Anklage gegen Olaf Tank zugelassen
„Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen.“
Die Verteidigung begrüßt die Zulassung der Anklage im „Abo-Fallen-Verfahren“ durch das Landgericht Darmstadt.
Das Landgericht hat die Anklage der Staatsanwaltschaft v. 28.04.2011 mit Beschluß v. 26.03.2012 zugelassen.
Die Verteidigung hat nun Gelegenheit, den in den Medien, insbesondere den Internetmedien, erhobenen Vorwürfen in öffentlicher Verhandlung entgegenzutreten und damit auch gehört zu werden.
Dieses Strafverfahren ist hochpolitisch, bundesweit abgestimmt und letztlich das Ergebnis tausender von Strafanzeigen, zu denen u.a. in Internetforen aufgerufen wurde.
Dieses Verfahren ist einmalig. Während in anderen Verfahren eine Manipulation der Webseiten Gegenstand der Verhandlungen ist, ist dies in diesem Verfahren nicht der Fall. Die Task-Force „ZIT“ der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die die Anklageschrift verfaßt hat, wirft den Angeklagten als zentralem Anklagepunkt vor, daß der nachfolgend beispielsweise wiedergegebene Kostenhinweis nicht bereits auf der ersten Ebene der Website, sondern erst auf der dritten Ebene erfolgte:
Beispielhaft für die in den Publikationen verschwiegenen Urteile sei aus der Entscheidung des AG Aschaffenburg – 126 C 2528/09 – vom 30.06.2010 zitert:
„Zum anderen ist auf der entsprechenden Internet-Seite der Beklagten klar und deutlich der Hinweis auf die Kostenpflicht angebracht. Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen.“
Da ist es nicht ohne Tragik, daß der Richter am Amtsgericht Marburg, Thomas Drengenberg, in der Entscheidung v. 08.02.2010 – 91 C 981/09, die u.a. in Internetforen als „Beleg“ für die Rechtswidrigkeit beworben wird, dieses anders „sah“: Er ist seit mehr als 25 Jahren „komplett blind“.
Die Öffentlichkeit wird sich auch darüber ein Bild machen können, daß bundesweit zahllose staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren von den zuständigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten mit der Begründung eingestellt wurden, daß ein strafbares Verhalten nicht zu erkennen ist.
Das angerufene Gericht wird auch über diese Staatsanwälte „zu Gericht sitzen“ und entscheiden müssen, ob den Angeklagten angesichts dieser Entscheidungen ein Vorwurf gemacht werden kann.
Die Staatsanwaltschaft wird erklären müssen, warum ihre Rechtsmeinung den Entscheidungen der für Wettbewerbssachen zuständigen Zivilkammern der Landgerichte überlegen sein soll, die die Gestaltung der Webseiten auf die diversen Anträge der Verbraucherschutzverbände hin überprüften.
„Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen.“ Oder jemand mit einem kleinen Bildschirm oder jemand, der die Website nur in einem kleinen Fenster geöffnet hat? In diesen Fällen verschwindet die rechte Bildseite nämlich, wenn für die Website per CSS feste Größen vorgegeben sind und die Website nicht so programmiert ist, dass sich der Inhalt der Bildschirmgröße anpasst. Wie es z.B. auch bei dieser Seite der Fall ist. Hier verschwindet auch der rechte Rand, wenn ich das Fenster verkleinere. Ich hoffe, ich habe nichts kostenpflichtig abonniert, wenn ich auf „Absenden“ drücke. ;-)
@gh:
Es wird Ihnen auf einer .png schwer fallen, den Button anzuklicken ;-)
Ihre technischen Ausführungen sind richtig aber ihre Auswirkung auf das Anmeldeverhalten wohl zu vernachlässigen.
Die Seite ist immer noch in Betrieb und seit geraumer Zeit befindet sich der Hinweis genau über dem Button. Die Nutzer wollen auf den Button klicken. Sie nehmen den Kostenhinweis wahr oder sie sind blind oder ignorieren den Bereich über dem Button.
