Lücke im Berufsrecht geschlossen

Mit Spannung erwartet wurde von uns Berufsrechtlern die Entscheidung des BGH vom 29.06.2011 – AnwZ (Brfg) 11/10

Bisher konnte die Wirksamkeit des Entzuges der Zulassung eines Rechtsanwaltes, beispielsweise wegen Vermögensverfalls, relativ lange hinausgezögert werden. Die Kammer Widerrief die Zulassung, der AGH brauchte eine Weile um zu entscheiden und vor dem BGH wurde dann noch weiter vorgetragen. Dies alles unter der Ägide des bis 01.09.2009 geltenden Verfahrensrechtes der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in Anwaltssachen, das aus prozeßökonomischen Gründen erlaubte, nachträglich eingetretene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen. Seit dem 01.09.2011 gilt in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen im wesentlichen die Verwaltungsgerichtsordnung. Einige vertraten die Ansicht, auch nach der Gesetzesänderung seien Änderungen der Verhältnisse auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nach der Entscheidung des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer erfolgten. Dem erteilte der BGH eine klare Absage:

Diese vom Anwaltsgerichtshof offen gelassene Frage beantwortet der Senat dahin, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist (vgl. § 110 Abs. 1 JustG NRW) – auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen ist; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungs-verfahren vorbehalten.

Eine aus Sicht des rechtsuchenden Publikums zu begrüßende Entscheidung. Über den Widerruf der Zulassung eines Rechtsanwaltes wird künftig schneller rechtskräftig entschieden.

Wenn Rechtsanwalt draufsteht ist nicht immer Rechtsanwalt drin

Es war einmal.
Es war einmal eine Zeit, da mußte man das Abitur ablegen, mindestens 8 Semester Jurisprudenz studieren, das erste Staatsexamen ablegen, mehre Jahre die Referendarzeit absolvieren und sich dem zweiten, großen, Staatsexamen stellen. Das bestandene zweite Staatsexamen befähigt zum Richteramt. Die Befähigung zum Richteramt war lange Jahre Voraussetzung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
Lang, lang ist es her.
Die EU machte es möglich: Wer in einen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und der Schweiz oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums, beispielsweise Lettland oder Slovenien, Zypern oder Malta, eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlangt hat, kann sich hier ohne weitere Prüfung nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland, EuRAG, zur Rechtsanwaltschaft zulassen lassen. Es bedarf keiner weiteren Prüfung oder dergleichen, er muß nur die Berufsbezeichnung seines Herkunftslandes verwenden und hat alle Rechte und Pflichten eines Rechtsanwaltes in der Bundesrepublik.
Wer eine mindestens dreijährige effektive und regemäßige Tätigkeit als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Deutschland nachweist, kann auch unter der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt künftig seine Tätigkeit ausüben, ist also nicht mehr zu unterscheiden von Rechtsanwälten, die beide Staatsexamina abgelegt haben. Diese Tätigkeit muß keine Vollzeittätigkeit sein, es sollen beispielsweise auch zwei Wochentage an einer Universität ausreichend sein.
Ich brauche sicher nicht zu erwähnen, daß es Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes gibt, in denen die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft an ähnliche Leistungshürden wie in Deutschalnd geknüpft ist.
Ich habe nichts gegen Wettbewerb. Was ich daran nicht mag ist die Tatsache, daß dies dem Clienten nicht klar gemacht wird. Selbst wenn der Kollege diesen Vorschriften genügt, und sich beispielsweise als „Advocate“ bezeichnen, hält das doch der nicht informierte Auftraggeber für eine Zusatzqualifikation, statt der zutreffenden Information, daß dies die einzige Qualifikation des „Advocates“ ist und er sich nicht als Rechtsanwalt bezeichnen darf.

Prantl, Prantl,

so jeht et nich!

