Lügende Anwälte

Dem Berliner Anwaltsblatt 03/2009 liegt eine 16-seitige Broschüre eines Sekretariatsservice bei. Ein wahres Schnäppchen!

Das neue Vorzimmer für Ihre Kanzlei
Wir nehmen Ihre Anrufe diskret im Namen Ihrer Kanzlei entgegen und bearbeiten diese genau nach Ihren Vorgaben und Wünschen.
Quelle: Anwaltssekretariat

Schon für eine monatliche Grundgebühr ab 39 € klingelt es nicht im Büro Ihres Anwalts, sondern in einem Callcenter, das sich mit dem Namen der Anwaltskanzlei meldet und Sie bestens geschult nach Ihren Wünschen befragt. Manche nennen es diskret, ich nenne es Betrug. Der Anrufer weiß nicht, daß er mit einem anonymen Mitarbeiter eines Callcenters telephoniert, den der Anwalt nicht einmal persönlich kennt, geschweige denn, ihn in der täglichen Arbeit kontrollieren und überwachen kann. Derselbe Callboy telephoniert ein paar Minuten später im Auftrag des gegnerischen Kollegen mit dessen Mandanten?

Voller Grauen möchte ich dies für eine klare Werbung nutzen: Unsere Anrufer können sehen, mit wem sie sprechen. Ihre Informationen bleiben in der Kanzlei! Wenn Sie eine der Rufnummern unserer Kanzlei anwählen, sprechen Sie mit einem der gut bezahlten Mitarbeiter der Kanzlei und nicht mit einem Unbekannten, der sich nur mit dem Kanzleinamen meldet.

Der Anwalt, der sich eines solchen Service bedient und seine Mandanten derart täuscht, verstößt nach meiner Ansicht gegen das Berufsrecht, das Verbot der Lüge. Ich möchte keinen Anwalt, der mich schon beim ersten Anruf belügen läßt und noch nicht einmal sein Berufsrecht derart auslegt.

Wobei dies natürlich auch ein Auswahlkriterium für den Mandanten darstellen kann :-)

Die Ermittlungen dauern an

Der Verteidiger tut mir jetzt schon leid:

Mit ihrer „unauffälligen“ Beute wurden in der vergangenen Nacht zwei mutmaßliche Diebe in der Ungarn- Ecke Edinburger Straße in Wedding von Polizisten bemerkt. Die 25 und 27 Jahre alten Männer transportierten gegen 23 Uhr 30 einen zirka zwei Meter hohen Spielautomaten mit einer Sackkarre auf dem dortigen Gehweg und flüchteten auf ein Nahe gelegenes Friedhofsgelände, als die Beamten sie ansprachen. Kurze Zeit später konnten die beiden Verdächtigen festgenommen werden. Sie wurden nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung entlassen.
Der Spielautomat stammte aus einem eine Viertelstunde zuvor begangenen Einbruch in ein Lokal in der Müllerstraße im selben Bezirk.
Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an.
Quelle: Pressemeldung PolBerlin 21.03.09

Zur Verteidigung erklären sie bestimmt:„Wir wollten nur mit unserem Automaten Gassi gehen…“

Anwälte beschnüffeln

Um den Drogenhandel in den Berliner Justizvollzugsanstalten zu bekämpfen, fordert die FDP-Fraktion den Senat auf, künftig Drogenspürhunde in den Gefängnissen einzusetzen.

Im Antrag heißt es dazu, es sei schließlich allgemein bekannt,

dass als Vertriebsweg auch das Hineinschmuggeln von Drogen durch Bedienstete und Rechtsbeistände genutzt wird
Quelle: Tagesspiegel 18.03.2009

Ich weise das als beleidigend zurück und wundere mich, wie man so instinktlos sein kann, eine Beschnüffelung der Rechtsanwälte zu wünschen. Da hilft es nicht, wenn daruaf verwiesen wird, daß Anwälte nur aus der Entfernung beschnüffelt werden sollen:

Dabei ist kein intensives Beschnüffeln von Personen erforderlich, da gut ausgebildete Drogenspürhunde bereits bei einem Abstand von wenigen Metern einzelne Drogen erschnüffeln können und entsprechend anschlagen.
Quelle: Tagesspiegel 18.03.2009

Die Vereinigung der Berliner Strafverteidiger hat die richtige Worte gefunden:

