Stürmt Steuerfahndung bald mit SEK bei Unbeteiligten?

Von Registerkarten auf zentrales elektronisches Register umstellen

Der Bundestag hat mit Enthaltung der Linken das Gesetz zur Errichtung eines Nationalen Waffenregisters (Nationales-Waffenregister-Gesetz – NWRG) geschaffen.

Damit wurde vorfristig EU-Recht umgesetzt. Es dient der Umsetzung der Richtlinie 91/477/EWG über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (ABl. EG Nr. L 256, 13.09.1991, S. 51, Waffenrichtlinie) i.d.F. Richtlinie 2008/51/EG (ABl. EG Nr. L 179, 08.07.2008, S. 5) durch Einführung eines zentralen elektronischen Waffenregisters beim Bundesverwaltungsamt zum 31. Dezember 2012: Datenspeicherung, Datenübermittlung an das und durch das Zentralregister, Datensicherheit und Datenschutz.

Das Gesetz tritt am 01. Juli 2012 in Kraft, bis zum 31.12.2012 ist es von den ca. 577 Waffenbehörden und dem Bundesverwaltungsamt umzusetzen.

Selbstverständlich bezweckt das Gesetz nicht den Kampf gegen illegale Waffen, mit einem geschätzten Aufwand von 4,3 Mio € für die Errichtung des Registers und jährlichem Erfüllungsaufwand in Höhe von 2,6 Mio € dient es der „Verwaltung“ und Registrierung legaler Waffen.

Aber wer ist Nutzer des Registers? Nun, die Begründung führt aus:

Neben den Regelungen zur Befüllung des Registers stehen solche zur Nutzung des Registers. Als Nutzer kommen die Waffenbehörden, die Polizeien des Bundes und der Länder, betroffene Justiz- und Zollbehörden, Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst infrage. Der Zugriff dieser Behörden orientiert sich an den von diesen Stellen wahrzunehmenden Aufgaben und ist nur insoweit zulässig.

 
Die Beschlußempfehlung des Innenausschusses sah u.a. die Ausweitung der Antragsbefugnis auf die Steuerfahndung zur Eigensicherung vor, die Gesetz geworden ist. Künftig werden wohl die Steuerfahnder vor einer Durchsuchung das Register abfragen und dann mit einem SEK der Polizei die Räume stürmen?

Da eine Durchsuchung nicht nur in den Räumen des Beschuldigten stattfinden kann, sondern auch die Durchsuchung von Räumen Dritter angeordnet werden kann (Unbeteiligter), wird wohl auch der unbescholtene Waffenbesitzer künftig damit rechnen müssen, dass sich die Beamten des SEK Zutritt zu seinem Schlafzimmer verschaffen werden.

Völlig schamlos wird mein grundrechtlich geschätztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung erheblich eingeschränkt. Nun dürfen der MAD und die anderen Geheimdienste erfahren, welche Waffen bei mir im Schrank stehen. Dazu paßt, daß der Bundesrat vorschlägt, eine Regelanfrage bei den Verfassungsschutzbehörden vor der Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse einzuholen. Ist eigentlich noch irgend jemand wach?

Nein! Das Thema ist derart uninteressant, daß es den Bundestag ohne einen einzigen Wortbeitrag passierte. Die Reden der Abgeordneten wurden zu Protokoll gegeben:

  1. 1. Lesung am 23.03.2012 S. 19995 Spalte D.
    Frank Tempel für DIE LINKE führt aus:

    „Die im Gesetz vorgesehene Zugriffsmöglichkeit für Geheimdienste ist nun gar nicht mehr nachvollziehbar. Wieso sollten Institutionen, die keine Strafverfolgungsbehörden sind, die keine Hausdurchsuchungen vornehmen und niemanden in Gewahrsam bringen dürfen, Zugriff erhalten? Aber solcherlei Fragen sind den meisten Innenministerien dieser Bundesrepublik offensichtlich völlig fremd. Konsequenterweise will dann auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme die letzten Beschränkungen des Zugriffs der Geheimdienste auf das Waffenregister
    aus dem Gesetzentwurf verbannen. Da kann man nur noch sarkastisch nachfragen, ob dann wenigstens die Überprüfung der „persönlichen Eignung“ von vorbestraften Rechtsextremen besser realisiert werden
    wird.“
    Das müssen wir uns ausgerechnet von DIE LINKE sagen lassen!

