uns diese Mail des Betreibers:
… für das Landgericht Berlin, Tegeler Weg ist das Zertifikat abgelaufen. Das Gericht wurde informiert, das Postfach sollte bald wieder erreichbar sein.
Typisch für die Verwaltung, insbesondere die Berliner Verwaltung, sind die Sprüche. Der Berliner Staatssekretär am 27.05.2010:
Ich halte es für erforderlich, dass die Nachfrage nach elektronischen Kommunikationsformen auf Seiten der Anwaltschaft durch ein entsprechendes gesetzgeberisches Handeln deutlich gesteigert wird. An der Einführung einer Verpflichtung, die vorhandenen Möglichkeiten elektronischer Kommunikation auch zu nutzen, führt meines Erachtens kein Weg vorbei.
Quelle: Hauspostille 01.06.2010 Der dort angeführte Beleg weist das Zitat nicht mehr nach. Der Redetext ist auch nicht mehr auffindbar.
Wer auf die Website des Landgerichtes guckt, wird heute, 14.04.2015 mit folgender Meldung verschreckt:
Hinweis zum Bearbeitungsstand der Eingangsregistratur
Wegen des hohen Verfahrensaufkommens zum Jahreswechsel muss mit längeren Bearbeitungszeiten gerechnet werden.
Nein, das ist kein Versehen, da hat nicht jemand vergessen, den Text rauszunehmen. Justiz ist in Berlin so unwichtig, da braucht es keine vernünftige Personalausstattung. Was einem die Richter und Staatsanwälte so erzählen – keineswegs hinter vorgehaltener Hand – läßt nur einen Schluß zu: Der Stillstand der Rechtspflege ist absehbar.
Und so kann man auch das abgelaufene Zertifikat einordnen: EGVP wird von den Mitarbeitern gehaßt. Es macht zusätzliche Arbeit. Denn nachdem alles so klasse elektronisch, natürlich hochgesichert, übermittelt wurde, wird es in der Poststelle mit allen Anlagen ausgedruckt und zur Geschäftsstelle gebracht. Alle Vorteile, die das System hätte, werden nicht genutzt.
Um Ihnen ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern bzw. darauf zuzugreifen. Wenn Sie diesen Technologien zustimmen, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn Sie Ihre Zustimmung nicht erteilen oder zurückziehen, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Der Zugriff oder die technische Speicherung ist unbedingt für den rechtmäßigen Zweck erforderlich, um die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Abonnenten oder Nutzer ausdrücklich angefordert wurde, oder für den alleinigen Zweck der Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz.
Preferences
The technical storage or access is necessary for the legitimate purpose of storing preferences that are not requested by the subscriber or user.
Statistiken
The technical storage or access that is used exclusively for statistical purposes.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Aufforderung, die freiwillige Zustimmung Ihres Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht zu Ihrer Identifizierung verwendet werden.
Marketing
The technical storage or access is required to create user profiles to send advertising, or to track the user on a website or across several websites for similar marketing purposes.