Ein Schuft, wer böses denkt?

Die Entscheidung des BVerwG v. 07.03.2016 zu Halbautomaten auf der Jagd hatte ich bereits auf unserer Hauspostille unter dem Titel Ideologie frißt Hirn verrissen. Der Gesetzgeber hat verblüffend schnell reagiert und das Bundejagdgesetz „repariert“.

Das Gesetz wurde am 08. Juli 2016 vom Deutschen Bundestag beschlossen und am 23. September hat der Bundesrat zugestimmt. Im Bundesgesetzblatt wurde es erst am 09. November 2016 verkündet, so daß es am 10. November 2016 in Kraft trat.

Für die anstehenden Drückjagden hat sich ein Mandant einen Halbautomaten zugelegt. Die Waffenbehörde hat die Eintragung der Waffe in die WBK mit Schreiben vom 07.11.2016 – drei Tage vor dem förmlichen Inkrafttreten des Gesetzes – verweigert:

Ihrem Mandanten wurden waffenrechtliche Erlaubnisse erteilt, da er das Bedürfnis als Jäger nachgewiesen hat. Mit Urteil vom 07.03.2016, Aktenzeichen BVerwG 6 C 60.14 hat das Bundesverwaltungsgericht, festgestellt, dass Jäger kein berechtigtes Interesse zum Besitz halbautomatischer Langwaffen haben, die aufgrund der baulichen Beschaffenheit der Waffe die Verwendung eines größeren Patronenmagazins von mehr als zwei Patronen zulassen, da diese einem generellen gesetzlichen Erwerbs- und Besitzverbot für jagdliche Zwecke unterliegen.

Ich habe da ein Wort für: Eklig! Ideologie frißt Hirn.

Disclaimer

Allenthalben liest man, daß die Waffenbehörden mit Amtshilfe von Spezialkommandos der Polizei, tragischerweise auch mit tödlichem Ausgang, Waffen bei Menschen abholen, die diese Waffen rechtmäßig, also mit Erlaubnis erworben haben, aber die Berechtigung wieder verloren.

Momentan scheinen die selbsternannten Reichsbürger ins Visier zu geraten. Morgen werden es die Wutbürger sein und bis übermorgen kann ich nicht in die Zukunft gucken.

Jedenfalls sind es Gesinnungen, die auf dem Prüfstand sind. Das Gesetz erklärt genau, welche Gesinnungen den Menschen unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes machen; Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die (§ 5 WaffG):

2. Mitglied
a) in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b) in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,

3. einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die
a) gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder
b) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, oder
c) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

Falls einer der Entscheidungsträger das liest; ich bin kein Reichsbürger, kein Wutbürger. Auch 2. a) und b) treffen auf mich nicht zu. Ich stehe mit beiden Beinen auf der FDGO und käme nie auf den Gedanken, die auswärtigen Belange der Bundesrepublik zu gefährden.

Das mit dem friedlichen Zusammenleben der Völker macht mich ein wenig nervös, da ich als Einzelner durchaus die Meinung vertrete, daß Kriege gerechtfertigt sein können. Wenn ich es genau überlege: Nur, um das friedliche Zusammenleben der Völker wiederherzustellen.

Ich hätte nie gedacht, daß es soweit kommt, daß ich aus Angst vor staatlichem Handeln eine Gesinnungserklärung abgebe. Aber ich bin halt deutsch. Das ist ja Tradition in Deutschland. Gelebte Tradition.

Ich übertreibe?

Vor mir liegt eine Akte. Der alte Herr wurde ausgebremst und mußte eine Notbremsung machen. Der Fahrer baute sich drohend neben seinem Fenster auf und bedrohte ihn voller Wut „Ich bring Dich um, Du Sau!“ und schlug gegen das Fenster. Der Mandant sprüht Pfefferspray durch den Fensterspalt.

