EGVP und Abschriften

[singlepic id=174 w=320 h=240 float=left]Hier in Berlin bestehen bei einigen Gerichten noch Unsicherheiten bei der Verwendung des EGVP. Hierbei handelt es sich um ein elektronisches Verfahren zur Kommunikation zwischen Behörden und u.a. Rechtsanwälten.  Einer der Vorteile für die Anwaltschaft ist die Erleichterung, daß keine Abschriften und Mehrfachfertigungen der Anlagen einzureichen sind. Gleichwohl erlebt man hier ab und zu die Aufforderung, die Abschriften beizufügen. Dieser Textbaustein hat sich bewährt:

Eine Beifügung oder Nachreichung von Abschriften ist entbehrlich (§§ 133 Abs. 1 Satz 2, 253 Abs. 5 Satz 2 ZPO; § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO; 65a Abs. 2 Satz 2 SGG); ggf. erforderliche Ausdrucke sind daher vom Gericht kostenfrei anzufertigen, § 3 II GKG, KV 9000 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Anlage 1 zum GKG. Von elektronisch eingereichten Dokumenten sind durch die Geschäftsstelle ggf. beglaubigte Abschriften für die Zustellung zu fertigen (§ 169 Abs. 2 ZPO bzw. § 56 Abs. 2 VwGO, § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG iVm § 169 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Zöller, § 133, Rn. 1; BT-DrS 15/4067 S. 31 zur Auslagenbefreiung)

Dank an Herrn Berger, auf dessen Vorlage dieser Text beruht.

Selbstverständlich verwenden wir auch dieses moderne Kommunikationsmittel – von dem natürlich auch unsere Mandanten profitieren. Die dem Mandanten zu berechnende Dokumentenpauschale hat der Gesetzgeber im Kostenverzeichnis zum RVG deutlich günstiger gestaltet, als die Kosten für die Fertigung der Kopien.

Rechtsverständnis mal anders rum

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Ich muß aufhören dieses Zeug zu rauchen – oder habe ich doch nicht geträumt?

Zum Versuch im Internet anonym zu surfen:

 

„wer nichts zu verbergen hat, wird auch nicht auf die Idee kommen, einen solchen Dienst zu nutzen. Denn er ist ja kostenpflichtig.“

„Unsere Autoren sind spezialisierte Juristen mit Kompetenzen auf den Gebieten Datenschutz, Recht und IT. Jeder Einzelne verfügt über ein umfassendes Erfahrungsspektrum als Externer Datenschutzbeauftragter.“

 

Informationvorsprung

Ja, wir haben Juris-Anschlüsse für unsere Anwälte! Ja, das läßt sich Juris gut bezahlen. Ja, viele, insbesondere jüngere Kollegen, können oder wollen sich derartige Zugänge zu einer Rechtsprechungsdatenbank nicht leisten.

Ja, es ist eine Skandal, daß wir für die Recherche in Gesetzen und Urteilen, bezahlt aus unseren Steuergeldern, wieder Geld bezahlen müssen und als Gegenleistung einen Informationsvorsprung auf Informationen haben, die kostenlos sein sollten. Jeder interessierte und befähigte Büger muß den Zugang zu Gesetzen und Urteilen haben, die in seinem Namen geschaffen und umgesetzt werden.

Nun berichtet Archivalia auf Basis einer Meldung des Handelsblattes über die Klage eines Mitbewerbers gegen das Bundesverfassungsgericht, weil es Mitbewerber bevorzuge. Wir drücken die Daumen!
Dank an Archivalia für die Aufbereitung der Unterlagen

40.000 Seiten: Ich rief den Teufel und er kam

… Er lobte mein juristisches Streben,
Hat früher sich auch damit abgegeben.
Heine, Buch der Lieder

Diese Zeilen fielen mir bei der Entscheidung des Großen Senates für Strafsachen vom 12.01.2011 – GSSt 1/10 – ein. Man wollte den Beteiligten die stundenlange Verlesung des Anklagesatzes ersparen. Ich fürchtete Schlimmstes und es kam schlimmer:

Vor mir eine Anklage, die zum konkreten Anklagesatz auf die Daten einer beigefügten DVD verweist. Ich ließ die Daten durch ein entsprechendes hier vorrätiges Programm indexieren und wunderte mich ob der Auslastung des Rechners. Ergebnis: 40.000 Seiten als Bestandteil der Anklageschrift. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des 1. Senates:

