Mietpreisbremse v. LG Berlin für verfasssungswidrig gehalten

Höchst erstaunlich in Zeiten des Mieterschutzes: mit Hinweisbeschluss vom 14. September 2017 hatte die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin § 556d BGB (sog. Mietpreisbremse) für verfassungswidrig gehalten, seine Rechtsansicht ausführlich begründet der zunächst mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Rechtsstreit auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob die genannte Vorschrift mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Aufgrund weiteren Vortrags der Parteien kam es aber in dem zu entscheidenden Fall auf diese Frage nicht mehr an, sodass die Kammer am 19. September 2017 selbst urteilen konnte (LG Berlin 67 O 149/17):

Sie ist der Meinung, dass eine Ungleichbehandlung von Vermietern durch die Mietpreisbremse vorliege. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz habe der Gesetzgeber wesentlich Gleiches auch gleich zu behandeln. Dies sei bei der Neuregelung von § 556d BGB nicht beachtet worden, da in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Mietvertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen wird.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass die im Land Berlin erlassene Rechtsverordnung die zulässige Neuvermietung auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist jedoch bundesweit stark unterschiedlich; z. B. ist in München die ortsübliche Vergleichsmiete über 70 % höher als in Berlin. Damit habe der Gesetzgeber eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe. Außerdem läge auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da die Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine wesentlich höhere Miete als im Mietspiegel ausgewiesenen mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden – schließlich genießt die vereinbarte Miete bei Neuvermietung Bestandsschutz. Dem gegenüber würden dann diejenigen Vermieter erheblich benachteiligt, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt haben.

Diese Argumentation finde ich logisch und überzeugend; leider konnte aus formaljuristischen Gründen keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt werden – wieder einmal kann der Anwalt seinen Mandanten (Vermieter wie auch Mieter) nur mit „wenn“, „aber“ und „kommt darauf an“ beraten – schließlich könnten die anderen Mietberufungskammern des Landgerichts Berlin anders entscheiden und um bis zum Verfassungsgericht zu kommen, muss der Sachverhalt zum einen „passen“ und zum anderen braucht man einen langen Atem (sowie das nötige Kleingeld).

Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach Beleidigung des Ausbilders

Es ging durch den juristischen Blätterwald, beispielsweise bei der LTO, daß einer Referendarin die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft versagt wurde nachdem sie ihren Ausbilder beleidigt hatte.

Die Entscheidung der RAK Köln wurde vom Anwaltsgerichtshof und BGH gehalten.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dem nun einen Riegel vorgeschoben (- 1 BvR 1822/16 – v. 22.10.2017) und die Entscheidungen aufgehoben.  Die entscheidenden Bemerkungen in der Begründung:

Die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs lässt insoweit bereits eine Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Beeinträchtigung der einer Zulassung entgegenstehenden Interessen der Öffentlichkeit vermissen. Es hätte an dieser Stelle insbesondere näher ausgeführt werden müssen, dass und warum davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Zulassung als Rechtsanwältin in einer Art und Weise auftreten würde, die das Vertrauen in die Integrität der Rechtsanwaltschaft insbesondere im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege beinträchtigen könnte, sei es, dass Gerichte Rechtsstreitigkeiten nicht mehr zielgerichtet und zweckmäßig betreiben oder aber die Rechtsuchenden eine vertrauenswürdige Rechtsberatung und Vertretung im Rechtsstreit nicht erlangen könnten (vgl. zu dieser Funktion des Rechtsanwalts Schmidt-Räntsch, in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 7 BRAO Rn. 33).

Das wird für die Kammern künftig schwierig werden mit der Begründung der Unwürdigkeit der Bewerber. Das BVerfG hat die Latte hoch gelegt …

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Bild einer Strafakte einer deutschen Staatsanwaltschaft

Stillstand der Rechtspflege

In den Akteneinsichten bemerken wir vermehrt Verfügungen der Staatsanwaltschaft Berlin mit diesem oder ähnlichen Wortlaut:

Vfg.

  1. Vermerk: Das Dezernat 0000 ist derzeit nicht besetzt. Es findet mangels Personals derzeit nur eine Eilt-Vertretung statt.

Ähnlicher Wortlaut?

Vfg.

  1. Vermerk: Aufgrund vorrangiger Verfahren, dem anstehenden Urlaub + anschließendem Mutterschutz kann das Verfahren nicht weiter bearbeitet werden und wird verfristet.
  2. WV 4 Wochen

Es ist nicht absehbar, daß sich daran etwas ändern könnte. Ein paar Stellen mehr, wie angekündigt, werden die Situation nicht signifikant verbessern.

 

 

Amtsgericht Waren bremst Ordnungsamt aus

Dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte werden in diesem Jahr etwa 500.000 Euro in der Kasse fehlen, weil das Ordnungsamt im Jahr 2017 weniger mobile Blitzer platzieren konnte als in den Jahren zuvor. Die angepeilten Einnahmen von rund 7,5 Millionen Euro werden in diesem Jahr nicht erreicht werden
Quelle: Nordkurier v. 09.11.2017

Das Amtsgericht lädt zu jeder Bußgeldangelegenheit einen Zeugen vor. Im Durchschnitt fehlen dem Ordnungsamt dadurch 1,5 Mitarbeiter pro Tag, die statt ihren Dienst auf der Straße zu verrichten, ihre Zeit auf dem Gerichtsflur verbringen.

 

Erörterungen vor der Hauptverhandlung

Das Gesetz sieht in § 202a StPO die Möglichkeit der Erörterungen mit den Verfahrensbeteiligten vor.

Gemeint ist das Verfahrensstadium vor Eröffnung des Hauptverfahrens in Strafsachen. Hier haben Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Gelegenheit, sich über die Anklage und das weitere Verfahren informell auszutauschen.

Uns ist kein Fall erinnerlich, wo es uns gelungen wäre, in einem solchen Gespräch die Zulassung der Anklage zu verhindern.

In der Regel beschränken sich solche Erörterungen auf die Präsentation miteinander unvereinbarer Strafvorstellungen seitens der Staatsanwaltschaft und Verteidigung.

Dies ist zu kurz gesprungen, wie das nachfolgende Zitat aus der Verfügung eines Vorsitzenden treffend belegt:

Nach der Auffassung der Kammer erfüllen solche Gespräche bereits dann ihren Sinn, wenn sie die Kommunikation personalisieren und dazu beitragen, überflüssige Konfrontationsrituale zu vermeiden.

Eine Terminsgebühr wird damit jedoch nicht verdient.