Die Durchsuchung seines Hauses und der Abtransport seiner Waffen und Dekowaffen und leeren Patronenhülsen und und und nahm mehrere Stunden in Anspruch. Ein Protokoll der Sicherstellungen liegt nach über einer Woche immer noch nicht vor.

Der Mann ist immer noch Tagesgespräch in der Siedlung. Aber mittlerweile haben wir eine Anhörung der Waffenbehörde.

Manchmal macht der Beruf so gar keinen Spaß.

Pyro Defender – und ab in den Knast?

Hat eine Zulassung BAM Klasse 1 als Kleinstfeuerwerk

Hat eine Zulassung BAM Klasse 1 als Kleinstfeuerwerk

Angeblich sind die Dinger frei verkäuflich ab 18 inkl. BAM Zulassung (BAM-P1-0831 2.3/1291/15).

Tatsächlich dürften sich die Besitzer strafbar machen und wer so ein Ding führt geht das Risiko einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ein.

Auch Händler, die das Ding an Verbraucher verkaufen, werden sich mit den Strafverfolgungsbehörden auseinandersetzen müssen.

Was ist das für ein Ding?

Klein und handlich. Letztlich nur ein Griff mit Abzug. Es verfügt über ein wechselbares Magazin mit drei Schuss 14.3mm Flashbang-Kartuschen, die mittels einer elektronischen Zündung abgefeuert werden und dabei eine kombinierte Wirkung von Licht und Knall entwickeln, die beim Angreifer zu einem vorübergehenden Verlust der Orientierung führen sollen. Die Lautstärke soll bis zu 150 db betragen.

Und da gibt es Leute, die behaupten, das Ding unterliege nicht dem Waffengesetz.

Ich denke, das ist quatsch.

Den Schußwaffen gleichgestellte Gegenstände unterliegen dem Waffenrecht, denn diese sind Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG.

In der Anlage 1 zum Waffengesetz sind Schußwaffen und ihnen gleich gestellte Gegenstände wie folgt definiert:

1. Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1
1.1 Schusswaffen
Schusswaffen sind Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden.
1.2 Gleichgestellte Gegenstände
Den Schusswaffen stehen gleich tragbare Gegenstände,
1.2.1 die zum Abschießen von Munition für die in Nummer 1.1 genannten Zwecke bestimmt sind,

Also handelt es sich um einen den Schußwaffen gleichgestellten Gegenstand, sofern er zum Abschießen von Munition bestimmt ist.

Was Munition ist, erklärt der Gesetzgeber in der Anlage 1 zum Waffengesetz unter Abschnitt 1 Unterabschnitt 3:

1. Munition ist zum Verschießen aus Schusswaffen bestimmte
1.1 Patronenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss enthalten, und Geschosse mit Eigenantrieb),
1.2 Kartuschenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss nicht enthalten),
1.3 hülsenlose Munition (Ladung mit oder ohne Geschoss, wobei die Treibladung eine den Innenabmessungen einer Schusswaffe oder eines Gegenstandes nach Unterabschnitt 1 Nr. 1.2 angepasste Form hat),

Ohne Zweifel handelt es sich um einen einer Schußwaffe gleichgestellten Gegenstand. Genauer um einen sogenannten Notsignalgeber, der kein eigenes Patronen- oder Kartuschenlager besitzt und keine Geschosse verschießt.

Dies sieht wohl auch die Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz so. [1]

Ich gebe es zu: das Waffenrecht ist viel zu kompliziert. Selbst Bundesbehörden verstehen es nicht.

Gegenüber der Tagesschau (Sendung v. 07.10.2016 12:00h) hat das BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung), zuständig für die Pyrotechnik erklärt:

Der Pyro-Defender ist aus hiesiger Sicht keine Waffe (…) im Sinne einer waffenrechtlichen Zuordnung. Das Auslösegerät hat weder einen Lauf, noch efolgt ein Ausstoß von Gegenständen (Munition).

