Bremer Eskapaden

Natürlich kann man – innerhalb vernunftbedingter Grenzen – anderer Meinung sein. Man kann auch grundsätzlich Waffen ablehnen. Wenn die Mehrheit in der Bremer Bürgerschaft aber beschließt:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat ferner auf, der Bürgerschaft binnen dreier Monate orts- beziehungsweise landesrechtliche Regelungen zur Einführung einer Aufwandsteuer für den privaten Waffenbesitz vorzulegen, hilfsweise der Bürgerschaft einen durch ein externes Gutachten hinterlegten Bericht zu erstatten, aus welchen rechtlichen Gründen Abstand von der Einführung einer solchen Waffenbesitzsteuer genommen werden sollte.
Quelle: Sitzung 23.02.2012

kann man vor soviel Ignoranz nur verzweifeln. Die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN nehmen bestehende Gutachten, beispielsweise das von Univ.Prof.Dietlein einfach nicht zur Kenntnis. Nicht, daß sie sich damit nicht auseinandersetzen, nicht, daß sie nicht die dazugehörigen Diskussionen zu Kenntnis nehmen, sie negieren alles und lassen ein externes Gutachten in Auftrag geben. Warum eigentlich nur eins? Eine höhere Anzahl wäre doch noch besser. Oder soll für das Gutachten eine Gewichtsvorgabe erfolgen?

Auch der Rest des Beschlusses hat dieses Niveau.

1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene für eine Reform des Waffengesetzes einzusetzen, die …

und dann folgen bekannte Forderungen der Waffengegner, die ich hier gar nicht bewerten will, sondern das Einfordern dieser Änderungen. Das derzeit geltende Waffenrecht – egal was man als Waffenrechtler und Strafverteidiger davon hält – ist das Ergebnis eines jahrelangen Prozesses, und die nun vorgebrachten Forderungen waren auch mehrfach das beherrschende Thema der Diskussion.

Acht Jahre hat es gedauert, bis die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) am 04.11.2011 vom Bundesrat beschlossen wurde. Baden-Württemberg hat bereists zu Protokoll der Bundesratssitzung erklärt, daß es eigene ergänzende/ändernde Vorschriften erlassen werde.

Und nun beauftragt der Landtag in Bremen seinen Senat, sich für eine Änderung des Waffenrechtes einzusetzen. Ist da noch jemand wach?

Es ist nicht einmal zu erwarten, daß die ca. 570 Waffenbehörden in Deutschland die WaffVwV einheitlich anwenden werden, nun schert bereits ein Bundesland aus. Die Bundesregierung hat entsprechend des Bundesratsbeschlusses die WaffVwV am 30.11.2011 beschlossen, bisher (25.02.2012) ist sie noch nicht im Bundesanzeiger veröffentlicht, noch nicht in Kraft getreten. Wir haben hier für Sie die Drucksache 331/11 vom 27.05.2011 und den Beschluß des Bundesrates vom 04.11.2011, in dem die Änderungen erfaßt sind, bereitgestellt.

Die Erfahrung lehrt, daß die Staatsanwaltschaften und Gerichte auf die Hilfe versierter Strafverteidiger angewiesen sind, die ihnen den Zugang zum Waffenrecht „erleichtern“. Ein Beispiel für diese Arbeit ist unser Beitrag Pfefferspray.

Die für den Strafverteidiger typische Situation wird vom Mandanten als Albtraum empfunden: Die in Waffensachen regelmäßig stattfindenden Wohnungsdurchsuchungen. Hier kommt es darauf an Ruhe zu bewahren und Rechtsanwalt Jede mit der 24/h-Notrufnummer hinzuzuziehen!
© Bild: knipseline/pixelio.de

Waffensteuer in Bremen

Die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben einen Antrag in die Bremische Bürgerschaft eingebracht:

Waffenbesitz minimieren und Waffenbesitzsteuer in Bremen einführen
Quelle: DrS: 18/206 v.18.01.2012

300 € pro Jahr und Waffe. Ohne Hemmungen wollen die Fraktionen das Steuerrecht zur Durchsetzung ihrer Idelologie mißbrauchen.

Gutachten, wonach diese Waffensteuer rechtlich unzulässig wäre, sind hinreichend bekannt und veröffentlicht, z.B.Gutachten Dietlein. Gegenargumente sind nicht zu finden.

Dem Interessierten sei der obige Link auf den Antrag und das Gutachten empfohlen und zur Meinungsbildung und -Äußerung auch die Petition zur Bremischen Bürgerschaft.

Dort kann auch der Nichtbremer die Petition unterstützen und die Diskussion verfolgen. Wenn jemand einen substantiellen Hinweis zur Verteidigung des Antrages entdeckt, bin ich für eine Verlinkung im Kommentar zu Dank verbunden.

Ja, denkt denn keiner?

Schon wieder diese Idiosynkrasie der „Gutmenschen“. Ich hatte lange darauf gewartet: Gesetzentwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Waffengesetzes: „Schutz vor Gefahren für Leib und Leben durch kriegswaffenähnliche halbautomatische Schusswaffen“.