Diese Forderung ist instinktlos, ohne tatsächliche Grundlage und fördert den Überwachungsstaat.
Der freie und (möglichst) unkontrollierte Zugang des Rechtsanwalts/der Rechtsanwältin zum Mandanten ist ein wesentliches Element der Freiheit der Verteidigung Inhaftierter. Der Umstand der Beschnüffelung kann manchen von der Wahrnehmung seiner Verteidigerrechte und – Pflichten abhalten. Die FDP wird diesem Argument hoffentlich nicht entgegenhalten, dass der, der nichts zu befürchten hat, sich doch kontrollieren lassen kann.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass aus dem Berufsstand der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte heraus bis auf extreme Ausnahmen verbotene Gegenstände in die Strafanstalten verbracht werden. Ein Kriminalisierung des Berufsstandes erinnert an blinden und rechtsstaatsfeindlichen Aktionismus in den 1970ern.
Quelle: Pressemitteilung der Verreinigung Berliner Strafverteidiger e.V.

Zulassungsausschuß Ärzte

Das Bundessozialgericht hat in einer soeben bekannt gewordenen Entscheidung, BSG v. 11.03.2009 – B 6 KA 15/08 R -, seine Rechtsprechung geändert. Die Anrufung des Berufungsausschusses gegen Entscheidungen des Zulassungsausschusses hat gem. § 96 IV S. 2 SGB V aufschiebende Wirkung mit dem Ergebnis, daß der Begünstigte von seinem Zulassungsstatus keinen Gebrauch machen darf und gleichwohl erbrachte Leistungen nicht vergütet werden.

Bisher ging der 6. Senat davon aus, daß die aufschiebende Wirkung rückwirkend eintritt, der Arzt u.U. erbrachte Vergütungen zurück erstatten muß. An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest:

Er geht vielmehr jetzt davon aus, dass in solchen Fällen die aufschiebende Wirkung der Anrufung des Berufungsausschusses gegen eine statusbegründende Entscheidung erst in dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Begünstigte von dem Widerspruch erfährt. Bis zur Erlangung dieser Kenntnis ist sein Vertrauen auf den Bestand des Status geschützt. Das gegenteilige Ergebnis hätte zur Folge, dass die Wirksamkeit der Entscheidung des Zulassungsausschusses abweichend von § 39 SGB X faktisch erst mit deren Bestandskraft eintreten würde. Das bedürfte einer klaren gesetzlichen Regelung, die sich auch dazu verhalten müsste, wie in Fällen von Konkurrentenklagen durch nicht am Verfahren beteiligte Dritte, für die mangels einer ihnen erteilten Rechtsmittelbelehrung die Monatsfrist des § 84 Abs 1 SGG nicht gilt, zu verfahren ist. Eine solche Regelung existiert jedoch nicht.
Quelle: Terminbeicht 15/09  BSG

Der unterschätzte Systemfehler oder Datenschutz: Ein Fall typischer Ignoranz von Großunternehmen gegenüber dem Verbraucher

Eine Telefonkundin möchte, dass Ihre Anschrift – wie bisher – geheim bleibt und nicht in das Telefonverzeichnis übernommen wird. Das Telekommunikationsunternehmen ignoriert wohl versehentlich bei einer Tarifumstellung diesen Wunsch und teilt der Kundin mit, dass nunmehr ihre genaue Anschrift in das Verzeichnis aufgenommen und hierüber auch Auskunft erteilt wird. Mehrere Widersprüche halfen nichts. Immer wieder erfolgt die Information, dass die genaue Anschrift in das Telefonverzeichnis aufgenommen wird. Nach Auftragserteilung durch die inzwischen ob der Ignoranz nicht wenig aufgebrachte Mandantin dachten wir: Ein einfaches Schreiben wird es tun. Weit gefehlt! Vermutlich weil große Unternehmen so sehr Personal einsparen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, Kundenwünsche und -rechte zu berücksichtigen, entstand ein spannender Rechtstreit, den das Landgericht Bielefeld zu Gunsten unserer Mandantin entschied. Das Unternehmen wurde zur Unterlassung und Erteilung der Auskunft, an wen die Daten weiter veräußert bzw. zur gewerblichen Nutzung überlassen wurden (übrigens: Das waren mehr als 25 Unternehmen.) , verurteilt. Auch die letzte Ausflucht des Großunternehmens, ein Systemfehler sei an allem Schuld, vermochte das unbeirrbare LG Bielefeld nicht sonderlich zu beeindrucken.

Das Urteil des Landgericht Bielefeld vom 12.06.2008 -7 O 13/08 (rechtskräftig), wobei wir für justizielle Schreibfehler ;-) nicht haften:

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