Ethikrat will Babyklappen schließen lassen titelt die Berliner Morgenpost. Die Artikel in den Tageszeitungen berichten nichts Erhellendes, warum die Abwägung zu diesem Ergebnis kommt. Der Ethikrat ist im Netz und hat zu diesem Thema sowohl eine Pressemitteilung online gestellt, als auch die Kurzfassung und die ausführliche Stellungnahme.
Die Pressemitteilung bringt es auf den Punkt:
Der Deutsche Ethikrat möchte mit seinen Empfehlungen dazu beitragen, dass Schwangeren und Müttern in Notsituationen so gut wie möglich geholfen wird, ohne die Rechte anderer, insbesondere ihrer Kinder, zu verletzen…
Wer möchte das nicht? Aber ist abzuwägen und wenn ja, wie?
Der Ethikrat empfiehlt, die vorhandenen Babyklappen und Angebote zur anonymen Geburt aufzugeben. Dies sollte in einem gemeinsamen Vorgehen aller politisch dafür Verantwortlichen bewirkt werden. Begleitend sollten die öffentlichen Informationen über die bestehenden legalen Hilfsangebote für Schwangere und Mütter in Not- und Konfliktlagen verstärkt werden. Des Weiteren sollten Maßnahmen ergriffen werden, um das Vertrauen in die Inanspruchnahme der legalen Hilfsangebote zu verbessern.
Haben die Politker den Text verfaßt?
Auf 72 Seiten der Stellungnahme befassen sich zehn Seiten mit der ethischen Bewertung. Mehr als doppelt soviel Platz nimmt die juristische Bewertung durch den Ethikrat ein. Mit dieser Überlegung des Sondervotums hat sich die Mehrheit wohl gar nicht auseinandergesetzt:
In den Fällen, in denen es zur anonymen Kindesabgabe kommt, wissen wir nicht, welches Schicksal die abgegebenen Kinder ohne diese Angebote getroffen hätte. Deshalb erscheint uns ihre Duldung trotz der aufgezeigten ethischen und rechtlichen Bedenken weiterhin vertretbar. Da nicht auszuschließen ist, dass Leben und Gesundheit der von Aussetzung bedrohten Kinder in extremen Notfällen durch die Angebote anonymer Kindesabgabe tatsächlich gerettet werden und da die Vermittlung der abgegebenen Kinder an Adoptivfamilien nicht per se als problematisch einzustufen ist, kann diese Möglichkeit als Ultima Ratio auch ohne rechtliche Grundlage toleriert werden.
Statt der juristischen Überlegungen hätte mich die Einschätzung des Ethikrates interessiert, ob es ethisch vertretbar ist, Hilfen für die Schwangere, insbesondere medizinsche Geburtshilfe davon abhängig zu machen, daß die Hilfesuchende ihren Namen preisgibt. Ist es ethisch vertretbar, das Informationsrecht des Kindes über seine Herkunft mit seinem Lebensrecht abzuwägen? Um mit Martin Buber zu sprechen: „Und wenn doch?“ Wenn auch nur ein Kinderleben durch die Babyklappe gerettet würde, wiegt das Informationsrecht höher?
Diese Stellungnahme erschüttert mich nicht nur wegen des Ergebnisses. Was da niedergeschrieben wurde, ist es das, was in Deutschland über Ethik gedacht wird? Ich hätte erwartet, vom Denken zu lesen. Vielleicht liegt es an der Auswahl der Mitglieder des Ethikrates. Hoffentlich arbeiten sie wenigstens ehrenamtlich im Ethikrat.