Auch Sie kommentieren die Gäfgen-Entscheidung in gewohnter Art und Weise: „Falsche Genugtuung für den Kindermörder“ Unter anderem mit dem Argument:

Die Missbilligung der Folterdrohung gegen ihn ist nämlich rechtlich und auch für Gäfgen ausreichend schon anderweit zum Ausdruck gekommen: Erstens sind im Daschner-Prozess zwei der Ermittler schuldig gesprochen und bestraft worden. Zweitens hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte deren Folterdrohung gebrandmarkt.

Sie sind nicht bestraft worden, sondern verwarnt, die Gewährträger unseres Rechtsstaates, unter ihnen immerhin ein stellvertretender Polizeipräsident. Sie sind verwarnt worden und das Gericht hat sich eine Strafe vorbehalten, selbstverständlich haben sich die Straftäter ein Jahr lang bewährt, so daß es nie zu der vorbehaltenen Geldstrafe in Höhe von drei bzw. zwei Monatsbezügen gekommen ist. Anschließend wurde Daschner zum Leiter des Präsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung der hessischen Polizei befördert. Unabhängig von Ihrer Meinung, die erste Tatsachenbehauptung ist schlicht falsch.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht hat nicht die Folterdrohung gebrandmarkt! Auch das ist schlicht falsch. Er hat das Verhalten der Bundesrepublik gebrandmarkt, mit deutlichen Worten!:

Er (der Gerichtshof) stellte jedoch fest, dass die der Nötigung im Amt bzw. Verleitung eines Untergebenen zur Nötigung im Amt für schuldig befundenen Polizeibeamten nur zu sehr geringen Geldstrafen auf Bewährung verurteilt worden waren. Die deutschen Gerichte hatten eine Reihe von mildernden Umständen berücksichtigt, insbesondere die Tatsache, dass die Beamten in der Absicht handelten, J.s Leben zu retten. Der Gerichtshof erkannte zwar an, dass der vorliegende Fall nicht vergleichbar war mit Beschwerden über brutale Willkürakte von Staatsbeamten. Dennoch erwog er, dass die Bestrafung der Polizeibeamten nicht den notwendigen Abschreckungseffekt hatte, um vergleichbaren Konventionsverletzungen vorzubeugen. Zudem gab die Tatsache, dass einer der Beamten später zum Leiter einer Dienststelle ernannt worden war, Anlass zu grundlegenden Zweifeln, ob die Behörden angemessen auf den Ernst der Lage angesichts einer Verletzung von Artikel 3 reagiert hatten.

Im Hinblick auf eine mögliche Entschädigung für die Verletzung der Konvention nahm der Gerichtshof zur Kenntnis, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Prozesskostenhilfe zur Einleitung eines Amtshaftungsverfahrens mehr als drei Jahre anhängig und dass in der Sache noch nicht über den geltend gemachten Entschädigungsanspruch entschieden worden war. Dies gab Anlass zu grundlegenden Zweifeln an der Effizienz des Amtshaftungsverfahrens.
Quellennachweis und weitere Einzelheiten in unserem Beitrag: Ins Stammbuch geschrieben

Erst das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, daß dem Kindermörder Prozeßkostenhilfe zu gewähren ist.

Auch diese Behauptung, die Folterdrohung sei gebrandmarkt worden, ist falsch. Das Landgericht hat nach zu vielen Jahren, erst nach Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrecht (EGMR) eine von ihm als billig empfundene Entschädigungsleistung ausgeurteilt. Anstatt nun unsreren Rechtsstaat zu feiern, der selbst derartigen Menschen Recht gewährt, folgen Sie dem Mob und nehmen das Damoklesschwert zu Hand (vgl. unseren gestrigen Beitrag: Damoklesschwert über dem Rechtsstaat)

Immer noch ein Highlight ist der Beitrag des Kollegen von Schirach im Spiegel v. 07.06.2010: Einspruch – Die Würde der Fürchterlichsten Mich interessiert Ihre Meinung nach dieser Auseinandersetzung mit Moral und Ethik.