Sehr geehrter Herr Kollege,
war Herr Tank nicht lediglich im Bereich Inkasso für die Betreiber tätig? Die sich dann stellenden Fragen dürften doch in seiner Person etwas anders gelagert sein, als gegen die eigentlichen Betreiber. Insofern irritiert mich Ihr Text, der nur auf der Betreiberseite ansetzt. Herr Tank muss sich wohl keine Gedanken machen, wenn schon die Betreiber keine Rechtsverstöße begangen haben.
Oder wirft man Herrn Tank mehr vor?
Mich würde auch interessieren, was genau man ihm eigentlich vorwirft?
Den Angeklagten wird gemeinschaftlicher Betrug in zwei besonders schweren Fällen vorgeworfen. Die Seitengestaltung einerseits, andererseits die Geltendmachung von RVG – Rechtsanwaltsvergütungen gegenüber den Schuldnern, die im Innenverhältnis nicht vereinbart waren.
Nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft dürfen Vergütungen des Rechtsanwaltes nur geltend gemacht werden, die im Innenverhältnis auch vereinbart sind. Die rechtliche Begründung dafür bleibt die GStA schuldig, insbesondere die Abgrenzung zu § 4 II RVG.
Wenn das Rechtsprechung wird, dürfte kein Anwalt mehr mit dem Aufforderungsschreiben die gesetzlichen Gebühren geltend machen – es sei denn, er hat sie bereits vereinnahmt. Auch die ständige Praxis einiger Kollegen, mit Versicherern Abrechnungsabkommen oder sog. Kooperationsabkommen zu schließen und dem Gegner gegenüber die RVG-Gebühren geltend zu machen, wird dann pönalisiert.
Überhaupt nicht reflektiert ist bisher von der GStA die Tatsache, daß der BGH -5 StR 433/00- in seiner Entscheidung vom 08.11.2010 ausgeführt hat, daß Behauptungen über Rechte nur dann eine Täuschung darstellen können, wenn sie zugleich konkludent Tatsachenbehauptungen enthalten.
Diese Anklage ist für die Anwaltschaft von höchster Relevanz.
Man ignoriert einfach jede entgegenstehende Meinung. Selbst wenn sie bisher unwidersprochen war. Beispiel Kleine-Cosack, NJW 2011, 2251:
Zur zivilrechtlichen Seite:
Kein Anspruch auf RA-Kostenerstattung nach RVG, wenn gegn. RA aufgrd. Vergütungsvereinbarung tätig wird und Höhe nicht darlegt
Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.11.2008, 5 U 245/07
„Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Zu ersetzen sind nach dem Wortsinn der Vorschrift allein die tatsächlich getätigten Aufwendungen (vgl. Ahrens/Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 11 Rn. 17; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 41 Rn. 91). Fiktive Kosten der Abmahnung sind nicht zu erstatten, da sie keine Aufwendung darstellen (vgl. Ahrens/Scharen a.a.O; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 ZPO Rn. 12 zu der vergleichbaren Problematik der Notwendigkeit von Kosten).