  2. 2. und 3. Lesung S. 20771 Spalte D.

§ 19 NWRG gewährt dem Waffenbesitzer Auskunftsrechte:

§ 19 Auskunft an den Betroffenen; Berichtigung von Daten

(1) Die Registerbehörde erteilt dem Betroffenen entsprechend § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes Auskunft. Über die Erteilung einer Auskunft entscheidet die Registerbehörde im Benehmen mit der Waffenbehörde, die die Daten übermittelt hat.

(2) Der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 muss die nachfolgenden Angaben zur antragstellenden Person enthalten:
1. Familienname,
2. Vornamen,
3. Anschrift und
4. Tag, Ort und Staat der Geburt.

(3) Die Auskunft kann auch im Wege der Datenübertragung über das Internet erteilt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Vertraulichkeit und Unversehrtheit der Daten, getroffen werden. Die Identität des Antragstellers ist nachzuweisen mittels:
1. eines elektronischen Identitätsnachweises,
2. eines Identitätsbestätigungsdienstes,
3. einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder
4. eines anderen elektronischen Nachweisverfahrens, welches über einen entsprechenden Stand der Technik zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit verfügt.

(4) Sind gespeicherte Daten unrichtig oder unvollständig, hat die Registerbehörde unverzüglich einen entsprechenden Hinweis an die zuständige Waffenbehörde zu übermitteln. § 8 Absatz 2 gilt entsprechend.

Wir schlagen vor, folgende Anfrage zu stellen:

Bundesverwaltungsamt
50728 Köln

Auskunft gemäß § 19 Nationales-Waffenregister-Gesetz – NWRG

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beantrage die Erteilung der Auskunft über die mich betreffenden Daten im Nationalen Waffenregister zum Stichtag 31.12.2012

Meine Daten:

1. Familienname,
2. Vornamen,
3. Anschrift und
4. Tag, Ort und Staat der Geburt.

Mit freundlichen Grüßen

Nach meinen Erfahrungen wird da etliches im Argen liegen!

© Bild: Paul-Georg Meister/pixelio.de

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufälliger Natur!

Ansicht eines Stehpultes des Verteidigers in Strafsachenseit ein paar Stunden steht die Skulptur auf meinem Stehpult und macht mich nachdenklich. Es gibt Menschen, die haben Angst vor diesen Tieren: Quadripingonalireutisphobie

Charakterisiert dieses Tier wirklich den Strafverteidiger?

Die Haut nach Möglichkeit dick und unempfindlich gegen Umwelteinflüsse? Angriffslustig? Meist Einzelgänger und territorial?

Das, was er als richtig erkannte, trotz Mühen und Gefahren, trotz innerer Skepsis, Langeweile oder dem Spott der Welt, trotz der jeweiligen Gefühlslage, durchzusetzen und zu realisieren?

Welch ein Zufall: Daneben steht das Werkzeug des Verteidigers, der Füller. Spitz, flüssig leitet er das Gedachte auf das Papier. Worte entstehen, können helfen aber auch verletzen, wollen bedacht werden.

Und noch ein Zufall: Daneben ist der Frosch, der sich auf dem Halm in Sicherheit bringt. Auch das wohl unter Verteidigern nicht unbekannt.

Dem Leser steht es frei, auch andere Verfahrensbeteiligte am Halm zu sehen; meist jedoch wird es der Verteidiger und/oder sein Mandant sein. ;-)

Faktor E bei Jurablogs

Wenn Sie JuraBlogs nicht kennen, lesen Sie nicht weiter.

