Fundstücke

Für die neue Woche ein ganz beliebtes Thema aus unserer Reihe Anwaltsetiquette in loser Folge für junge Kollegen. Ab und zu auch einmal ein berufsrechtlicher Hinweis. Auf Widerspruch und Hinweise für weitere Beiträge freuen wir uns.

Kollegialität vor Gericht?

Auf den Vorwurf des älteren Kollegen an den Jungen, er habe noch nicht die nötige Erfahrung:

  • Graue Haare bekommt auch ein Esel

Kam auch nicht so gut an:

  • Ihre Eitelkeit wäre für mich leichter zu ertragen, wenn sie nicht die meine verletzt hätte

Unmißverständlich artikulierte Überlegenheit:

  • Niveau sieht nur von unten wie Arroganz aus.
  • Sie wissen gar nicht genug, um mir widersprechen zu können.
  • Es gibt juristische Zeitgenossen, deren Zeitvorrat unerschöpflich und reziprok zum Vorrat an Fachliteratur und -Wissen scheint.
  • Kommt noch ein Kollege – oder vertreten Sie?
  • Herr Vorsitzender, haben Sie in dem Schriftsatz etwas Erwiderungsfähiges entdeckt?
  • Interessanter Gesichtspunkt. Beleidigt den Intellekt – aber interessant.
  • Ich betrachte Ihr Urteil lediglich als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Berufung.
  • … Es ist ja nicht alles falsch, was Sie sagen, weil sie sich ja oft genug widersprechen.

Fachaufsichtsbeschwerde vs. Dienstaufsichtsbeschwerde

Zweifelhafte Damen Da brat mir doch einer einen Storch!

Ich habe gegen die Entscheidung eines Staatsanwaltes einer nicht so ganz kleinen Staatsanwaltschaft eine Fachaufsichtsbeschwerde erhoben und begründet.

Offensichtlich zu lang begründet, denn die Antwort des Herrn Leitenden Oberstaatsanwaltes vermittelte mir nicht den Eindruck, er habe sie gelesen. Kurz und bündig wies er meine Dienstaufsichtsbeschwerde zurück.

Ich habe eine Gegenvorstellung erhoben und unter anderem darauf verwiesen, daß ich es vorgezogen hätte, wäre die Fachaufsichtsbeschwerde von ihm persönlich bearbeitet worden. Er wies die Gegenvorstellung ebenfalls zurück und konnte sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen:

Vorsorglich weise ich ferner daraufhin, dass die aufsichtliche Prüfüng Ihrer „Fachaufsichtsbeschwerde“ durch mich erfolgt ist. Gegebenenfalls bitte ich um Erläuterung, worin ein – sich mir nicht erschließender – inhaltlicher Unterschied zwischen einer „Fach-„ und einer „Dienstaufsichtsbeschwerde“ liegen soll.

Ich mag nicht mehr. Für alle, die den Unterschied wissen möchten:

Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein formloser Rechtsbehelf, mit dem das persönliche Verhalten eines Mitarbeiters im Öffentlichen Dienst gerügt wird. Ziel der Dienstaufsichtsbeschwerde ist es, dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen ihn zu veranlassen. Eine Änderung der Sachentscheidung ist nicht das Ziel der Dienstaufsichtsbeschwerde.

Die Fachaufsichtsbeschwerde dient dazu, Fehler bei einer Verwaltungsentscheidung aufzuzeigen und eine andere Sachentscheidung zu erreichen. Das persönliche Verhalten des Mitarbeiters wird nicht in Frage gestellt. Oder anders formuliert: Eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist ein Angriff gegen die Person, eine Fachaufsichtbeschwerde wendet sich allein gegen die Entscheidung.

Der Fisch stinkt vom Kopfe her.

Der Strafverteidiger als Bittsteller

Es ist nicht auszurotten, die Angewohnheit mancher Kollegen, statt Anträge zu stellen, Bitten zu äußern.

Das haben auch schon die Behörden erkannt und sehen den Strafverteidiger als Bittsteller.

Wir beantragen, uns Akteneinsicht zu gewähren. Nicht ein Standard-Verfahren, in dem die Zeitabläufe keine besondere Rolle spielen, sondern mit vorangegangener Durchsuchung der Räume und Beschlagnahme von Wertgegenständen, also einem massiven Eingriff in die Grundrechte des Mandanten.

Und was bekommen wir als Antwort, mit dickem Siegel beglaubtigt (klicken Sie auf das Bild!)?

AE-Antwort_anonym

Im völlig verquasten Deutsch wird uns eine Frage beantwortet, die wir nicht gestellt haben. Ich will nicht wissen, ob die Akten versandt sind. Ich will die Akten!