Tja, meine Damen und Herren, wie wir oben gelernt haben, ist die Sache mit dem Lauf nur die halbe Wahrheit (Nr. 1.1); ein tragbarer Gegenstand zum Abschießen von Munition (Nr. 1.2.1) erfüllt auch die Definition. Ist also nix mit Lauf. Der ist nur Voraussetzung für die Schußwaffe, nicht für die den Schußwaffen gleichgestellten Gegenstände.

Tja, und der Ausstoß von Gegenständen (das Gesetz spricht von Geschossen) ist auch nicht das Merkmal aller Munitionsarten, Kartuschenmunition ist Munition, die ein Geschoß nicht enthalten (vgl. oben Nr. 1.2 im Unterabschnitt 3 der Anlage 1 zum Waffengesetz).

Wer soll denn da noch durchblicken wenn das BAM nicht mal mehr freie Sicht hat und eine Zulassung „pyrotechnische Gegenstände für sonstige Zwecke mit geringer Gefahr – erhältlich ab 18“ erteilt?

Der Bericht der Tagesschau zeigt in einem Versuch die extreme Gefährlichkeit des Pyro-Defender und ein Kurzinterview mit mir

Tagesschau 07.10.2016 12:00

Tagesschau 07.10.2016 12:00


Und eine witzige Seite hat das Ganze auch. Der Importeur (der nebenbei ein erhebliches Haftungsrisiko eingeht) erklärte:

Jedes Brotmesser kann gefährlich sein!

Recht hat er! Die Schnitte mit Jedes Brotmesser sind besonders schmerzhaft und heilen schlecht, wie jeder aus der Familie Jede bestätigen wird.

Wer allerdings unsere Brotmesser ohne berechtigtes Interesse auf der Straße spazieren führt, geht nur das Risiko eines Bußgeldes ein. Wer den Pyro-Defender mit berechtigtem Interesse ohne Waffenschein im Handschuhfach des Autos herumfährt, riskiert eine erhebliche Freiheits- oder Geldstrafe.

Fazit: Das Gesetz umfaßt diese Geräte und droht für den unerlaubten Umgang mit ihnen erhebliche Strafen an. Es mangelt wie so oft am Gesetzesvollzug.

  1. [1]Ausführungen zu Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 2.8:

    Sogenannte Notsignalgeber, die kein eigenes Patronen- oder Kartuschenlager besitzen, sind nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 1.2.1 als tragbare Gegenstände zum Abschießen von Munition den Schusswaffen und somit den Signalwaffen gleichgestellt.

1000 Jahre Knast

(null)

An der Cote d’Azur achten die deutschen Touristen vielleicht auf Taschendiebe. Wer sich hier für ein paar € ein Messerchen kauft, das nicht mit dem Laguiole-Binchen verziert ist, sondern geteilte Griffe hat – Butterfly-Messer – hat in Deutschland ein massives Problem am Hals.

Einzelheiten finden Sie auf unserem Spezialangebot Deutsches Waffenrecht oder Sie fragen mich ab nächster Woche persönlich.

(null)

Nein, wir sind hier nicht „in da hood“

42aschreibt die Polizei Oberbayern Süd auf Facebook

In Miesbach wurden zwei Männer auf offener Straße mit Softair-Pistolen gesehen.

Ziemlich gefährlicher Irrsinn

Die Polizisten waren gerade ausgestiegen, als einer der beiden gesuchten Männer aus einer Bank kam. Fast zeitgleich kam der Zweite aus dem Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz, der Mann hielt dabei eine Pistole in der Hand und, wie sich später herausstellte, eine zweite Waffe unter dem Arm! Ein Polizist, der gerade den Pkw der Verdächtigen überprüfen wollte, sah das und zückte seine Dienstwaffe. Nur der Besonnenheit der Polizisten und der Reaktion des Bewaffneten, ist es zu verdanken, dass in diesem Moment nicht Schlimmes passierte. Als er angesprochen wurde, reagierte der Verdächtige zum Glück richtig und richtete die Waffe nicht in Richtung der Beamten. Er erklärte sofort, dass er „Spielzeugwaffen“ dabei habe.
Quelle: Pressemeldung PP Oberbayern Süd 05.08.2016

§ 42a WaffG – Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen

Die Herren werden einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen § 42a WaffG erhalten. Es ist verboten, Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit zu führen. Ein Verstoß wird mit einem Bußgeld bis zu 10.000 € belohnt.

