Davor schützen keine Gesetze

Ein Zweiradmechaniker schoss nach Konsum von reichlich Alkohol und Drogen mit einem Kleinkalibergewehr am frühen Morgen des 19. März aus einem Wald bei Lebach heraus gezielt auf vorbeifahrende Autos und versetzte eine ganze Region in Angst und Schrecken.

Die Schüsse hatten 14 Fahrzeuge getroffen, zwei Insassen wurden verletzt.

Das Landgericht Saarbrücken befand ihn des versuchten Mordes in 14 Fällen, des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, des unerlauben Waffenbesitzes und in zwei Fällen der gefährlichen Körperverletzung für schuldig und verhängte eine Haftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.

Der unerlaubte Waffenbesitz hat sich sicherlich nicht besonders strafschärfend ausgewirkt.

Frühkindliche Erziehung

Nicht nur die Kinder, auch Ehepartner und in der Wohnung lebende Hunde und Katzen reagieren verstört auf einen Besuch des Spezialeinsatzkommandos (SEK).

Ihre Mitbewohner sollten Sie darauf vorbereiten, daß es zu einem Besuch der Damen und Herren mit der besonderen Ausrüstung und Ausbildung kommen kann. Das ist hier keine Panikmache, sondern pure Realität.

Wenn die Polizei davon ausgeht, daß sich in Ihrem Besitz unerlaubte scharfe Waffen befinden oder Sie unerlaubt Gebrauch von Ihren erlaubten Waffen machen könnten, wird aus Eigensicherungsgründen das SEK den ersten Zugriff auf die Wohnung haben. Dabei ist es völlig egal, ob Sie ein polizeibekannter Schwerverbrecher sind oder Du Deinen 14. Geburtstag feierst.

Sicherheit geht vor. Besonders die eigene. So sehen es die Polizeibeamten und so sollten Sie es auch handhaben!

Klären Sie Ihre Mitbewohner und sich selbst über die Vorgehensweise der SEKs auf. Im Ernstfall können Sie dann auf die Gedankenspiele zurückgreifen.

Verfahren nach fünf Jahren zum Abschluß gebracht

Manche Verfahren dauern lange. Dies kann die verschiedensten Ursachen haben, beispielsweise mangelnde (mangelhafte) Ressourcen der Justiz oder sehr komplizierte Sach- und Rechtsfragen. Manchesmal kommt auch beides zusammen.

Aktuell haben wir Strafverteidiger ein sehr komplexes Verfahren vor dem Landgericht Tübingen beendet. Die Ermittlungen begannen im April 2010 und endeten mit Urteil des Landgerichtes Tübingen im Juli 2015.

Begonnen hatte das Ganze mit einer Beschlagnahme von Munition auf dem FRAPORT. Die Ware, ordentlich mit korrektem Frachtbrief und allen Unterlagen versehen, kam aus Neuseeland und wurde über England nach Frankfurt geflogen, um von dort mit einer der wenigen dafür geeigneten Frachtmaschinen nach Kasachstan geflogen zu werden. Diese fliegt nicht ab Frankfurt/Main, sondern ab Frankfurt/Hahn. Dazwischen liegen ein paar Kilometer, die mit dem Lkw zurückgelegt werden sollten, der dafür eine eigene Flugnummer erhält.

Dumm nur, daß diese wichtigen Details den Mandanten nicht bekannt waren – und wären sie bekannt gewesen, hätten sie mit der Information wohl nichts anfangen können.  Der Spediteur erhielt die Auskunft, daß eine waffenrechtlichen Erlaubnis nicht benötigt werde.

Es wäre wahrscheinlich alles gut gegangen, wenn die Munition auf dem FRAPORT einfach in eine andere Maschine umgeladen worden wäre. So war jetzt aber der Zoll der Meinung, daß eine waffenrechtliche Verbringungserlaubnis für den Transport auf dem Landweg nötig sei. Das Unglück nahm seinen Lauf, die Durchsuchungen in den Geschäftsräumen brachten weitere Geschäfte mit Bezug zu Waffen, u.a. Kriegswaffen zutage.

Unzweifelhaft hatten die Hersteller der Waffen eine Genehmigung der jeweiligen zuständigen Behörden zum Export der Waffen nach Kasachstan. Sowohl deutsche, als auch schweizer Behörden genehmigten die Geschäfte. Deutsche Interessen wurden zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt: Es lagen sogenannte End-User-Certificates vor und der Bestand wurde für die deutschen Behörden im Ausland kontrolliert und dokumentiert.