Mein Antrag wird zum Gesuch umgedeutet. Was sagt mein Lieblingswörterbuch dazu?

d) in der neueren entwicklung wird gesuch in erster linie für diejenige form der bitte oder aufforderung gebraucht, die auf dem umständlicheren schreibverkehr beruht: haben uns auf das unterthänigste gesuch des legazionsrathes Jean Paul Friedrich Richter in Baireuth gnädigst bewogen gefunden etc. Badische verlagsprivilegien für Jean Paul Werke 1. einl. 41. und so gewöhnlich im canzleistil.

Vielleicht hat der Staatsanwalt unseren Beitrag zum Kanzleistil verinnerlicht?

Oder ist er ein schlichteres Gemüt und verwendet den Begriff wie der Duden?

Schreiben, das eine Privatperson an eine Behörde oder an jemanden mit entsprechender Befugnis richtet, um in einem bestimmten Fall eine Bewilligung oder Genehmigung zu erhalten

Kommt dem Herrn Staatsanwalt unser Antrag ungelegen, so ist das bedauerlich, stört vielleicht die Kreise, ändert aber nichts daran, daß er über den Antrag entscheiden muß und nur im gesetzlich eng geregelten Fall negativ entscheiden darf.

Darüber hinaus ist die „Vertagung“ auch nicht im Interesse der Strafverfolgunsbehörde. Ohne Akteneinsicht keine Einlassung des Beschuldigten. Und die Einlassung des Beschuldigten – zumindest wenn sie aus der Feder eines Strafverteidigers erfolgt – verkürzt das Verfahren häufig erheblich und erspart u.U. aufwendige weitere Ermittlungen.

Glaubt der Staatsanwalt tatsächlich, daß mein Mandant nach einer Durchsuchung und umfangreichen Beschlagnahmen jetzt abwarten will? Hat er sich im Baustein vergriffen und wollte die Akten eigentlich zurückfordern? Hallo! Es geht um verfahrensrechtliche Grundrechte des Beschuldigten und seines Verteidigers und nicht die Bequemlichkeit eines Staatsanwaltes und seines Apparates.

Zur Ehrenrettung: In den meisten Fällen fragt der Staatsanwalt bei uns an, ob wir abwarten wollen oder er die Akten zurückfordern soll. Und manches Mal kann man dem Mandanten dann informieren: „Warten wir noch ab, die Akten sind bei XY und es ist in Ihrem Interesse abzuwarten.“

Herr Maas – es ist doch nicht der 1. April

red-light-299710_640

Männer, die Sexdienste von Frauen in Zwangslagen nutzen, sollen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Quelle: ZEIT ONLINE 12.03.2016

Sie haben im neuen Prostitutionsgesetz daran gedacht, die Damen gesetzlich zu verpflichten, ein Schild um den Hals zu tragen: „Bin in einer Zwangslage“?

Sie haben auch schon jemanden gefunden, der Ihnen auf höchstem intellektuellen Niveau zustimmt:

Fünf Jahre Freiheitsstrafe – das macht deutlich, dass es ein schwerwiegendes Vergehen ist und kein Bagatelldelikt
Quelle: Richtig, GdP [1]

Natürlich berücksichtigt man in Ihrem Hause nicht die Bedenken der Profis, beispielsweise der Pressesprecherin des Berufsverbandes Sexarbeit:

Welche Probleme haben Sie mit dem Gesetz?

Es wird zum Beispiel eine Registrierungspflicht für Sexarbeiter vorgeschrieben. Das ist stigmatisierend und datenschutzrechtlich fragwürdig. In Bayern wird eine solche Registrierung in Datenbanken schon jetzt ohne Rechtsgrundlage praktiziert. Das führt immer wieder zu einem Zwangs-Outing vor Freunden und Bekannten, die nichts von der Arbeit der Kollegin wissen. Bei jeder Polizeikontrolle kann der Beamte sehen, ob man als Sexarbeiter registriert ist.
Quelle: Widerstand der Sexarbeiter, ZEIT ONLINE, 02.03.2016

Gibt es irgendjemanden, der das neue Gesetz gut findet (natürlich außer den Politikern)?

Einer Sprecherin des Justizministeriums zufolge soll die Neuregelung des Gesetzes dennoch zügig umgesetzt werden.

  1. [1]Ist das der, der überfallartig ein Bordell stürmt und mit der Taschenlampe guckt, ob der Kondompflicht in Bayern genüge getan ist?

POET’s Day

TGiF kenne ich, POET’s Day war mir neu:

Piss Off Early Tomorrow’s Saturday.