Damoklesschwert über dem Rechtsstaat

Es war zu erwarten, dass die Masse toben würde, wenn dem Entführer und Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler eine Entschädigung für die ihm angedrohte Folter zugesprochen wird. Wenn man sich heute aber die Kommentare der Menschen, beispielsweise zum entsprechenden Artikel der FAZ , anschaut, dann hat man allen Grund daran zu zweifeln, dass die Zivilisation in Deutschland durch mehr gestützt wird als die Gewöhnung und den staatlichen Zwang. Barbarische Rachegelüste kennzeichnen gut die Hälfte aller Stellungnahmen, kaum jemand vermag zwischen persönlich gelebter Menschlichkeit und prinzipiell unantastbarer Menschenwürde zu unterscheiden, bestenfalls fünf Prozent der Kommentatoren verteidigen das Urteil des Landgerichts Frankfurt.

In diesem Urteil wird das Vorgehen der Polizeibeamten als „rechtswidrig und verwerflich“ bezeichnet. Ich danke den verantwortlichen Richtern persönlich für diese Formulierung. Jedem muss klar sein, dass die Androhung der Folter rechtswidrig ist (Art. 104 GG). Das fadenscheinige Argument einer Abwägung im Sinne der Notwehr ist absurd, denn über die Menschenwürde kann es keine Abwägung geben– am allerwenigsten vonseiten des Staates. Von vielen hört man jetzt aber, dass die Tat zwar rechtswidrig aber doch moralisch gerechtfertigt, also gerade nicht „verwerflich“ sei. Doch genau da liegt der Denkfehler: Wer einem Menschen Folter androht, verletzt dessen Würde. Diese Würde besitzt jeder Mensch universal und sie ist bei jedem Menschen unantastbar, völlig unabhängig von seinen Taten. Und eben diese Universalität der Menschenwürde ist die Grundlage aller Moral. Wer sie bei einem einzigen Menschen– und sei es das ekelerregendste Monster– in Frage stellt, erlaubt Willkür in der Ethik und führt sie damit ad absurdum. Dadurch wird seine Handlung verwerflich. Das gilt ganz allgemein für jeden Menschen, in besonderer Schärfe aber für die Vertreter des Staates. Denn kein Verbrechen einer Privatperson kann den Rechtsstaat in Gefahr bringen; der Rechtsstaat kann sich immer nur selbst dem Untergang weihen. Dieser Untergang wurde heute glücklicherweise noch einmal aufgeschoben. Über dem Haupte einer Demokratie schwebt er aber als immerwährendes Damoklesschwert, solange die Bevölkerung glaubt, Menschen die Würde absprechen zu können.

„… wie das Gesetz es befahl?“

Warum der Staat in der Liechtensteiner Steueraffäre rechtswidrig gehandelt hat– eine Erklärung für Nicht-Juristen.

Recht und Rechtsgefühl liegen oft weit auseinander. Das gilt für die unbeteiligte Bevölkerung, der man es vielleicht nachsehen will, aber leider auch– und immer öfter, wie es scheint– für die Diener des Staates, dessen erste Aufgabe es sein soll, das Recht zu beschützen. Das Gefühl sagt den meisten, dass es immer gut sei, wenn die Wahrheit aufgeklärt und der Gerechtigkeit genüge getan wird. Das Recht hingegen, so wie es die Väter unseres Grundgesetztes festgelegt haben, begreift, dass es Situationen gibt, in denen die Enthüllung der Wahrheit hinter anderen, höheren Gesetzen zurückstehen muss. Dann müssen dem Staat bei seinem Versuch, die Tatsachen ans Licht zu bringen, Schranken gesetzt werden, damit die Gesamtordnung des Rechtsstaats bestehen bleiben kann. Wie sich das juristisch auf die Liechtensteiner Steueraffäre auswirkt, wollen wir hier einmal so verständlich wie möglich darlegen. Wir setzen dabei das Wissen um die wesentlichen Fakten voraus (zusammenfassend nachzulesen in diesem Artikel des Handelsblatts) und konzentrieren uns hier (im Gegensatz zu vielen Veröffentlichungen, denen es um den Nachweis einzelner Straftatbestände geht) auf die Grundlagen des Rechtsstaats.