Was aber kaum einer weiß: Die Vermittlung von Waffengeschäften ist strafbar, falls keine Waffenhandelserlaubnis, WHE genannt, erteilt worden ist. Nur Gewerbetreibende mit WHE dürfen Waffengeschäfte vermitteln. Ab wann sind Handlungen strafbare Vermittlungshandlungen, wann nur Finanzierungsgeschäfte oder straffreie Vorbereitungshandlungen?

Im Kriegswaffenrecht ist es noch komplizierter, hier kommt es entscheidend darauf an, wo sich die Kriegswaffen befinden und wo die diesbezüglichen Geschäfte abgeschlossen werden. Und ab wann ist eine Waffe eine Kriegswaffe? Manchesmal eine unendliche Geschichte im Streit der Sachverständigen.

Alle wußten über die Details der Waffengeschäfte bescheid. Das Auswärtige Amt, das BAfA, der BND. Nur die Waffenbehörde wußte nichts und als es dann ‚mal ein Ermittlungsverfahren gab, das mangels Tatverdacht eingestellt wurde, informierte man die Beschuldigten nicht, die wie bisher weitermachten und sich keiner Schuld bewußt waren.

Sicherheitshalber sperrt man die Verdächtigen erst einmal ein. Nachvollziehbar, daß das zumindest die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmers vernichtet?

Die Mandanten haben auf alle prozessualen Rechte verzichtet, auf die man mit halbwegs gutem Gewissen als Verteidiger noch verzichten kann, um eine baldige Hauptverhandlung zu erreichen.

Angeklagt waren zahlreiche Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Waffengesetz.

Kompliziert sind in derartigen Verfahren die Verknüpfungen der verschiedensten Rechtsgebiete. Waffenrecht, Kriegswaffenkontrollrecht, Außenwirtschaftsrecht spielen zentrale Rollen in derartigen Verfahren, und die Spezialisten dieser „Exotenmaterien“ sitzen in der Regel nicht bei der Staatsanwaltschaft.

Dies bekamen wir vor dem Amtsgericht (erweitertes Schöffengericht) deutlich zu spüren. Nachdem der Bundesgerichtshof die Verfahren zur Verhandlung vor dem Amtsgericht verbunden hatte, gab das Amtsgericht das Verfahren an eine Große Strafkammer des Landgerichtes Tübingen mit der Begründung ab: Vier Jahre Strafgewalt des Schöffengerichtes reichen nicht aus. Der pure Albtraum für Angeklagte und Verteidiger.

Wir hatten den Eindruck, das dort zum ersten Mal unsere schriftlich fixierten Argumente zur Kenntnis genommen wurden. Das Landgericht hob die Haftbefehle auf und drei Jahre später begann die Verhandlung vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Tübingen.

Sie endete am 20.07.215 nach einer Verständigung mit Bewährungsstrafen von 1 Jahr und 8 Monaten für den Geschäftsführer und 1 Jahr und 4 Monaten für den Angestellten, der der Beihilfe für schuldig befunden wurde.

Die Lektüre unserer Pressemappe läßt nachvollziehen, wie turbulent es teilweise zuging.

Hier unser Pressespiegel: DWR_20150726

Bitte sehen Sie uns das Eigenlob nach: Es gibt nicht viele Kanzleien, in denen drei Rechtsanwälte zur Verfügung stehen, um derartige Strafverfahren über einen derart lange Zeitraum erfolgreich managen zu können.

Ein Amerikaner in Berlin

Fehler, großer Fehler:

Für weniger als 10$ hat er in den USA noch ein Mitbringsel gekauft für die Neffen in Berlin. Eine Zwille. Mit einer Steinschleuder hat er als Kind auch gespielt. Die Zwille hat sogar eine Armstütze, das macht die Bedienung viel einfacher.

Der Service in Berlin ist sehr gut. Der Strafbefehl wird ins Englische übersetzt. 900€ Strafe plus Verfahrenskosten. Beim derzeitigem Dollarkurs ein echtes Schnäppchen. Besser, er hätte eine Armbrust gekauft, die ist in Deutschland erlaubt.

Klicken Sie auf das Miniaturbild und es öffnet sich die Kopie des Strafbefehls in englischer Sprache.

Zwille_Seite_1 Zwille_Seite_2

Ich finde, er hat noch Glück gehabt. Die Gutmenschen hier erklären ihm sicherlich gerne, wie gefährlich eine solche Zwille doch sein kann. Schließlich ist mit einem solchen Gerät auch schon Goliath getötet worden. Ach so, der Ami ist kein Kreationist?