Definition Anscheinswaffen

Was sind Anscheinswaffen? Das findet sich in der Anlage 1 zum Waffengesetz beschrieben:

Anscheinswaffen sind
1.6.1 Schusswaffen, die ihrer äußeren Form nach im Gesamterscheinungsbild den Anschein von Feuerwaffen (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.1) hervorrufen und bei denen zum Antrieb der Geschosse keine heißen Gase verwendet werden,
1.6.2 Nachbildungen von Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1 oder
1.6.3 unbrauchbar gemachte Schusswaffen mit dem Aussehen von Schusswaffen nach Nummer 1.6.1.
Ausgenommen sind solche Gegenstände, die erkennbar nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel oder für Brauchtumsveranstaltungen bestimmt sind oder die Teil einer kulturhistorisch bedeutsamen Sammlung im Sinne des § 17 sind oder werden sollen oder Schusswaffen, für die gemäß § 10 Abs. 4 eine Erlaubnis zum Führen erforderlich ist. Erkennbar nach ihrem Gesamterscheinungsbild zum Spiel bestimmt sind insbesondere Gegenstände, deren Größe die einer entsprechenden Feuerwaffe um 50 Prozent über- oder unterschreiten, neonfarbene Materialien enthalten oder keine Kennzeichnungen von Feuerwaffen aufweisen.

Definition Führen von Waffen

Na ja, der Begriff „Führen“ ist auch nicht selbsterklärend und wird ebenfalls in der Anlage 1 zum Waffengesetzt gesetzlich definiert:

führt eine Waffe, wer die tatsächliche Gewalt darüber außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte ausübt

Gesellschaftliche Ächtung von Anscheinswaffen

In der WaffVwV wurde aus der amtlichen Begründung[1] zum Gesetz zitiert. Anscheinswaffen, also Spielzeug, ist sozial zu ächten:

§ 42a erweitert das Führensverbot für Anscheinswaffen. Deren Transport ist nur noch in einem verschlossenen Behältnis (z. B. in einer eingeschweißten Verpackung oder in einer mit Schloss verriegelten Tasche) vom Erwerbsort zu oder zwischen befriedetem Besitztum möglich. Auf diese Weise sollen für den Transport von Anscheinswaffen hohe Hürden aufgebaut werden. Inhaber von Anscheinswaffen sollen es wesentlich schwerer haben, diese außerhalb des eigenen befriedeten Besitztums zu benutzen. Die hohe Hürde für den Transport von Anscheinswaffen ist ein Beitrag zu ihrer gesellschaftlichen Ächtung.

Spielzeughandgranaten müssen nicht in einem verschlossenen Behältnis transportiert werden und dürfen auch in der Öffentlichkeit geführt werden. Wer das macht, riskiert ebenfalls „Schlimmes“, muß aber nicht mit einem Bußgeld rechnen. Mal sehen, wann der Gesetzgeber nachbessert. Man muß den Damen und Herren schnellstens klarmachen, daß auch dieses Atrappen gesellschaftlich zu ächten sind.

Im übrigen ist der Anwendungsbereich des § 42a WaffG noch wesentlich größer. Einhandmesser und feststehende Messer mit einer Klingenlänge von mehr als 12cm dürfen auch nicht geführt werden.

  1. [1]vgl. BTDrS 16/8224, seite 17