Der deutsche Staat hat das Recht und die Pflicht, Steuerhinterziehung zu bestrafen. Der deutsche Staat hat auch das Recht und die Pflicht, Hinweisen, dass jemand Steuern hinterzieht, nachzugehen. Warum, so könnte man also fragen, soll er unrechtmäßig gehandelt haben, indem er akzeptierte, als ihm im Februar 2008 von einem Mitarbeiter der Liechtensteiner LGT Bank eine CD mit den illegal erworbenen Daten von „Steuersündern“ angeboten wurde? Er hatte Hinweise erhalten, er ermittelte, er gelangte an Beweise, er brachte die „Schuldigen“ zur Anklage: Ist das kein rechtmäßiges Verfahren

Es bedarf immer einer komplizierten Abwägung, um zu entscheiden, wie weit der Staat in seiner Aufgabe, Straftaten zu verhindern oder zu bestrafen, gehen darf. Die Schranken sind in Deutschland wahrlich nicht besonders eng. Anders als in den USA etwa, wo jeder Beweis, der in irgendeiner Form durch eine Straftat gewonnen wurde, als „Frucht des vergifteten Baumes“ vor Gericht wertlos ist, wird im deutschen Recht die Wahrheitsfindung so hoch geschätzt, dass Beweise, die von Privatpersonen durch Straftaten erworben und an die Behörden weitergegeben werden, verwertbar sind, solange jene Straftaten keine essentiellen Menschenrechte verletzt haben. In zwei hier relevanten Punkten ist das deutsche Recht aber sehr streng: Niemals darf der Staat gegenüber den Bürgern willkürlich handeln und ohne Verdachtsmoment Informationen über sie sammeln, die zu strafrechtlichen Zwecken verwendet werden sollen. Und niemals darf das Trennungsgebot zwischen den Strafverfolgungsorganen des Staates und seinen Geheimdiensten oder dem Verfassungsschutz verletzt werden. Was bedeutet das?

Informationelle Selbstbestimmung

Das Grundgesetz sieht ein Recht zur „informationellen Selbstbestimmung“ der Bürger vor. Jeder Bürger darf also selbst entscheiden, inwieweit er Informationen zu seinem persönlichen Leben preisgibt. In dieses Recht darf der Staat nur eingreifen, wenn der entsprechende Bürger in den begründeten Verdacht gerät, eine Straftat begangen zu haben. Wenn ein solcher Verdacht nicht besteht, hat der Staat keinerlei Befugnis, Informationen über den Bürger ohne dessen Einverständnis zu sammeln. (Es sei darauf hingewiesen, dass wir hier von der rechtlichen Theorie, nicht der behördlichen Praxis sprechen…) In diesem Sinne entschied beispielsweise der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts im August 2009, dass ein Bußgeld wegen Geschwindigkeitsübertretung ungültig sei, das auf Grundlage einer allgemeinen Kontrolle des Verkehrs durch eine versteckt angebrachte Videokamera auf einer Autobahn verhängt worden war (– 2 BvR 941/08 –). Das mecklenburg-vorpommerische Wirtschaftsministerium hatte die Anbringung der Videokamera verordnet, um zu kontrollieren, dass die Fahrer auf der Autobahn den Mindestabstand einhalten. Auch diese Maßnahme als solche erklärte das Gericht für rechtswidrig, da ohne Unterschied alle Verkehrsteilnehmer gefilmt wurden und niemand die Möglichkeit hatte, „sich durch rechtmäßiges Verhalten der Videoaufzeichnung zu entziehen“. Hier lag also ein ganz klarer und ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor.

