Sündenkuss-Anwälte benötigen künftig keine Berufshaftpflichtversicherung

Das ist nur eine der Wahnsinnstaten des Gesetzgebers im Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte

Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung gälten auch für Syndizi. Daher bedürfe es auch keiner Berufshaftpflichtversicherung gegenüber dem eigenen Arbeitgeber, das sei systemfremd. Eine Berufshaftpflichtversicherungspflicht würde im Übrigen eine Schlechterstellung gegenüber angestellten Rechtsanwälten in Kanzleien bedeuten, die diese nicht benötigten. Ferner sei die Höhe der Versicherungsprämien hierfür nicht absehbar. Diese wären unter Umständen so hoch, dass sie wirtschaftlich nicht tragbar seien und damit sich niemand mehr als Syndikusanwalt zulassen würde.
Drucksache 18/6915

Kann man nicht wenigstens erwarten, daß unsere Abgeordneten in den Fach-Ausschüssen sich mit der Materie auskennen? Die Auswahl der Sachverständigen war schon üble Taktik. Selbstverständlich benötigt jeder zugelassene Rechtsanwalt eine Berufshaftpflichtversicherung. Der angestellte Rechtsanwalt erhöht die Prämien des Arbeitgebers in erheblichem Umfang, darüber hinaus benötigt er eine eigene Versicherung.

Dies ist eine Drohung: Ich habe mir die Namen der beteiligen Abgeordneten des Deutschen Bundestages notiert und werde bei Wahlentscheidungen entsprechend votieren.

Ich empfinde Syndikusse nicht als Konkurrenz. Aber der Schaden für unsere Rechtsordnung wird erheblich sein.

2 Kommentare
  1. RA Daniel
    RA Daniel sagte:

    „Ich empfinde Syndikusse nicht als Konkurrenz. Aber der Schaden für unsere Rechtsordnung wird erheblich sein.“

    Soso. Kann man vielleicht auch erfahren, warum Sie das so sehen?
    RA Jede:
    Komisch, ich habe den Eindruck, daß Sie es nicht wirklich wissen wollen.

    • Eine Aufspaltung der Rechtsanwaltschaft in richtige Anwälte und Anwälte zweiter Klasse ist für die Rechtsordnung schlecht.
    • Rechtsanwalt muß sich nicht versichern für die Schäden, die er seinem Mandanten anrichtet. Was meinen Sie, wie die Rechtswirklichkeit dann aussieht? Aufträge mit hohem Risiko werden an richtige Anwälte vergeben, was sich auf das Prämienvolumen auswirken wird.
    • Mischkalkulationen für die richtigen Anwälte werden immer weniger möglich sein. Die Rechtsverfolgung für die Konzerne wird billiger, die Rechtsverfolgung für den „kleinen Mann“ noch teurer.
    • Ich denke nicht, daß unser international sowieso exotisches System der Verteilung der Rechtsverfolgungskosten bestehen bleiben kann. Wenn eine Partei sich durch ihren Syndikus vertreten läßt, welche Kosten macht sie dann im Kostenfeststetzungsverfahren geltend?
    • Das Fremdbesitzverbot wird zwingend fallen, es gibt keine Argumente mehr gegen Strukturen wie die britische ABS. Es wird bald große Rechtsanwaltsstrukturen geben, die im Besitz der Konzerne sind.
    • Der EUGH hat sich überdeutlich zu Syndikusanwälten ausgelassen. Nach derzeitiger Entwurfslage darf die Syndici ihren Arbeitgeber nicht in einem Vergewaltigungsverfahren verteidigen, wohl aber in einem Verfahren der Steuerhinterziehung. Sie glauben wirklich, das verkraftet unsere Rechtsordnung ohne erheblich Schäden?

    Ein paar Gedanken dazu finden Sie auch auf dem Beitrag: Und keiner soll sagen, er hätte es nicht gewußt

    Antworten
  2. RA Daniel
    RA Daniel sagte:

    Vielen Dank für die Ausführungen, die ich gerne kurz kommentiere – und damit auch die Diskussion beenden möchte (Agree to disagree).
    Kursiv gesetzte Texte sind von RA Jede eingefügt: Das ist nun mal so, mein LawBlog, ich habe das letzte Wort und die Löschtaste.
    * Eine Aufspaltung der Rechtsanwaltschaft in richtige Anwälte und Anwälte zweiter Klasse ist für die Rechtsordnung schlecht.

