Zielfahndung

binoculars-918821_640Selbst für den Strafverteidiger ist eine Zielfahndungsakte selten und daher faszinierend.

An die Akte der Zielfahnder kommt man wohl nur in den seltensten Fällen. Aber die Staatsanwaltschaft sammelt ab und an den Schriftverkehr mit den Zielfahndern und die ergangenen Beschlüsse in einem separaten Heft, genannt Zielfahndung.

Gutmenschen aufgepaßt, die Ihr nichts zu befürchten habt!

Trau, schau, wem!

Ein bislang ehrenwerter Bürger, welch ein Verbrecher – so jedenfalls die Vorwürfe der Anklage – hat sich seiner Verhaftung und damit auch der Verhandlung entzogen. Abermillionen soll er hinterzogen haben. Vor der Steuer. Umsatzsteuer – Der Fachmann ahnt worum es geht.

„Wir kriegen sie alle.“

Die besonders schlimmen Finger läßt man von Zielfahndern suchen. Und, wirklich, die sind gut, die Teams.

Jahrelang, das ist keine Seltenheit, suchen sie den Beschuldigten-Angeschuldigten-Angeklagten-Verurteilten.

Die Liste der abgehörten Telephonanschlüsse liest wich wie das Who is Who. Keiner von denen ahnt, daß er abgehört wurde. Einige sind sogar dauerhaft observiert worden. Warum? Sie waren mit dem Täter (z.T. eng) befreundet.

Also, liebe Gutmenschen, die ihr nichts zu befürchten habt: Fragt Eure Freunde, ob der Einhaltung ihrer Steuerpflichten. Oder ob sie vielleicht sexuelle Neigungen haben, die …

Der Richter unterschreibt die erforderlichen Beschlüsse, schließlich sind die gesetzlichen Erfordernisse erfüllt. Wenn der Zielfahnder mit seiner überlegenen Sachkenntnis schreibt, daß man anders nicht an die Zielperson gelangt, ist das halt so.

§ 100a StPO Telekommunikationsüberwachung

(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

3. die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

4. aus dem Asylgesetz:
a) Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3, …

BVerfG kippt Sozietätsverbot zw. Rechtsanwälten, Ärzten und Apothekern

Das Bundesverfassungsgericht läßt vom Berufsrecht der Rechtsanwälte nicht mehr viel übrig. Soeben wurde die Entscheidung

Verbot der Partnerschaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern ist verfassungswidrig

Beschluss vom 12. Januar 2016 1 BvL 6/13 bekannt.

Die alten Sünden rächen sich. Das BVerfG begründet die Entscheidung im Wesentlichen mit dem Argument

Der mit dem Sozietätsverbot verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ist unverhältnismäßig. Denn der Gesetzgeber hat den Zusammenschluss von Rechtsanwälten mit anderen Berufsgruppen – insbesondere mit Patentanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – in einer Partnerschaftsgesellschaft zugelassen. Im Vergleich hierzu birgt eine interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern keine so wesentlichen zusätzlichen Risiken für die Einhaltung der anwaltlichen Berufspflichten, dass dies eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigte.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 6/2016 vom 2. Februar 2016

Ein weiterer Schritt zur völligen Freigabe des Berufes ist getan.

Wir müssen einen neuen Beruf erfinden. Den des Anwalts. Mit ganz altmodischen Regeln. Am besten so, wie wir von Dr. Schmitz & Partner es seit Jahrzehnten machen. Komme was da wolle.

Der tägliche Irrsinn

  • Wenn wir an Gerichte oder andere Behörden schreiben, verwenden wir deren Aktzenzeichen.

    Ist es wirklich zu viel verlangt, in an uns gerichtete Schreiben unser Aktenzeichen aufzunehmen? Ist das Unterlassen Absicht, Bosheit oder Dummheit? Habe ich eine Variante vergessen?

  • Heute geht ein größerer vierstelliger Geldbetrag auf einem der Konten ein.
    • Auftraggeber: Landeshauptkasse Berlin
    • Verwendungszweck Zeile 1: 87HL000/15
    • Verwendungszweck Zeile 2: 1630790007531
    • [1]

    Der Fachmann erkennt: eine Zahlung der Hinterlegungsstelle.

    Also ziemlich wahrscheinlich Fremdgeld. Wir sind verpflichtet, Fremdgeld unverzüglich auszukehren. Wenn das nicht geht, müssen wir unverzüglich das Geld auf einem Rechtsanwaltsanderkonto parken. Die Berufsordnung schreibt vor: „Dies sind in der Regel Einzelanderkonten“. Für die Einrichtung eines Einzelanderkontos müssen die Berechtigten benannt werden.

    Natürlich, wir könnten das Geld einfach zurücküberweisen. Wäre ich der Mandant, würde ich den Anwalt schwer beschimpfen.

Ein Anruf würde das sicherlich klären. Hallo, es ist einfacher den Support von Microsoft zu erreichen, als Mitarbeiter einer Berliner Justizbehörde.