[…]
Der Senat folgt nach erneuter Beratung nicht der Auffassung der Klägerin, dass ein Anspruch auf Ersatz der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG auch dann besteht, wenn der Anwalt gegenüber seinem Mandanten nicht die gesetzlichen Gebühren abrechnet. Dieses mag gerechtfertigt oder sogar geboten sein, wenn tatsächlich für die Abmahnung gleichhohe oder höhere Kosten als die gesetzlichen Kosten nach dem RVG angefallen sind. Hier bestreitet aber die Beklagte, dass die Klägerin überhaupt Aufwendungen gehabt hat oder diese jedenfalls in einer geringeren Höhe als die mit der Klage geltend gemachten angefallen sind. In derartigen Fallgestaltungen bleibt es bei der allgemeinen prozessualen Regelung, dass der Kläger die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, hier also, dass der eingeklagte Geldbetrag die erforderlichen Aufwendungen im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG darstellt. Dieser Darlegungslast ist die Klägerin in keiner Weise nachgekommen, so dass der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt ist.“
http://www.webshoprecht.de/IRUrteile/Rspr755.php
Mit der strafrechtlichen Seite befassen sich folgende Beiträge des Kollegen RA Thomas Stadler:
http://www.internet-law.de/2009/11/filesharing-abmahnungen-digiprotect-und.html
http://www.internet-law.de/2009/12/die-abrechnungspraxis-der-filesharing-abmahnanwalte.html
http://www.internet-law.de/2009/12/vorerst-kein-strafverfahren-gegen-rechtsanwalt-kornmeier.html
zu 8.:
Der Senat läßt eine rechtlich nachvollziehbare Begründung seiner Ansicht vermissen. Da hätte man sich doch ‚mal die Zeit nehmen müssen sauber am Gesetz und der Rechtsprechung zur Darlegungs- und Beweislast zu arbeiten. In diesen Fällen hängt wohl alles an der Gestaltung der Vergütungsvereinbarung. Diese dürfte in den meisten Fällen so aussehen, daß der Auftraggeber die RVG-Vergütung schuldet und nachträglich, bei Uneinbringlichkeit ein Verzicht ausgesprochen wird. Das RVG sieht dies bei der gerichtlichen Geltendmachung ausdrücklich in § 4 RVG vor und statuiert doch dort geradezu die Verpflichtung die gesetzlichen Gebühren gerichtlich durchzusetzen, obwohl im Ergebnis der Anwalt mit dem Auftraggeber einen „Verzicht“ vereinbart hat.
zu 9.:
Bei den Beiträgen ist die Motivation in den Vordergrund getreten und darf nicht mit juristisch sauberer Subsumtion verwechselt werden. Der Strafrechtler reibt sich beispielsweise hier die Augen:
Wenn man dann dieser verblüffenden Stellungnahme zur Gebührenüberhebung, § 352 StGB nachgeht, liest man (27. Aufl.)
Ich denke, derartige Beiträge sind nicht zitierfähig.
„Der Strafrechtler reibt sich beispielsweise hier die Augen:“
Das mag durchaus sein.
Allerdings ist mir selbst zumindest ein Ermittlungsverfahren der StA KG bekannt, in der genau so verfahren worden ist.
„Diese dürfte in den meisten Fällen so aussehen, daß der Auftraggeber die RVG-Vergütung schuldet und nachträglich, bei Uneinbringlichkeit ein Verzicht ausgesprochen wird.“
Zumindest Inkassounternehmen nehmen nach meiner Erfahrung den Erstattungsanspruch per Abtretung an Erfüllungs statt an. Das ist aber eher der technische Aspekt ;)
Der vollständige Gebührenverzicht ist für Rechtsanwälte gerade wegen § $ 4 RVG nicht unproblematisch.
Wo ist da das Problem? RA Stadler hat gerade nicht § 352 bejaht, sondern § 263. Wieso sollte der nicht einschlägig sein?
Mit Verlaub: Wer sich der Tatsache verschließt, dass ein Großteil der sog. „Abo-Fallen“ eben nicht mit einem Kostenhinweis, wie er auf dem oben abgebildeten Screenshot zu sehen ist arbeiten, der scheint in der Vergangenheit auch konsequent an der Realität vorbei gelebt zu haben.
@ r.nuwieder:
Mit Verlaub: Tatsache ist das oben beschriebene Verfahren mit den dort angeklagten Vorwürfen, die die von Ihnen behaupteten Verfahrensweisen nicht umfassen.
Der Kollege hat schlicht ein Falschzitat zum Beleg seiner Meinung aufgestellt und dabei das Wort „kann“ unterschlagen. Warum § 263 StGB nicht einschlägig ist, können Sie oben nachlesen.
Wenn man blind ist, muss man die Gelder aus der Abofalle eigentllich nicht zahlen, oder verstehe ich den Hinweis mit blind sein oder ignorieren falsch?