    Definitiv. Allerdings sehe ich die Regelungen nicht als „erster und zweiter Klasse“, auch wenn eine absolute Gleichstellung sicherlich schön wäre.
    Wieso soll die Gleichstellung schön sein. Gerechtigkeit ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gesetzentwurf sieht erhebliche Unterschiede zwischen Soziusanwälten und Rechtsanwälten vor. Der Rechtsanwalt übt einen freien Beruf aus. Er ist unabhängig. Er trägt u.a. auch die wirtschaftlichen Risiken seiner Tätigkeit. Der bei einem Unternehmer angestellte Rechtsanwalt ist angestellt. Punkt. Er ist Angestellter eines Unternehmens, nicht eines freien Rechtsanwaltes. Er schafft beispielsweise bei der Deutschen Bahn. Komisch, daß die mir immer erzählen, sie seien unabhängig. Nun, die ständige Wiederholung eine Behauptung hat bekanntlich doch Einfluß auf ihren Wahrheitsgehalt …

    * Rechtsanwalt muß sich nicht versichern für die Schäden, die er seinem Mandanten anrichtet. Was meinen Sie, wie die Rechtswirklichkeit dann aussieht? Aufträge mit hohem Risiko werden an richtige Anwälte vergeben, was sich auf das Prämienvolumen auswirken wird.

    Sorry, auch diese Befürchtung verstehe ich nicht. Auch bislang werden bei vielen mir bekannten Fällen externe Rechtsanwälte einbezogen, wenn es „um die Wurst“ (Haftung) geht. Dann bekommt das Unternehmen eine Haftungsbegrenzungsvereinbarung vorgelegt und eine saftige Kostennote. Das ist der Preis – und wäre er auch ohne Syndici.

    * Mischkalkulationen für die richtigen Anwälte werden immer weniger möglich sein. Die Rechtsverfolgung für die Konzerne wird billiger, die Rechtsverfolgung für den „kleinen Mann“ noch teurer.

    „Richtige“ Anwälte – ich spüre förmlich, welchen geistes Kind hier spricht. Auch Syndici sind „richtige“ Rechtsanwälte,
    Eben nicht. Es wird richtige Anwälte geben, mit allen Rechten und Pflichten und die Syndikusanwälte mit erheblich eingeschränkten Rechten und Pflichten. „Wes Geistes Kind?“ Ich benenne Tatsachen. Das Gesetz sieht Anwälte zweiter Klasse vor. Das sind die Syndici.
    vielfach aus den Großbuden abgeworbene Prädikatler mit allerlei Kriegsbemalung.Es geht mir nicht darum, daß die juristische Ausbildung die selbe ist. Das ist unbestritten. Das ist unbestritten auch bei Richtern der Fall. Trotzdem würde ich mich dagegen wehren wenn Richter die Rechtsberatung und Vertretung übernähmen. Zum Punkt: Wieso wird die Rechtsverfolgung billiger?! Es besteht doch nach wie vor die Pflicht, bestimmte Verfahren von externen Anwälten bearbeiten zu lassen, die Vertretung des eigenen Arbeitgebers ist doch auch nach dem Entwurf recht eingeschränkt..Wie wollen Sie denn die vorgesehenen Einschränkungen verfassungsrechtlich rechtfertigen? Ich gehe jede Wette ein, daß in vielen Schubladen bereits die Verfassungsbeschwerden als Entwurf lagern. Und sie werden erfolgreich sein.

    * Ich denke nicht, daß unser international sowieso exotisches System der Verteilung der Rechtsverfolgungskosten bestehen bleiben kann. Wenn eine Partei sich durch ihren Syndikus vertreten läßt, welche Kosten macht sie dann im Kostenfeststetzungsverfahren geltend?