Das formulierte Problem:

Der menschenverachtende[1. Ich sinniere, ob es menschenrechtlich konforme Massenmorde gibt?] Massenmord auf der Insel Utøya im Sommer 2011 hat auf brutale Weise vor Augen geführt, welches Unheil mit halbautomatischen Schusswaffen, die vollautomatischen Kriegswaffen nachgebaut sind, im Falle eines Missbrauchs angerichtet werden kann…

Schon dieser erste Satz macht mich über das Verbrechen hinaus betroffen: Es soll der Nachbau sein, dessen Mißbrauch Unheil angerichtet hat? Nicht der Mißbrauch einer Waffe, das Unrecht liegt im Mißbrauch eines Nachbaus? Wäre es nach Ansicht der Verfasser nicht zu dem Verbrechen gekommen, wenn der Täter mit einer halbautomatischen Waffe geschossen hätte, die nicht einer Kriegswaffe nachgebaut wurde?

Die kennen nicht einmal den Kontext der Gesetze, die sie ändern wollen! Kriegswaffen sind nach der Gesetzesdefinition von § 1 KrWaffKG die in der Anlage aufgeführten Gegenstände, zu denen halbautomatische Gewehre gehören:

  • 29.
    • a) …
    • b) …
    • c) vollautomatische Gewehre, ausgenommen solche, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind,
    • d) halbautomatische Gewehre mit Ausnahme derjenigen, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind, und der Jagd- und Sportgewehre

Schauen wir uns den Gesetzestext (Anlage 1 – Begriffsbestimmungen – an:

  • 1.6

    Anscheinswaffen

    Anscheinswaffen sind

    • 1.6.1 Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach im Gesamterscheinungsbild den Anschein von Feuerwaffen (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.1) hervorrufen und bei denen zum Antrieb der Geschosse keine heißen Gase verwendet werden,
    • 1.6.2 Nachbildungen von Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1 oder
    • 1.6.3 unbrauchbar gemachte Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1.
  • Ausgenommen sind solche Gegenstände, die erkennbar nach den jeweiligen Umständen auch für einen Laien nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen bestimmt sind oder die Teil einer kulturhistorisch bedeutsamen Sammlung im Sinne des § 17 sind oder werden sollen oder Schusswaffen, für die gemäß § 10 Abs. 4 eine Erlaubnis zum Führen erforderlich ist. Erkennbar nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel bestimmt sind insbesondere Gegenstände, deren Größe die einer entsprechenden Feuerwaffe um 50 Prozent über- oder unterschreiten, neonfarbene Materialien enthalten oder keine Kennzeichnungen von Feuerwaffen aufweisen.[2. Fett gedruckter Text ist die Einfügung gem. Entwurf, gestrichener Text der zu streichende]

Eine Verbesserung kann ich nicht erkennen. Ganz im Gegenteil. Jetzt soll der Richter auch noch den Laienmaßstab anwenden. Wo nimmt er den her? Das soll eine hinreichend konkrete Anweisung sein, die u.U. zu einer erheblichen Strafe führt? Schämt Euch!

Aber es wird noch besser (Anlage 2 – Waffenliste -:

Abschnitt 1
Verbotene Waffen

Der Umgang mit folgenden Waffen und Munition ist verboten:

  • 1.1 Waffen (§ 1 Abs. 2), mit Ausnahme halbautomatischer tragbarer Schusswaffen, die in der Anlage zum Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (Kriegswaffenliste) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506) oder deren Änderungen aufgeführt sind, nach Verlust der Kriegswaffeneigenschaft;
  • 1.2 Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 nach den Nummern 1.2.1 bis 1.2.3 und deren Zubehör nach Nummer 1.2.4, die
  • 1.2.1.1 Vollautomaten im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.2 oder
  • 1.2.1.2 Vorderschaftrepetierflinten, bei denen anstelle des Hinterschaftes ein Kurzwaffengriff vorhanden ist oder die Waffengesamtlänge in der kürzest möglichen Verwendungsform weniger als 95 cm oder die Lauflänge weniger als 45 cm beträgt, sind;
  • 1.2.1.3 1.2.1.3 die Halbautomaten sind und in ihrer äußeren Form einer vollautomatischen Kriegswaffe, die Kriegswaffe im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen ist, überwiegend nachgebildet sind oder in sonstiger Weise den Anschein einer solchen Waffe hervorrufen;
  • 1.2.2 ihrer Form nach geeignet sind, einen anderen Gegenstand vorzutäuschen oder die mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs verkleidet sind (z. B. Koppelschlosspistolen, Schießkugelschreiber, Stockgewehre, Taschenlampenpistolen);

Da werden die Zirkelbezüge immer interessanter. Nun soll also die Unterscheidung zwischen Vollautomat und Halbautomat nicht mehr reichen, wenn der Halbautomat auch nur wie ein Vollautomat aussieht, soll er verboten sein. Seit wann ist das Aussehen, insbesondere hier bei der Differenzierung Vollautomat – Halbautomat relevant? Und dieses Verbrechen wird nun noch ausgeschlachtet, die Opfer verhöhnt. Dieses Gesetz hätte die Tat nicht verhindert, nicht geringeres Unrecht erzeugt.