Verehrte Kollegen,
ist ja wohl nur ein Abducken zu sagen, dass man froh ist, dass eine Klage zugelassen wurde. Nach den bereits ergangenen Urteilen in München, Frankfurt/M. und Hamburg können sich die Gebrüder Schm. und RA Tank mal warm anziehen. Aus dieser Nummer kommen sie nicht mehr raus. Werde bei der Verhandlung in Darmstadt in der ersten Reihe sitzen und das für die Angeklagten ergehende Urteil lächelnd und mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Hoffe, dass ich mich danach nicht mehr für so einen Angehörigen unserer Zunft schämen muß.
@ RA Wegener:
Einem Rechtsanwalt muß ich wohl nicht erzählen, daß als Folge der Gewaltenteilung nur die Gerichte unabhängig sind und die Staatsanwaltschaften an die Weisungen der Justizminister gebunden sind und vorliegend vom Weisungsrecht ausführlich Gebrauch gemacht wurde, vgl. die Anklage durch die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt?
Da ist es doch wohl nachvollziehbar, daß der Beschuldigte auch damit zufrieden sein kann, nunmehr nicht nur die beschränkten Verteidigungsmittel während des Ermittlungsverfahrens nutzen zu können, sondern ihm die Möglichkeit gegeben wird in öffentlicher Verhandlung seine Verteidigung zu Gehör zu bringen?
Die vorliegenden Verfahren sind nämlich alles andere als ein Musterbeispiel für die „Objektivste Behörde der Welt“. Was halten Sie denn von einer Staatsanwaltschaft, die im Ermittlungsverfahren eingebrachte Gutachten der führenden deutschen Berufsrechtler nicht mit einem Wort würdigt und die in den Gutachten als unbedenklich eingestuften Tätigkeiten anklagt? „Hören die denn nicht zu?“ fragt der Mandant und der Anwalt denkt an „Verletzung des rechtlichen Gehörs“, was bekanntermaßen nicht gegen die Staatsanwaltschaften reklamiert werden kann.
Wie kommt es, daß ich mich unwohl fühle, wenn ein Rechtsanwalt für sich in Anspruch nimmt, sich für einen Angehörigen der Zunft zu schämen, ankündigt, ein Urteil lächelnd und mit Genugtuung zur Kenntnis zu nehmen, und sich seine Meinung schon gebildet hat, bevor er in der ersten Reihe saß und wahrgenommen hat, was der Angeklagte in öffentlicher Verhandlung zu seiner Verteidigung vorzubringen hatte? Den Sachverhalt also nicht kennt?
Sie nehmen für sich als Rechtsanwalt zu recht in Anspruch, nicht unbefangen sein zu müssen! Schön, daß Sie das klargestellt haben.
Sie kennen die Urteile in München, Frankfurt/M und Hamburg? Chapeau! Beispielsweise von Frankfurt/M kenne ich nur den Tenor. Nach meinen Informationen hat der Berichterstatter an den Gründen ganz schön zu beißen. Schicken Sie mir mal die Urteile, damit ich mitreden kann.
Ein bißchen mehr Infos finden sie: hier
Anfangs wurde von blind geredet, ich sage jetzt mal, dass einige rosa Brillen aufhaben. Noch der Meinung zu sein, dass die Brüder und ihr Osnabrücker Anwalt jahrelang alles im Rahmen der Gesetze durchführten, halte ich gelinde gesagt für eine Frechheit. Wenn es nur darum geht, jemanden vor Gericht rauszuhauen, ok.
Aber wo ist da die Berufsehre?
Ich werde meine zu nehmen wissen und einigen Geschädigten ihr Recht auf Recht vor Gericht zu verdeutlichen wissen.
Und soweit ich weiß, kann man während des Ermittlungsverfahrens sehr wohl klärend zum Sachverhalt beitragen, wenn man denn will.
Ich werde gern ein wenig Zeit und Geld investieren, um mir mal den Prozess gegen diese „sauberen“ Herrschaften anzusehen.
Die Beweislast wird m.E. erdrückend sein gegen die Brüder Schm. und Herrn Tank!
Zehntausende von Verbrauchern werden es nicht hinnehmen wollen, was die Herren abgezogen haben – Da bin ich mir absolut sicher.
Wer die Beweise vortragen muß, den trifft die „Beweislast“. Diese Last wird die Staatsanwaltschaft wahrlich erdrücken.