    Im Zweifel die nach RVG? M.E. auch kein valider Punkt..
    Haben Sie auch Argumente? Unser System, wonach die unterlegene Partei die Kosten zu tragen hat geht davon aus, daß die Kosten auch entstanden sind. Welche Kosten entstehen dem Unternehmen denn wenn es seinen Syndikus in den Ring schickt?

    * Das Fremdbesitzverbot wird zwingend fallen, es gibt keine Argumente mehr gegen Strukturen wie die britische ABS. Es wird bald große Rechtsanwaltsstrukturen geben, die im Besitz der Konzerne sind.

    Ähm, große Unternehmen beschäftigen auch heute schon konzernweit hunderte Anwälte.. Was hat das damit zu tun? Sicherlich werden die Versicherungen Anwaltsbüros gründen. Die Zustände in den Großbuden sind schon jetzt mehr als unerfreulich. Bisher konnten die dort tätigen Anwälte den ausländischen Partnern aber entgegenhalten, daß deren Wünsche berufsrechtlich nicht zulässig sind. Möchten Sie von einem Rechtsanwalt vertreten werden, der den Weisungen der XY-Rechtschutzversicherung unterliegt?

    * Der EUGH hat sich überdeutlich zu Syndikusanwälten ausgelassen. Nach derzeitiger Entwurfslage darf die Syndici ihren Arbeitgeber nicht in einem Vergewaltigungsverfahren verteidigen, wohl aber in einem Verfahren der Steuerhinterziehung. Sie glauben wirklich, das verkraftet unsere Rechtsordnung ohne erheblich Schäden?

    Ja, warum auch nicht? Irgendwie sehe ich hier viele Nebelkerzen..Nebelkerze: Syndici ist im Unternehmen zuständig für die steuerliche Gestaltung der Beziehungen zu den ausländischen Schwester- (Tochter)Unternehmen. Die Staatsanwaltschaft klagt wegen Steuerhinterziehung den zuständigen Vorstand an. Syndici verteidigt. Nebelkerze aus. Sie befürworten das? Das ist der Untergang.

    Lieber Kollege, Ihre Einwände mögen einen Kern haben (den ich nicht teile), Ihre Befürchtungen des Untergang des Standes der Rechtsanwälte sehe ich aber einfach nicht. Der Kuchen wird wahrscheinlich nicht mal anders verteilt, die Syndici stützen mit ihren fast regelmäßig über der Bemessungsgrenze liegenden Einzahlungen die Versorgungswerke und vergeben nach wie vor externe Mandate und sehen sich als Rechtsanwälte (und unterwerfen sich Standesrecht).
    Ein wenig frischer Wind kann dem Stand i.Ü. nicht schaden..
    Es gibt kein Standesrecht mehr. Ich gehöre keinem Stand an. Ich gehöre auch keinem Versorgungswerk an. Ich bin Rechtsanwalt. Angehöriger eines freien Berufes. Es ist nicht einzusehen, warum Angestellte eines Unternehmens nicht in die Rentenversicherung einzahlen wie alle anderen Angestellten auch. Rechtsanwälte unterwerfen sich nicht dem „Standes“recht. Soweit sind wir schon gekommen, daß sich Rechtsanwälte unterwerfen? Was ist das für eine Berufsauffassung. Jedenfalls nicht die eines freien Rechtsanwaltes. Ich stehe unter dem Gesetz. Wie alle anderen auch. Und es gibt spezielle Gesetze für Rechtsanwälte. Welchen frischen Wind meinen Sie denn? Gibt es noch irgendwelche wirklich relevanten berufsrechtlichen Vorschriften der BRAO oder BORA, die die Berufsausübung wesentlich einschränken? Das Privileg der auschließlichen Rechtsberatung durch Rechtsanwälte ist schon vor Jahren gefallen. Es gibt noch nichteinmal mehr den Ehrenschutz – solange nur noch irgendein Kern von Meinungsäußerung bei sorgfältigem Hin- und Herwiegen gefunden werden kann. In 20 Jahren wird es den freien Beruf des Rechtsanwaltes nicht mehr geben. Rechtsberatung und -Vertretung wird ein Gewerbe wie jedes andere auch sein. Das kann man mit guten Gründen gutheißen. Ich bezeichne es als fundamentalen Verlust.

    Kollegiale Grüße
    RA Daniel

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