Und nun sollen auf einmal wieder heimlich ungezählte legale Waffen zu verbotenen Waffen werden, die Amnestie ist begrenzt auf ca. 5 Monate. Und keiner wird wissen, ob die Waffe in seinem Schrank einer Kriegswaffe überwiegend nachgebildet ist oder in sonstiger Weise den Anschein einer solchen Waffe hervorruft. Auf den Punkt gebracht: Wann sieht ein Halbautomat wie ein Vollautomat aus? Wann sieht er zwar nicht so aus, ruft aber den Anschein hervor, ein Vollautomat zu sein.

Nicht etwa, daß die Waffenbehörden in der Lage wären, die Waffenbesitzer zu informieren. Nicht etwa, daß es auch nur unter Sachverständigen Einigkeit über den Anschein gäbe. Ich kann mir schon meine Lichtbildvorlage an den Sachverständigen vorstellen, in dem ich ihn befrage, ob es sich um einen Vollautomaten oder Halbautomaten handele. Über die Einsendung von Bildern für eine solche Mappe würde ich mich sehr freuen.

Sylvester und Schreckschuss

Zusammengefasst und vereinfacht die Rechtslage, die auch an Sylvester Silvester gilt:

  • Wer auf der Straße mit einer Schreckschußwaffe herumläuft, braucht einen Kleinen Waffenschein.
    • Ausnahme: Sie wird nicht schussbereit und nicht zugriffsbereit von einem Ort zu einem anderen Ort befördert, sofern der Transport der Waffe zu einem vom Bedürfnis umfassten Zweck oder im Zusammenhang damit erfolgt.
  • Wer mit einer Schreckschußwaffe schießen will, braucht eine Schießerlaubnis.
    • Ausnahme: durch den Inhaber des Hausrechts oder mit dessen Zustimmung im befriedeten Besitztum (nicht Balkon! Senkrecht nach oben, nicht in der Nähe von leicht brennbaren Objekten usw.)
  • Wer sich nicht daran hält und erwischt wird, kann dafür übelst bestraft werden.
  • Die vor allem durch Alkoholgenuß gehäuft vorkommenden unbeabsichtigten Verletzungen können erheblich sein.
  • Wer lieber das Geld für mich als für Knaller oder Brot statt Böller ausgibt, wird von mir wegen eines der genannten Vorwürfe zum Preis von 1.500 € incl. USt verteidigt (incl. I. Instanz) – wenn er den Auftrag bis zum 31.01.2013 erteilt.
  • Wir wünschen einen straffreien guten Rutsch ins Neue Jahr!

Ehepaar hortete Waffen in Wohnung

berichtet der Polizeiticker heute

Gestern Mittag wurde auf einem Polizeiabschnitt angezeigt, dass sich in einer Wohnung in Neukölln eine Vielzahl von Waffen befindet. Den eingesetzten Beamten, die gegen 13 Uhr die Wohnung in der Sonnenallee mit einem Durchsuchungsbeschluss betraten, bot sich ein erstaunliches Bild. In einem Zimmer hatten die Eheleute insgesamt 38 Schusswaffen und entsprechende Munition gelagert. Von diesen dort zum Teil „ausgestellten“ Waffen waren vier Gewehre, zwei Pistolen, ein Revolver, eine Abzugsvorrichtung und rund 300 Schuss Munition unterschiedlichen Kalibers waffenrechtlich relevant. Alle Waffen wurden sichergestellt. Gegen die 56-jährige Frau und ihren 59-jährigen Ehemann wird ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz eingeleitet.

Aus mehreren Gründen finde ich die Meldung interessant:

  • Man muß sich klar machen, daß ein Durchsuchungsbeschluß sehr schnell ergeht wenn der Tatverdacht des unerlaubten Waffenbesitzes besteht. Das war in Berlin schon immer so. Bis zur Wende kamen die Militärpolizisten in Begleitung der Berliner Polizei und hielten Nachschau.
  • Von 38 Schußwaffen waren sieben Schußwaffen „waffenrechtlich relevant“, gleichwohl wurden alle Schußwaffen sichergestellt. Warum?
  • Warum sollten die anderen Schußwaffen nicht waffenrechtlich relevant sein? Schußwaffen sind immer waffenrechtlich relevant!
  • Der Vorwurf „Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“ (KWKG) wiegt besonders schwer. Der „Normalbürger“ denkt sich Schreckliches, jedoch gehören zu den Kriegswaffen nach der Waffenliste auch

    halbautomatische Gewehre mit Ausnahme derjenigen, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind, und der Jagd- und Sportgewehre.

    Und diese Feststellung gelingt meist nur besonders sachverständigen Personen. Das BKA hat beispielsweise letztens festgestellt (20.09.2010) daß eine im wesentlichen der amerikanischen Maschinenpistole MP Thompson gleichende Waffe keine Kriegswaffe im oben beschriebenem Sinne ist.