Der konkrete Anklagesatz in den einschlägigen Verfahren muss einerseits die Schilderung der gleichartigen Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, die Bezifferung der Gesamtzahl der Taten, die Bestimmung des Tatzeitraums sowie bei Vermögensdelikten die Bezifferung des Gesamtschadens umfassen. Andererseits sind – nach wie vor – auch die Auflistung der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder – namentlich in Fällen der Bewertungseinheit oder der uneigentlichen Oganisationsdelikte – die Auflistung der Einzelakte der Taten Teil des Anklagesatzes. Eine Ausgliederung der letztgenannten Auflistungen der Tatdetails in das Wesentliche Ergebnis der Ermittlungen oder an andere Stelle der Anklage ist demnach mit § 200 Abs. 1 Satz 1, § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht vereinbar. Auf der Grundlage der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen brauchen diese Auflistungen, die regelmäßig in tabellarischer Form die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatorte, die Tatopfer und – bei Vermögensdelikten – die jeweiligen Einzelschäden bestimmen und dadurch die Einzeltaten näher individualisieren, jedoch nicht in der Hauptverhandlung verlesen zu werden. Vorzulesen ist lediglich die – regelmäßig in Fließtext abgefasste – allgemeine Schilderung der gleichartigen Tatausführung, in der die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands dargelegt werden, die für alle Einzeltaten einheitlich gegeben sind.
Quelle: BGH 1 StR 260/09 v. 15.03.2011

Wetten, daß die keiner liest?

Nachtrag 15:30h:

Und als ich recht besah sein Gesicht,
Fand ich in ihm einen alten Bekannten.

 

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Na endlich

1. § 113 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 wird das Wort „zwei“ durch das Wort
„drei“ ersetzt.
Quelle: Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Nun kann also derjenige, der einem Vollstreckungsbeamten Widerstand leistet, beispielsweise durch Verriegeln der Fahrzeugtür von innen (OLG Düsseldorf, NZV 1996, 458 [459]), mit drei Jahren Freiheistsstrafe statt mit der bisherigen Höchststrafe von zwei Jahren bestraft werden.

RiOLG a.D. Burhoff weist in seinem Beitrag auf die Entstehungsgeschichte der Änderung hin:

Zur Begründung seines Anliegens führte der Bundesrat damals aus, dass vor dem Hintergrund einer in den letzten Jahren festzustellenden Zunahme von tätlichen Angriffen gegen Polizeibeamte der strafrechtliche Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen aus Sicht der Länder nicht mehr ausreichend gewährleistet ist. Insbesondere wies er darauf hin, dass die Fälle des Widerstands gegen die Staatsgewalt innerhalb der letzten zehn Jahre bundesweit um ca. 31 Prozent zugenommen haben.
Quelle: Burhoff

Bloß keine Rechtstatsachenforschung betreiben! Bloß nicht die Forschungsergebnisse zur Abschreckungswirkung der Strafhöhe berücksichtigen. Bloß nicht in die Polizeiliche Kriminalstatistik gucken:

Die Zahl der Fälle von Widerstandshandlungen gegen die Staatsgewalt war 2010 rückläufig. Gegenüber dem Vorjahr konnte ein Rückgang um 11,3 Prozent auf 23.372 Fälle, bei den darin enthaltenen Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte um 12,5 Prozent auf 22.223 Fälle, verzeichnet werden. Seit 2010 werden Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte differenziert danach erfasst, ob sie sich gegen Polizeivollzugsbeamte oder sonstige Vollstreckungsbeamte richten. Dies erbrachte den Nachweis, dass in 96,7 Prozent dieser Fälle (21.498 Fälle) Polizeivollzugsbeamte von den Widerstandshandlungen betroffen waren.Die PKS in der gegenwärtigen Fassung erlaubt nur eingeschränkt statistische Aussagen zur Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte; dies gilt vor allem insoweit, als im Falle einer Widerstandshandlung, die gleichzeitig den Tatbestand einer Körperverletzung oder eines Tötungsdelikts erfüllt, nur die letztgenannte schwerwiegendere Tat, in diesem Fall aber ohne spezifische Zuordnung zur Opfergruppe „Polizeivollzugsbeamter“, statistisch erfasst wird. Um noch differenziertere Aussagen zu erhalten, wird für das Jahr 2010 erstmals ein bundesweites Lagebild zum Thema Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamte erstellt. Es ist zusätzlich geplant, ab dem Berichtsjahr 2011 Opfergruppen differenziert abzubilden und so auch Polizeivollzugsbeamte als Opfer von Gewaltkriminalität gesondert auszuweisen.

Quelle: PKS 2010

Was machen wir bloß, wenn die Taten trotz der Strafrahmenerhöhung wieder zunehmen? Wir ändern die Statistik!