Rechtswidriges Handeln der Behörden

Der Zusammenhang mit der Liechtenstein-Affäre wird ersichtlich, wenn man weiß, dass auf dem von den Behörden erworbenen Datenträger nicht etwa nur die Geschäftsgeheimnisse von „Steuersündern“, sondern auch Informationen über gänzlich legale Stiftungen abgespeichert waren, wie dem Staat spätestens nach der Entgegennahme von Stichproben hätte ersichtlich sein müssen (vgl. FAZ-Artikel, vor allem zweiter Absatz). Schlimmer noch: Neben geschäftlichen Daten sind offenbar auch höchst private und damit für die Ermittlungsbehörden gänzlich irrelevante Details durch den Kauf der CD den Behördenmitarbeitern dauerhaft zugänglich geworden. (Es geht die Rede von Zweit- und Drittfrauen, unehelichen Kindern und dergleichen). Ein solcher Eingriff in die Privatsphäre ist für die tatsächlichen „Steuersünder“ schon nicht mehr zu rechtfertigen; für die Inhaber legaler Stiftungen stellt es eine völlig inakzeptable Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dar. Der Logik des oben genannten Beschlusses folgend müssten sämtliche Daten daher unverwertbar und das Erwerben der CD rechtswidrig sein, denn niemand hatte die Möglichkeit „sich durch rechtmäßiges Verhalten“ vor der kriminellen Bloßlegung seiner intimsten Geheimnisse durch den Staat zu schützen.

Trennungsgebot

Die Trennung der Geheimdienste sowie des Verfassungsschutzes von strafverfolgenden Behörden ist eine Grundnotwendigkeit des Rechtstaats und ergibt sich in Deutschland insbesondere aus den Erkenntnissen der Geschichte. Sowohl das Dritte Reich als auch die DDR untergruben das Rechtsstaatsprinzip dadurch, dass sie ihre Geheimdienste dafür einsetzten, Informationen über die Bevölkerung zu sammeln, und diese an die Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften weitergeben ließen. Auch in der Bundesrepublik sind die Geheimdienste rechtlich mit erheblichen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung ausgestattet. Der BND, um den es in diesem Fall geht, darf zur Gewinnung von Informationen „über Vorgänge im Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind“ (§2 BND-Gesetz) so manches tun, was unsere Polizei aus guten Gründen nicht tun darf. Wenn er einem Informanten also hohe Millionengelder bezahlt und ihm schließlich noch eine neue Identität verschafft, um gegen terroristische Aktivitäten oder dergleichen vorzugehen, so ist das sein gutes Recht. Wenn er seine Ermittlungen aber gegen die Steuerkriminalität richtet, die seinen Aufgabenbereich nirgends berührt, und ihm seine Arbeit dann auch noch von den Steuerfahndungsbehörden finanziert wird, denen er die relevanten Informationen zukommen lässt, dann überschreitet er nicht nur seine Kompetenzen, sondern verstößt grob gegen das Trennungsgebot.

Resümierend kann also festgehalten werden, dass der Staat zunächst gar kein Recht hatte, die auf dem Datenträger enthaltenen Informationen zu erwerben. Zudem aber wurden diese auch noch von einer nicht zuständigen Behörde beschafft und unter Übertretung des Trennungsgebots an die Finanzbehörden weitergegeben. Eindeutiger kann ein Verwertungsverbot kaum verursacht werden. Die Gerichte werden die Stringenz dieser Argumentation anerkennen müssen– andernfalls wäre dem Herumschnüffeln der Geheimdienste in der Privatsphäre der Bürger Tür und Tor geöffnet und der Rechtsstaat in ernsthafter Gefahr. In dieser Erkenntnis darf man sich auch nicht vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom November 2010, eine entsprechende Beschwerde gegen eine Wohnungsdurchsuchung nicht anzunehmen, irritieren lassen (Beschluss). Hier kritisierten die Richter, dass die Beschwerdeführer ihre Argumentation gegen die Verwertbarkeit des Liechtensteiner Datenträgers nicht schon in den vorangehenden Prozessen vorgebracht hatten. Die Klage scheiterte also an einem Formfehler, der Beschluss sollte nicht als endgültige Entscheidung des BVerfG hinsichtlich der Verwertbarkeit der Daten angesehen werden– auch wenn die Presse ihn so interpretiert.

Einzelheiten zum Thema auf unserer Liechtenstein-Steuer-CD-Seite: hier.