Lieber Gutmensch, erklären Sie mir bitte, warum er auch mit diesem Kinderspielzeug genauso hart bestraft worden wäre, genau genommen sogar noch härter, weil er die erheblichen Gutachterkosten hätte bezahlen müssen?

Pistole_Saug

Der Gutachter muß nämlich feststellen, ob die maximale Bewegungsenergie der Geschossspitzen je Flächeneinheit von 0,16 J/cm2 überschritten wird (Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1.2.2 WaffG). Falls Sie, lieber Gutmensch, nicht so schnell rechnen können:

0,16 Joule entsprechen 0,000038215 Kilo-Kalorien (Nahrung)
Interessanter ist wohl die Tatsache, daß 0,16 Joule = 0,16 Newton-Meter sind.
1,631 kg/cm² Liest sich nach „Aua!“

Apropo: Der Luftdruck auf Meereshöhe ist ca. 1013 hPa (Hectpascal).
Um die Verwirrung komplett zu machen: 1 Hectopascal (1 hPa = 100 Pa = 1 N/cm²) – 1013hPa = 10,13 N/cm² oder deutlicher: 1,03297636 kg/cm² Luftdruck auf jedem Zentimeter Hautoberfläche.

Für die Physiker unter Ihnen: Wie bekomme ich mit handelsüblichem Werkzeug raus, ob das Spielzeug aus den Kindertagen mir einen Strafbefehl einbringt?

Anwaltsschelte in der Presse

Wie von Verteidiger Andreas Jede gefordert, sollten Zeugen vom Verfassungsschutz und vom Auswärtigen Amt geladen werden, damit sie in dem Verfahren gegen die beiden Angeklagten … aussagen sollten. Nur: Lassen sich Vertreter solcher Einrichtungen einfach so mal nach Xlingen zitieren? Sie lassen.

Was für ein böser Verteidiger! Es kommt noch schlimmer:

Bevor jedoch der Botschaftsmitarbeiter überhaupt aussagen konnte, hatte Rechtsanwalt Jede ein Befangenheitsgesuch gegen die Richter A-Hörnchen und B-Hörnchen gestellt – kurz nachdem zu Beginn des Verhandlungstages am Montag das vorherige, gleich geartete Gesuch von Amtsgerichtsdirektor Friederich H. abgeschmettert worden war.

Nicht nur einmal, nein zweimal. Eigentlich hätten wir es nach Meinung der Mandanten aufgeben sollen. „Das hat bei denen eh keinen Sinn!“

Nun sind es bereits vier Rechtsanwälte, die jene beiden vermeintlichen Waffenhändler vor Gericht vertreten.

Allerdings kommt es nur selten dazu, weil ja deren Vorsprecher Andreas Jede immer wieder viele Seiten umfassende Traktate wegen Befangenheit und weiterer Zeugenvernahme verliest.

„Die Rechtsanwälte haben schon in Frankfurt vor Gericht ein gleiches Verhalten demonstriert“, sagte Erste Staatsanwältin Susi Sorglos. Sie bemängelte zudem in ihrer Erwiderung zu dem Befangenheitsantrag „den herabwürdigenden Ton in den Schriftsätzen“ des Berliner Advokaten, den er auch im Gerichtssaal deutlich pflegt.

Fast drei Jahre später ist das Verfahren endlich beendet. Hätten A-Hörnchen und B-Hörnchen uns zugehört und nicht wie der Journalist nur schwadroniert, hätte das Oberlandesgericht sie nicht georhrfeigt und die Justiz sich einen Haufen Aufwand erspart. Der Presseberichterstatter aus dem Landgericht berichtete:

Urteil im Waffenprozess: Keine Waffenschieber
Wegen unerlaubten Waffenhandels in sechs Fällen verurteilte das Tübinger Landgericht jetzt zwei Geschäftsleute … zu Haftstrafen von einem Jahr und acht Monaten beziehungsweise einem Jahr und vier Monaten.
»Man kann hier nicht von Waffenschiebereien … sprechen«, betonte die vorsitzende Richterin. Auch sei der Waffenhandel keineswegs das Hauptgeschäft der Firma gewesen.
Was den Fall so besonders macht: Die Hersteller der Waffen, sie sitzen in Deutschland und der Schweiz, hätten über eine Ausfuhrgenehmigung für die Waffen verfügt.