Den Rest meiner Gedanken führe ich hier nicht aus. Ich würde aber gerne mit dem Vorgesetzten sprechen. Was ist das für ein Laden, wo sowas passieren kann? Ein Mitarbeiter, der allen Ernstes denkt, wenn er denkt, daß der Verwendungszweck einer Überweisung nur für die eigene Buchhaltung relevant ist?

  1. [1]Beide Daten verändert

Die Kammer würde mich vierteilen

oder lebenslang in einen der Sitzungsräume einsperren. Der Datenschutzbeauftragte der Berliner Rechtsanwaltskammer würde mich vor den Generalstaatsanwalt zerren …

Was macht eine deutsche Wirtschaftsstrafkammer straflos?

Sie schickt mir Akten in zwei Pappkartons mit DPD und obenauf wird das Anschreiben geklebt. Wie gut, daß es eine Wirtschaftsstrafsache und keine Jugendschutzsache ist.

Akten_anders

shit-in in Moabit

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Sie kennen ein sit-in?

Der Kommunarde Karl-Heinz Pawla wurde am 06. September 1968 für eine Defäkation zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt.

An sich ein höchst natürlicher Vorgang.

Der Ort war natürlich ungewöhnlich: Direkt vor dem Richtertisch.

Die Tatumstände wiederum ungewöhnlich: Aus der Akte 272-103/68 riß er acht Seiten heraus und reinigte sich damit von Anhaftungen. Keinerlei Schuldbewußtsein; lediglich der Umstand, daß er das komische Barrett auf dem Richtertisch nicht erwischt habe, ärgerte ihn.

Aus der Begründung des Urteils des Schöffengerichtes:

Am 4. September 1968 fand gegen den Angeklagten … eine Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht Tiergarten unter dem Vorsitz des Amtsgerichtsrats Loch im Kriminalgericht Moabit in Berlin statt. Nach der Vernehmung der in dieser Sache geladenen Zeugen etwa um 10.25 Uhr sagte der Angeklagte, er möchte eine Erklärung abgeben. Er begab sich daraufhin zu dem vor dem Richtertisch stehenden Zeugentisch, drehte sich mit dem Rücken zum Gericht, zog seine Hose herunter und kotete vor den Zeugentisch in den Gerichtssaal. Sodann drehte sich der Angeklagte um, ging zum Richtertisch, griff zu den auf diesem liegenden Gerichtsakten 272-103/68, riß aus diesen acht Seiten heraus und wischte sich damit das Gesäß ab, wodurch diese Aktenblätter mit Kot beschmutzt wurden. Er wollte dadurch dem Gericht, insbesondere dem Vorsitzenden Amtsgerichtsrat Loch, seine Mißachtung kundgeben.

Der Amtsgerichtspräsident als Dienstvorgesetzter hat gegen den Angeklagten wegen Beleidigung des Amtsgerichtsrats Loch Strafantrag gestellt.

Der Angeklagte gibt die Tat zu und läßt sich wie folgt ein: Er habe die „Scheiße“ konkret machen wollen. Deshalb habe er Abführtabletten eingenommen, deren Wirkung er vorher ausprobiert habe. Er ärgere sich nur, daß er das komische Barett auf dem Richtertisch nicht erwischt habe.

Hiernach hat sich der Angeklagte der Beleidigung des Amtsgerichtsrats Loch gemäß § 185 StGB in Tateinheit mit einem Vergehen nach § 133 StGB schuldig gemacht. Durch das Koten vor dem Zeugentisch hat er symbolisch den Anspruch des Gerichts und insbesondere des Gerichtsvorsitzenden Loch auf angemessene, der Würde eines Gerichts entsprechende Behandlung verletzt und dadurch seine Mißachtung bekundet (§ 185 StGB). Weiter hat er den Tatbestand eines Verwahrungsbruchs gemäß § 133 Abs. 1 StGB erfüllt … Dadurch, daß der Angeklagte acht Seiten aus dieser Akte herausriß, sich hiermit das Gesäß abwischte und diese Seiten mit seinem Kot beschmutzte, hat er die Akte beschädigt. Der Angeklagte hat auch vorsätzlich gehandelt, da er die Tatumstände kannte und wollte. Beide Taten sind wegen ihres engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs als natürliche Handlungseinheit anzusehen …

Strafschärfend fiel … ins Gewicht, daß der Angeklagte durch die Tat eine Mißachtung gegenüber den Grundregeln jeglichen menschlichen Zusammenlebens und eine derart niedere Gesinnung gezeigt hat, die einem Menschen an sich nicht zuzutrauen ist.

Strafschärfend war ferner zu werten, daß es sich bei der Tat nicht um eine sogenannte „Spontanreaktion“ gegen die vorhandene Gesellschaftsordnung gehandelt hat. Vielmehr hat der Angeklagte nach seinem eigenen Zugeständnis in der Hauptverhandlung die Tat durch Einnahme von Abführtabletten mit vorangegangener Probe zielstrebig vorbereitet … Zur Sühne und Abschreckung (konnte) nur eine empfindlichere Freiheitsstrafe den Strafzweck erreichen. Eine Gefängnisstrafe von zehn Monaten erschien schuldangemessen.

Fragen Sie mich bitte nicht, wieso ich nun gerade an diesen Vorfall gedacht habe.