 

Das JuraBlogs-Ranking war schon oft Thema. Heimlich schaut jeder „mal“ rein, wo man denn so stehe. Dabei finde ich aber eigenartig, dass der Faktor E, also die 5 % des „nicht-öffentlichen“ Faktors, mit einem X tituliert ist. Jeder, der 1 und 2 zusammenzählen kann, kann auch dieses X auflösen. Das habe ich vor ein paar Tagen auf einer langweiligen Zugfahrt für die Top Ten des Rankings und unseren Blog getan. Hier also das Ergebnis:

Punkte= X

8,95 = 179  Kanzlei und Recht
6,40 = 128  Heymanns Strafrecht Online Blog
1,30 = 26    kanzlei-hoenig.de
6,85 = 137  Infodocc
2,35 = 47    beck-blog
7,60 = 152  NEBGEN
0,25 = 5      Strafprozesse und andere Ungereimtheiten
7,20 = 144  Blog zum Medienrecht
8,50 = 170  Kanzleien im Internet
4,40 = 88    LawBlog
.
.
.
0,65 = 13     Dr.Schmitz & Partner

(Für alle Rechnungen keine Gewähr ;))

Welchen Faktor E die anderen BLawgs haben, kann man sich ganz leicht ausrechnen:

Man addiere A-D ((231 x 0,35)+(133 x 0,35)+(245 x 0,15)+(219 x 0,1)); dann subtrahiere man das Ergebnis von der Endpunktzahl (186,70 (gelb)) und erhält die Punktzahl für E. Diese kann man nun noch durch 0,05 teilen, womit man X erhält. Wenn sich X ähnlich generiert wie die anderen Punktzahlen, könnte man auch für Faktor E eine Rangfolge aufstellen…

Nur um das klarzustellen: Ich finde das Ranking toll. Und ich habe auch nichts gegen Faktor E. Ich finde, ein wenig Transparenz schadet dem Projekt JuraBlogs nicht. Man muss sich eben auch Faktor E hart erarbeiten. ;)

Ein alternatives Ranking gibt es übrigens bei JuraStars.

„Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle!…“ – Bestreiten auf Teufel komm raus

„Gerechtigkeit, meine Freunde, gibt es nur in der Hölle! …“ meint Joseph Roth und weiter: „Und wer die absolute Gerechtigkeit will, der ist der Rachsucht verfallen.“ [1].

In unserem Prozeß hat sich die Württembergische Versicherung das wohl zum Leitspruch gemacht.

Zwei junge Männer sind in ihrem motorisierten Schlauchboot auf der Havel unterwegs.

Angler, gut gelaunt und guter Dinge. Der dicke Bonze auf seiner Motoryacht zeigt was er hat: vor allem eine große Bugwelle, die das Boot der Jungs zum Kentern bringt.

Die herbeigerufene Polizei fängt den Flüchtigen wieder ein, Zeugen ziehen die Jungs aus dem Wasser und die WaschPo verwarnt den reuigen Sünder.

Nur für die versunkenen Sachen will er nicht zahlen, die Württembergische Versicherung läßt sich auf einen Prozeß ein und bestreitet, was man nur bestreiten kann. Das habe ich in über 20 Berufsjahren so noch nicht erlebt. So ziemlich jede Tatsache, die man bestreiten kann, wird vorsorglich bestritten.

Bestreiten auf Teufel komm raus:

  1. [1]Joseph Roth, Beichte eines Mörders, S. 48

BGH Präsident sichtet nach Ablehnungsgesuchen die dienstlichen Erklärungen der Richter

Der Streit um die Benennung von Fischer zum Vorsitzenden Richter am BGH wird immer surrealer.

Wie die Süddeutsche am 03.05.2012 unter der Überschrift

Befangene Revoluzzer
– Der bizarre Streit um eine Personalie lähmt den BGH –
Juristen werfen Präsident Tolksdorf vor, die richterliche Unabhängigkeit zu missachten“

berichtete, liegen ihr die dienstlichen Erklärungen der vor dem Präsidium „angehörten“ Richter vor, aus denen sich der Verdacht unziemlicher Einflußnahme durch das Präsidium erhärte.

Und nun nimmt Päsident Tolksdorf Einsicht in die Akten mit diesen dienstlichen Erklärungen, die in Folge eines Befangenheitsgesuches abgegeben wurden, obwohl er die Präsidiumssitzung mit der „Anhörung“ der Richter leitete und damit Zeuge dieser Vorgänge ist.

Ein solcher Vorgang dürfte einmalig sein und wird sicher nicht mehr von der „allgemeinen Informations- und Beobachtungspflicht des Präsidenten“ gedeckt. Das ist ein knallharter Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit eines Richters am BGH und erschreckt mich sehr.

Das wirft kein gutes Licht auf die Zustände am BGH, wir sehen es mit Sorge und meinen, daß hier Öffentlichkeit nottut.